Kategorie-Archiv: Bernd Watzka

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Ionescos Nashörner

Die Nashörner aus Ionescos Stück
spielen aus gutem Grund verrückt.
„Wie werden wir denn dargestellt?
Als Herdentiere komplett entstellt!

Dabei sind wir Einzelgänger
und waren nie Befehlsempfänger!
Wir meiden auch das Randalieren,
gehen lieber abends kurz spazieren.

Als Knechtschaft-Symbol für Diktatur
verwend eine andere Kreatur!
Am besten eignet sich dafür
der Mensch, das dümmste Massentier.

Also verehrter Herr Ionesco,
Ihr Nashorn-Drama ist für das Klo.
Meine Warnung an alle Dichter:
Missbraucht kein Nashorn,
Arschgesichter!“

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 25031

Das Angora-Kaninchen

Ich leb auf einer Kaninchen-Farm
in Blut und Tränen – Gott erbarm.
Im Drahtkäfig vegetier ich dahin,
kein Sonnenstrahl kommt zu mir hin.

Viermal im Jahr, das sollt ihr wissen,
wird mir das Fell hier ausgerissen.
Dann frier ich, furchtbar entstellt –
mein Pelz geht derweil um die Welt.

Der Geldmacherei gilt euer Streben,
nur dafür haltet ihr mich am Leben.
Mein Schicksal lässt euch völlig kalt,
solang mein Fell wärmt Jung und Alt.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24196

Die schrecklichen Drachen

Wir sind die schrecklichen Drachen –
hör ich hier jemanden lachen?
Was ist so furchtbar lustig dran,
wenn wir Feuer spei’n dann und wann?

Wenn man flattert mit breiten Schwingen,
um in einsame Hütten einzudringen
und dann mit der Drachenzähne Macht
Menschen um einen Kopf kürzer macht.

Sagt mir, warum amüsiert ihr euch
über jeden Drachen, der kreucht und fleucht?
Wie bitte? Weil’s uns nicht gibt „in echt“ –
wir hätten kein Land, kein Aufenthaltsrecht?

Irrtum, wir bevölkern ein Gebiet,
das außerhalb eures Verstandes liegt.
Unser Reich ist riesig, es endet nie;
unser Reich ist die Fantasie.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24195

Das Saola

Ich bin das seltenste Tier der Welt,
für mich bekämt ihr sehr viel Geld.
Mein Stamm, das sind die Rinder –
nur bin ich beim Laufen g’schwinder.

Ich leb im Dschungel, der ist dicht;
Bäume verstellen euch die Sicht.
Sonst weiß man nichts über mich
doch das ist nicht bedauerlich.

Vergesst mich bitte ganz, ganz schnell –
es wär für mein Überleben essenziell.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24194

Klagelied der Knoblauchkröte

Elefant, Tiger, Eisbär, Giraffe,
Panda, Delfin und Gorilla-Affe:
Sie alle sind heut in höchster Not –
will heißen: vom Aussterben bedroht.

Doch auch ich bin durchaus in Gefahr
die Knoblauchkröte ist schon sehr rar.
Meine Lebensräume verschwinden
wo soll ich noch Laichplätze finden?

Ich erwähne das nur nebenbei –
mein Los geht euch am Arsch vorbei.
Ihr kennt ja nicht mal meinen Namen;
ich sag baba, pfiat euch – und Amen.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24193

Berliner Löwin vs. Berliner Bär

 gewidmet jenem im Juli 2023 in Berlin gesichteten, unbekannten Tier

Zornig fragt mich der Berliner Bär:
„Löwe, wo kommst du denn her?
Hier ist nur Platz für einen Star –
also bitte mach dich rar.“

„Gevatter Bär“, erwidre ich
„demokratisch ist das nich’.
Außerdem sorg ich für Quoten
von Mumbai bis zu den Lofoten.

Die ganze Welt spricht über mich
ich weiß, das kränkt dich fürchterlich.
Deshalb erzählst du ganz gemein,
ich sei nur ein wildes Schwein.

Doch bevor du wirst verrückt,
kehr ich zu deiner Frage zurück.
Woher ich komm in ganzer Pracht?
Ich wurde einfach – ausgedacht.“

Bernd Watzka
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Novemberwind

Ein blauer Wind, der rüttelt
am Fenster hier im Raum.
Es ist, als ob er schüttelt
mich aus dem dunklen Traum.

Zurück das Bett ich lasse,
werf mir den Mantel um.
Steh zitternd auf der Gasse
und blicke stumm herum.

Warum an diesem Ort,
allein in kalter Nacht?
Weiß es nicht, doch muss ich fort;
hier werd ich umgebracht.

Ich bitt dich, blauer Wind,
antworte – dann find ich Ruh!
Da dreht er sich geschwind
einer andren Richtung zu.

Bernd Watzka
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Der ewige Zug. (Sonett)

Auf butterweichen Schienen in der hellen Nacht,
da steht ein leerbesetzter Zug in voller Fahrt;
es murmelt in dem glattrasierten Schaffnerbart,
das stört des weißen Amselvogels Morgenwacht.

Dann bremst der Zug, dass das Geleise leise kracht.
Ein stummer Schrei ertönt von Hans und Hildegard,
die sich getrennt im Triebwagen haben gepaart;
derweil am Himmel strahlt der Sonne finst’re Pracht.

Indes der Zug fährt jäh vorbei am Tunnel – Schluss!
Er zerschellt am Felsen, zerspringt wie eine Nuss.
Die Lok dann trank vor Schreck ein Schlückchen Baldrian.

So fährt und fährt der Zug, was er im Reim wohl muss;
Doch hört, das Schlimmste, das passiert erst ganz am Schluss:
Der Zug erreicht sein Ziel – und kommt am Anfang an.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: schräg & abgedreht | Inventarnummer: 24158