Das Licht geht aus, und es wird still, es öffnet sich der Vorhang sachte. Ein Geist erscheint, ein kleiner dicker, das Publikum, das lachte. Der Mann im dritten Rang rutscht unruhig hin und her. Der Abstand ist zum Vordersitz zu eng, da wird es schwer.
Vom Studium kehrt Hamlet unbeschwert zurück nach Haus. Des Vaters Geist enthüllt, dass Bruder Claudius ihn ermordet hätt’, oh Graus! Der Unhold wollt’ Gertruden gar zu Frau, und seinen Thron! Wegen der Enge schmerzt das Knie jetzt teuflisch schon.
Nun also fordert Papas Geist den Sohn auf, diesen Mord zu rächen. Doch Hamlet selbst verbirgt sich hinter seinen Schwächen. Konfliktbeladen zögert er, die Rache zu vollziehen. Der Mann im Publikum kämpft zusehends mit Schmerzen in den Knien.
Irrtümlich tötet Hamlet Ophelias Vater, den Polonius. Ophelia wird irr, nimmt sich das Leben und macht Schluss. Der Onkel Claudius verbirgt gekonnt stets seine Schuld. Der Mann im Publikum verliert schon die Geduld.
Jetzt woll’n sie Hamlet gar nach England schicken, doch dieser Plan, ihn dort zu töten, soll nicht glücken. Stattdessen trinkt Mama Gertrude gift’gen Wein. Am miesen Sitzplatz schläft das Bein des armen Mannes schließlich ein.
Zu allem Übel müssen Hamlet und Laertes auch noch fechten, doch Claudius reicht Giftschwerter anstatt der echten. Die beiden Kontrahenden sterben an den Folgen dieser Klingen. Der Typ im dritten Rang muss sich zum Zuhör’n zwingen.
Doch ehe Hamlet stirbt, macht er noch rasch den Claudius kalt und bittet seinen Freund, der einzige der überlebt, Horatio halt, erzähl doch, weil’s sonst keiner glaubt, du unsere Geschichte. Das macht die Illusion von Schmerzfreiheit im Rang zunichte.
Der König Fortinbras fasst die Gelegenheit beim Schopf und er ergreift die Macht. Die Hauptfiguren kostet es den Kopf. Das Reich, das fällt ihm zu, ganz leicht und ohne Kampf. Der Mann im Publikum, der kriegt im Wadl einen Krampf.
Wo sind denn bloß, eh ich beginn, alle meine Freunde hin? Mit denen ich gescherzt, gelacht, ins Leben eingetaucht? Jetzt merke ich, ja, immer öfter, dass ich alleine bin, da frag ich mich, hab ich sie wirklich alle schon verbraucht?
Gute Freunde braucht ein jeder, ein guter Freund ist für dich da. So einer, dem ich fast alles sagen und auf den ich mich verlassen kann. Einer, den du fast immer fragen kannst, verlässt dich das Geschick. Sag ja, ich brauch dich jetzt, was soll ich tun? Was fang ich ohne dich bloß an?
Aber, wer weiß schon, ob ein guter Freund immer das Beste für dich will? Doch immerhin, der meckert nicht an dir herum und nimmt dich, wie du bist. Und wenn du etwas von ihm brauchst, gibt er dir das Gefühl, dass er es mit dir ehrlich meint und ihm weg’n dir nichts wirklich lästig ist.
Ein guter Freund, der hört dir zu und gibt dir einen Rat, wenn er es kann. Vielleicht verzeiht er dir, wenn einmal etwas nicht in Ordnung war. Und wenn man später drüber spricht, war’s nicht korrekt, was da begann, dann lacht er drüber und er sagt, mach dir nichts draus, ist alles wieder klar.
So manche Freundschaft braucht’s , das Sich-oft-auf-die-Probe-Stellen, denn schließlich darf ein jeder eine and’re Meinung haben. Wenn sie das aushält, ist es auch hart in manchen Fällen, und sie besteht, dann halt sie fest, dann gibt es keinen Grund mehr, zu verzagen.
