Archiv der Kategorie: Bernd Remsing

Vom Stadtgrün

Palmström kam zu etwas Geld
Und wollt damit erwirken
Dass seine Straße Grün erhält
Er entschied sich bald für Birken

Er investiert’ in 18 Bäume
Die er eigenhändig setzte
Realisierte seine Träume
Auch wenn er das Gesetz verletzte

Schon sah Palmström sich lustwandeln
Im selbstgeschaff’nen Birkenhain
Er wird noch mit der Stadt verhandeln
Doch diese wird verständig sein

Ja, sie wird ihn sogar preisen
Schon die Luftverbesserung
Wird sich als segensreich erweisen
Welch ein Sieg der Aufklärung!

Ach, Palmström, wann wirst du begreifen
Wie immer bist du weit voraus
Wie immer muss die Zeit noch reifen
Deine Birken riss man aus

„Eigenmächtig Pflanzerey“
So war‘s auf einem Schild zu lesen
„Verbietet sich die Magistrey:
Nur sie darf diese Stadt verwesen!“

Palmström wurd‘ fuchsteufelswild
Und beschlug mit starker Hand
Dies Schild mit einem eig‘nen Schild
Worauf wie folgt zu lesen stand:

„Oh, selbstverliebte Magistrey
Befreie dich vom Größenwahn
Und begreif, die Stadt ist frey
Und dir beileib’ nicht untertan!

Verwesen willst’ die Stadt allein?
Du weißt nicht, was verwesen heißt
Du mordest meinen Birkenhain
Was deine Unberufenheit beweist

Denn zum Verwesen braucht’s erst Leben
Und Leben speist aus Moder sich
Aus abgelebten Leben eben
Und dieses ruf zur Rache ich

D’rauf besorgt er Dschungelsamen
Karnivoren, Dornenhecken
Hauswandmoose und Lianen
Und schlich damit von Eck zu Ecken

Ein jedes davon fand bald Halt
Und nach heißen Sommerwochen
Ward die Straß’ zum Urwald bald
Durch den entsprechend Tiere krochen

Vögel, selt‘ne, groß und klein
beherrschten bald das Baumgezweig
Dam- und Rotwild, Fuchs und Schwein
Durchstreiften scheu das Unterzeug

Und während Auerhähne balzten
Baumgiganten krachend fielen
Sauen Autos niederwalzten
Eul‘ und Eulin sich gefielen

Fraß die Wucherung sich weiter
Erfasste andre Straßenzüge
Wurde lang und breit und breiter
beherrscht’ schließlich das Stadtgefüge

Der Mensch behalf sich mit Macheten
Seine Wege durchzubahnen
Trampelpfade sich zu treten
Baute sich Lianenbahnen

Palmström erhielt ein formlos Blatt
Per Affenpost traf dieses ein:
„Wir haben‘s satt, der Sieg ist dein
Es verflucht dich auf immer: der Magistrat!“

Palmström damals noch unerfahren
Im Feuermachen und Glutbewahren
Entbrannte den unsanften Gruß
Als willkommenen Fidibus

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

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www.verdichtet.at | Kategorie: fantastiques und unerHÖRT! | Inventarnummer: 16050

Perechil

Gedicht zur Zeitenwende des 27. Jahrhunderts
(Adidas Grillfuß von Transdanubien zugeschrieben)

Antiborie konokul
Dokaa liku benefit
Dorobian an Klimakat
A, perechil – anlaga sahara

Nichtland der Konokulen
Wozu du gut bist wurdest du gebaut
Damals im 21. Jahrhundert
Oh, Perichil – Afrikas Verlust

Otanu kje tjeilitje brittan:
Kere eitja Mastakart
constructei ti tjiltawa
Tjilta kon bi waratun

Nicht so die heimatlosen Briten
In ihrer großen Not
Errichten sie auf dir Zeltstädte
Zelte ohne Glück und Dauer

Elsei inte Demokrat:
Axen ein tan eredit?
Janit terror, janit warp
Otan ut te geklite

Darauf antwortet Europa
Was hätt ich ohne Grund getan?
Keine Bedrohung, keine Waffen
Jetzt ist beides mir gegeben.

