Kategorie-Archiv: Benno Bauer

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Zu dritt

Abends, wenn ich nach der Dusche in meinen Pyjama schlüpfe, dann trifft mich überraschend oft ein begehrlicher Blick aus vertrauten Augen. Nach all den vielen Jahren immer noch. Und ich freue mich und genieße unsere kleinen Rituale. Und vor allem, dass es wirklich wieder Freude macht. Es gibt da nämlich jemanden, der von außen Einfluss nimmt, nicht ausdrücklich zwar, aber dennoch unmissverständlich. Du bist das und du weißt es auch. Du bist dabei. In meinen Gedanken.

Er ist mein Mann, seit langer Zeit, und ich habe nie etwas bereut diesbezüglich. Er passt zu mir in vielen Facetten des Lebens. Er hat die Erwartungen erfüllt, keinen Raum gelassen für Bedürfnisse nach einem anderen. Bis vor kurzem war er mein Ein und Alles.
Dann warst du plötzlich da. So unvermutet, so umwerfend deutlich und doch zögerlich zugleich. Du warst angenehm unbeholfen. Ein wenig durcheinander, so wie ich. Das alles ganz und gar unpassend, ja geradezu unmöglich! Und obwohl du dich rasch wieder zurückgenommen hast, noch vor allem Konkreten, warst du längst in mein Herz eingezogen. Wo du ganz bestimmt niemals hinwolltest. Wie selbstverständlich du deinen Platz dort eingenommen hast. Ob ich das so gewollt habe? Kein Gedanke! Und doch bist du dort.

Später auf dem Sofa vor dem Kamin drückt er sich an mich. Seine warme Hand bahnt sich ihren Weg und prüft sanft, ob ich bereit bin. Und nimmt voll Staunen zur Kenntnis, dass da sehr viel mehr ist als nur Bereitschaft. Ich habe solche Lust auf dich. Auf ihn. Ich spüre seinen Atem in meinem Nacken und höre sein leises Stöhnen als er in mich eindringt.
Wie klingst du? Wie riechst du? Wie fühlt es sich an, wenn du in mich vorstößt? Wie bewegst du dich in mir, schneller, kräftiger, jünger als er? Absurd! Als wären es bloß technische Varianten des ewig Gleichen.

Du und ich können in keiner Weise mit diesem neuen Zustand umgehen. Ohnehin nicht mit dem Verbotenen, das lassen wir bleiben, aber auch nicht im Mindesten mit uns. Nicht mit dem Gefühlsaufkommen. Wir können nichts tun, außer uns beharrlich aus dem Weg zu gehen. Das ist möglich, auf den Zufall ist immerhin in seiner Nachlässigkeit Verlass. Aber wie unzureichend, wie furchtsam und kläglich enttäuschend verhalten wir uns! Ein einziges Misslingen und Scheitern. Wir treffen nicht den richtigen Ton, ich bin zu direkt und dir bleibt jedes Wort im Hals stecken; du findest keines, nicht ein einziges. Geht es dir wie mir? An Plaudern ist nicht zu denken, Beliebiges will mir nicht in den Sinn.
Du siehst die Versuchung, ich das Versäumnis. Also lassen wir es sein. Wir lassen es bleiben. Wie es ist. Wir lassen uns bleiben. Wo wir sind. Und mit wem wir sind.

Ich bin über ihm und schiebe ihm sanft mein Becken entgegen, wieder und wieder, mit den Malen dringlicher. Meine Augen halte ich geschlossen, nun bist du wieder da und hast den oberen schwarzen Spitzenbesatz von meinem BH ein wenig heruntergezogen, meine Brustwarzen liegen frei und du streichelst fahrig darüber, mit angefeuchteten Fingern.

Du bist es nicht, doch wärst du es, würden wir uns dabei ansehen, so lange, bis wir die Intensität der Eindeutigkeit nicht mehr aushielten. Du würdest bald meine Bewegungen stoppen und mich zu dir herunter ziehen. Wir drehen uns auf die Seite, klammern uns aneinander und lassen unsere Körper ein wenig rasten. Wir küssen uns. Und rücken kurz voneinander ab, nur um erneut unsere Blicke zu suchen, ein drängendes Sich-einander-Vergewissern. Bevor unsere Lippen sich wieder ihre maßlosen Freiheiten herausnehmen und eilige Ansprüche geltend machen.