Hält eine Freundschaft dir, genauso stark wie diese, musst du sie pflegen, so gut es eben geht. Ohne dein Zutun wächst beinahe nichts nur so von ganz allein. Denn sie gedeiht und blüht von eurer Ehrlichkeit und nicht zuletzt eurer Loyalität. Begleitet sie dich, durch gute und durch schwere Zeiten, halte sie fest, dann ist sie dein.
Copyright: Norbert Johannes Prenner
Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)
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Ich weiß nicht, was das soll? Ich habe kein Idol! Niemand, den ich so dann und wann bewundern und nachahmen kann.
Jemanden, der mich inspiriert! Der mich als Vorbild motiviert! Verdammt, eine Persönlichkeit, die mir durch ihre Fähigkeit die Lösungen vermittelt und so an meinem Ego rüttelt.
Würd sie bewundern und verehren, blind würd ich ihr vertrauen. Ihr Tun und Lassen heiß begehren, und ehrfurchtsvoll zu ihr aufschauen.
Ein Idol, das mich richtig anspornt. Das, was ich sage, nicht verballhornt. Dem ich, ganz in diesem Sinn, mit Hingabe als Fan dann dien!
Und hab ich nicht als junger Spund Popstars gern verehrt, na und? Wie sie sich gaben, imitiert, daran hab ich mich orientiert.
Auf der Suche, wer ich bin, das machte mir damals wohl Sinn. Habe versucht, mich zu verhalten oftmals so wie Filmgestalten.
Jagger war’s und Peter Fonda, auf der Harley, nicht auf Honda. Eastwood gar und Dennis Hopper, mit der rot-gelb-farb’nen Chopper.
Später, als ich älter war, Martin Sheen, als Captain gar. Wirres, der Apokalypse vagen Selbstbewusstseins Stütze. Doch niemals wollt’ ich Hitler sein, Stalin, oder sonst ein Schwein!
Aber jetzt, als alter Mann, fang ich damit nichts mehr an. Niemand kann und will ich sein als nur mehr ich, das ganz allein.
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Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)
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Kann doch nicht so schwer sein, rechts zu gehen? Weicht man nicht von selber aus, ist es besser, man bleibt stehen. Leute, so ist’s heute üblich, bloß nicht Rücksicht nehmen, gilt! Alles ist vergessen worden, was man einst für richtig hielt.
Auf dem Gehsteig tummeln sich Radler, Scooter, Kinderwagen. Geht dazwischen wer zu Fuß, ist er Freiwild, muss man sagen. Touristen geh’n in Viererreihen, denken nicht dran, auszuweichen. Hier sind wir, und habt bloß Acht, wollt ihr vorbei, dann gebt ein Zeichen!
Musst du auf die Straße treten, weil der Gehsteig ist besetzt, kommen flugs von allen Seiten Biker her, man ist entsetzt! Hallo, bleibt auf eurer Seite, schreist du hilflos, aber barsch, keiner schert sich wirklich um dich, fahr’n dir beinah über’n Arsch.
Einbahnstraßen, liebe Leute, wie ihr seht, die gibt’s nicht mehr. Fahrzeuge aus jeder Richtung fall’n gnadenlos über dich her. Jeder darf, scheiß auf die Route, Hauptsach’ ist, es geht sich aus, alle, die da rüber müssen, jetzt und gleich, es ist ein Graus!
Schick ist, Ampel ignorieren, wurscht ob gelb oder schon rot. Am Radl kann mir nichts passieren, denn ich bin schneller, oder tot. Echt, da greift man sich aufs Hirn, das Verkehrskonzept scheint grün. Wer fragt schon, sinnvoll oder nicht, durchgesetzt, Hauptsache „in“.
Vorsicht auf dem Weg der Räder, nämlich, was Sie wissen müssten, pfeilschnell schneiden fliegend’ Mütter Kurven kühn mit ihren Kisten. Stromgetrieben, heikle Ware, drei, vier Kids, im besten Fall, überhol’n dich blitzeschnelle und hab’n Vorfahrt überall. Aus dem Inner’n des Behälters frohlockt die verwöhnte Brut. Man schert sich wenig um die andern, Hauptsach’ ist, uns geht es gut!
In den Öffis steht auch keiner wegen ein paar Alten auf. Junge starren in ihr Handy, stundenlang und blöde drauf. Glücklich die, die gar nicht merken, mag die Welt zugrunde geh’n! Wichtig ist, mein Platz ist sicher, und die and’ren dürfen steh’n.
Kann das sein, was ich da wahrnehm’, ist das immer so gewesen? Träum ich, wach ich, oder spinn ich oder werd ich einfach alt? Hab’n die Zeiten sich gewandelt, steh ich kurz schon vorm Verwesen? Besser scheint ein guter Rat, der wäre, dran gewöhn dich halt!
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Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)
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Es heißt, die in den Bloodlands sterben, sie Gott gerufen hätt’. Und mit Barmherzigkeit würde der werben, um den, der sich dem Tod hingeb’n tät’.
Die Friedhöf’ wachsen schnell, so wie die Bäume. Die Freiwilligen geh’n scheint’s nicht aus Verkrüppelt oder tot, und ohne Träume, es kommen alle nach der Schlacht nach Haus.
Den Söldnern ist das Leben wenig wert. Der Tod, sagt man, der soll dort gar nichts gelten. Der, der sein Leben hingibt, wird geehrt. Am Ende sterben alle, eben wie die Helden.
Denn wer sich opfert, der reinigt sich von Sünden, lügen die Priester, in scheinheil’ger Moral! Für Freund und Vaterland zu sterben, finden dieselben, wär Pflicht, und allemal normal.
Der nichts besitzt, wie leicht geht der! Daheim schimmeln die Wände. Der Ofen kalt, der Kühlschrank leer, der Weg zur Front, das ist das Ende.
Am Bahnhof eine letzte Zigarette. Die Antwort auf warum, ist schroff. Auch wenn man was zu sagen hätte, besser man schweigt, sonst gibt es Zoff.
Hier bleiben, das heißt nichts verdienen, doch dafür trinkt man umso mehr. Denn unterzeichnen bringt Zechinen, und sein Säckel bleibt nicht leer.
Man kriegt fürs Morden jeden Monat Lohn. Und hast du Schulden, oder du bist kriminell, dann gibt’s ’ne Prämie. Dem Tod zum Hohn. Sie zwingen dich zu gehen, und das ganz schnell.
Es tröstet die Mama den Jungen, für diese Tat stirbst du als Mann. Zur Witwe eines Helden wird deine Gattin dann.
Und die Daheimgebliebenen sind stolz auf die, die für sie anstelle sterben. Und jeder sagt, ach Gott, ich wollt’s, bloß keine Zeit, mich zu bewerben.
Wir haben keine Angst vorm Tod, der Tod ist unausweichlich. Noch ehe ihnen Elend droht, nicht nur durch Schnaps, den gibt es reichlich.
Und, danke schön für eure Söhne, der Kriegsherr winkt und zynisch lächelt. Kein Wort von Schmerz, höchstens Gestöhne. Man schweigt aus Tradition. Ein andrer röchelt.
Nur in der Hauptstadt wird das Sterben leicht verdrängt. Der Propagandist, der feiert, wie der Profiteur. Sie alle trinken auf das Leben, Krimsekt, und es genießt der Connaisseur.
Hier tut der Tod nicht weh, wie an der Front. In der Provinz endet das Leben oft mit dreißig. Am Schlachtfeld klappt es meistens prompt. Wertlos, verheizt, so endet es vorzeitig.