Mir bleibt, von dir zu träumen. Das ist auch gut, schöner vielleicht, wer weiß? Die Realität zeigt sich ja bekanntlich immer von ihrer einzigen Seite. Hätte ich die Wahl, dann wärst du mir in echt bestimmt am liebsten, die Phantasie ist zwar üppig, aber auf Dauer trostlos in ihrer unerwiderten Absehbarkeit.

Er flüstert mir etwas zu und ohne ihn gänzlich aus mir heraus gleiten zu lassen, nehme ich wieder meine vorherige Position ein. Ich solle mich nicht bewegen, sagt er. Ich schließe die Augen und bin wieder bei dir, über dir, auf dir, mit weit gespreizten Beinen, rittlings. Den BH hast du mir ausgezogen und meine Brüste liegen locker in deinen Händen, die du mir entgegenstreckst. Du bist es, besser geht's doch nicht! Was will ich mehr? Was, bitte, will ich mehr?!

Du hast dir ein Kissen unter den Kopf geschoben, und deine begehrlichen Augen lassen sich nicht entgehen, was deine Hände mit mir machen. Eine Brust gibst du jetzt frei und greifst mit deiner rechten Hand zwischen meine Beine. In dieser Position liegt alles offen und voller Erwartung. Du massierst mich mit deinem Daumen, du weißt, dass es nicht zu nass sein darf, damit die Reibung nicht zu kurz kommt, aber trotzdem feucht genug. Und alles geht dann schnell bei mir. Bei dir. Bei ihm.
Meine Augen, die lasse ich zu, dann bleibst du da und noch eine Weile in mir.
Es war so gut mit dir. Du kommst doch wieder?

Benno Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 14008

Der Stellvertreter

Ich bin da. Ihr Körper drängt sich mir mit unbekannter Lust entgegen, mit neuer wütender Begierde. Und ich nehme sie, obwohl sie nicht mich meint. Sie nimmt, was da ist. Ich bin da.
Ja, ich hätte reagieren können, doch es kam so überraschend. Ich sah, wie sich ihre Blicke trafen, wie den beiden ohne Vorwarnung die Konventionen aus den Gesichtern fielen. Kräftig schütteln hätte ich sie sollen. Er ist viel jünger als ich und hat sie in Besitz genommen, schnell und unhaltbar. Und ich musste zusehen, wie sie nach Luft schnappte, der Hals wurde ihr eng, die Lippen schwollen ein wenig an und öffneten sich leicht. Ihr Magen hob sich, Implosionen im Bauch und zwischen den Beinen. Sie war so überrascht, dass sie gar nicht erst versuchte, ihre Emotionen zu verbergen.
Und sie weiß nicht, dass ich es weiß.

Sprachlosigkeit zu Hause. Flatternde Unkonzentriertheit. Die Gefühle verweisen ihren Kopf in seine Grenzen und manifestieren sich in ungestümer Körperlichkeit. Ständige nasse Bereitschaft. Obwohl ich nicht gemeint bin, bin ich da. Im Stand-by-Modus. Es fühlt sich nicht falsch an, aber auch nicht mehr richtig!

Wir umarmen uns und ich will mit meiner Zunge die ihre finden. Das ist für sie auf einmal zu intim. Sie lässt es nicht zu, weicht aus auf meinen Hals. Zunge an Zunge ist man nur mit einem Menschen. Mit dem einen Menschen. Ich gebe nicht klein bei!
Sie hält die Augen geschlossen, hat eigene Bilder, die sie durch mich nicht irritiert wissen will.
Wenn sie dann zwischen meine Beine und mit Hingabe und ihrem weichen Mund über mich kommt, dann ist die Gewissheit beinahe unerträglich, dass es dieser junge Kerl ist, der sie so erregt.

NICHT – UND – NICHT – SATT – ZU – KRIE – GEN.
Ich vögle sie mit Kampfgeist!
ZUM – STELL – VER – TRE – TER – DE – GRA – DIERT.
Bis zur Erlösung, die keine sein kann. Nach den postkoitalen verbalen Standards dreht sie sich weg und weint leise ihre verdammten Sehnsuchtstränen. Und ich – unbemerkt – die meinen, über diesen jämmerlichen Verlust der bequemen Ausschließlichkeit.

Ich bin da, und es fühlt sich nicht falsch an. Aber auch nicht mehr richtig.

Benno Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13009