Man liegt im Sarg, so aufgebahrt, vor Langeweile, zur Probe, quasi nur für kurze Zeit. Und eine Grabsteinkollektion von einer Meile, die inspiziert man gern, entspannt, im Cocktailkleid.
Doch hier, da macht man Selfies, in mit Velours geschmückten Särgen, Chopin liefert den Trauermarsch dazu. Tam, tam ta tam, ta ti, ta ta, ta ta, ta tamm! Davor der Muskelprotz posiert, derweil die andren sterben, mit Teufelshorn und Engelsflügel, als gäb es kein Tabu.
Habe nun, ach! Leidender! Du musst es leidender sagen! Habe nun aaach! Noch mehr Ausdruck! Dein Gesicht! Lass die Augen hervortreten! So! Ja! Schmerzvoller Mund! Gut! Okay, so ungefähr. Also: Habe nun aaach! Deutsche Philologie, Musik und auch Geschichte leider studiert, mit Weh und Ach. Da sitz ich nun, ich armer Greis, der leider nicht mehr weiterweiß. Nenn mich Magister, Doktor gar, bin mehr als einundsiebzig Jahr und quäl mich jahrelang vergebens mit der Suche nach dem Sinn des Lebens. Tag aus, Tag ein bemüh ich mich, Migranten Deutsch zu lehren, obwohl sich manche Teilnehmer wohl die Bohne darum scheren. Ich sehe ein, man kann nicht alles wissen, und sich in allerlei verrennen, wenn Träume in den Himmel schießen. Ich will mir nicht den Mund verbrennen. Das Mindeste soll jeder können müssen. Ich bin nicht klüger als die and’ren, versuch, im Sattel mich zu halten, so gut es geht. Ich fürchte Krankheit, Krieg und Dummheit, darüber ist mir alle Freud vergangen. Bilde mir ein, ich wüsst’ drum heut, wie’s gehen könnt, für mich allein, ganz unbefangen. Es liegt mir fern, wen zu belehren, ich will auch niemanden bekehren. Noch eines sag ich, jetzt und hier, bei mir war Geld nie in Quartier. Wohl keiner möcht wie ich so leben, drum hab ich mich dem Wort ergeben, ob es mir nicht durch seine Kraft so manche Linderung verschafft, auf meiner Suche nach dem Sinn, wie auch dessen, wer ich bin. Durch die Gewalt gezielter Worte, in den reinen Reim gepresst, erhoff ich mir der Wahrheit Pforte. Als Zugang, mehr, als dass mich Prosa fühlen lässt. Auf diese Weise seh ich klar, was auf dieser Welt scheint’s wahr. Ich merke, manchmal deprimiert, es punktgenau und komprimiert. Verzichte auf in Prosa schweifen, mit vielen Worten nach den Sternen greifen. Ach, leuchte, teurer Sonnenschein, in meine dunkle Seel’ hinein, und dieses auch in finst’rer Nacht, die ich am Laptop zugebracht! Über den Texten endlos brütend, wahrheitssuchend, müd und wütend. Das viele Sitzen nährt die Gicht, viel Lesen trübt das Augenlicht. Der Geist gerät leicht in Bedrängnis im körpereigenen Gefängnis. Kein Lichtstrahl dringt durch diese Wohnung, ich schreibe weiter, ohne Schonung. Der Bücher Staub verrät mir nur die Zeit meiner Registratur. Warum, horch tief in mich hinein, kann ich nicht so wie and’re sein? Die Bier trinken und Fußball schau’n, und blöde Witze machen über Frau’n? Wie lang schon sitz ich hier herin’, und suche nach des Lebens Sinn? Drum end ich hier und höre auf, und pfeife auf der Sterne Lauf. Jag nicht mehr nach dem Sinn vom Leben, es muss auch noch was and’res geben.
Copyright: Norbert Johannes Prenner
Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)
www.verdichtet.at | Kategorie: think it over | Inventarnummer: 25199