Koniktik geboititet
Ke perechil kei wrapatat
Frogon kono sei su tei
Keu peu dito sigal

Behauptung schafft Bedingung
Nicht unterscheidet der Eingebundene
Ein Frosch weiß nur von seinem Teich
Die Möwe kann von beidem sprechen

Sovrit gilt fer antopos
Wrapan su meriticta
Tixo allam globalkilt

Genauso auch die Menschen
Strebend nach Ruhm und Ehre
Kleben sie doch alle an den Rockfalten der Erde

Insurans Demokratia perechil
thinksit selfan supermacht
Ey tschillig driftan plataa…

Versichert sich Europa Perechils
Glaubt es sich ordnend überlegen
Und doch: Geduldig wandern die Kontinentalplatten…

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: ¿Qué será, será? |Inventarnummer: 16049

Morgenröte

In jener langen, kalten Nacht
Von der bei mir bis heut
Manch graues Haar
Und leider auch
Das eine oder andre
Zähneweh
Bände voller Worte spricht
In dieser furchtbar finst‘ren Nacht
Genau gesagt zu deren
Allerpeinlichst düst‘ren Stunde
Leuchtet mir
Ich fass es nicht
Comtesse, ihr güldenroter Schopf –
Die Fahne einer Übermacht.

Dies Lockengeläut
Ist es denn wahr?
Und, wenn ich näher komme auch?
Könnt‘s nicht, wenn ich zu ihm wandere
Sein, herrjeh,
Dass dieser Schopf erlischt!
Und wieder grottenfinst‘re Nacht
Immerwährend währt?
So sitz ich in der Biertisch-Runde
Da trifft mich ihrer Augen Licht
Da denk ich, steh schon auf, du Tropf!

Und draußen in der Winternacht
Es war schon eine heitere
Eine, die ein wenig lacht,
War dann alles Weitere
Eigentlich schon abgemacht.

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: süffig | Inventarnummer: 16044

Austragödie

Meldestelle
Maurerkelle
Schallschutzmauer
Häuslbauer

Häuslbau‘n, Häuslbau‘n
Mit Gartenzaun und Küchentraum

Zusatzkosten
Rechnungsposten
Fertigteile
Bauanleihe

Häuslbau‘n, Häuslbau‘n
Mit Gartenzaun und Küchentraum

Grundbucheintrag
Noch bis Freitag
Kostenzuschuss
Heut Betriebsschluss

Häuslbau‘n, Häuslbau‘n
Mit Gartenzaun und Küchentraum

Sachverwalter
Bankbeamter
Anwaltskosten
Abschreibposten

Häuslbau‘n, Häuslbau‘n
Mit Gartenzaun und Küchentraum

Einbauküche
Gasgerüche
Zeitverstreichen
Schöne Leichen

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: dada & gaga | Inventarnummer: 16034

 

Erwachen auf Rabatt

Als ich’s am wenigsten gedacht
Da bin ich plötzlich aufgewacht
Und lag in einem Blumenmeer
Die Gloriette grüßte von oben her

Die Sonne schien schon ziemlich kräftig
Und badete im Himmelsblau
Die Spatzen stritten ziemlich heftig
Die Luft war warm und mild und lau

Im Blumenbeet vor Schloss Schönbrunn
War‘s also, dass ich erwachte
Um mich standen Statuen rum
Eine zwinkerte und lachte

Staunend grub ich mit den Händen
In der schwarzen Blumenerde
Wie wird das alles mit mir enden
Wär’s möglich, dass ich Säufer werde?

Stöhnend fiel ich auf den Bauch
Um dann auf allen Vieren
Zu vomitieren
Ja, das auch.

Sucht‘ mir eine saubere Stelle
In der bunten Blumenpracht
Starrte in des Himmels Helle
Jetzt mal gründlich nachgedacht!

Wo, verdammt, bist du gewesen?
Wann wirst du davon genesen?
Nein, wieviel Wein, du Schuft
Hast du verschlungen?
Gelungen!

Doch wie sehr ich’s bedacht und bereut
Zwischen gestern und heut
Klafft eine Kluft

Ach, dacht‘ ich
Wie jämmerlich
Sind doch diese Zeiten
Auf die Freuden der Rebe
Folgt die autoritäre Rede
Und dazu noch innerlich!

Und übersieht, was wesentlich
Ignoriert die bange Frage
Wie kam ich denn eigentlich
Nach Schönbrunn, in diese Lage?

Kann der Rausch mit seinen Schwingen
Ohne nur zuvor zu fragen
Mich von Linz nach Wien vertragen
Und hier in Blumenbeete bringen?

Da zerriss die Grübelei
Ein gellender Altweiberschrei
Ah, Polizei, Betreten verboten!
Bruch von Gesetzen und von Geboten!

Mein Kopf schien schier zu explodieren
Beim Versuch dorthin zu stieren
Von wo der infernalisch’ Lärm
Mir zerschnitt das Hirngedärm

Da stand sie, altbekannt und alt
Eine Wiener Urgewalt
Man kennt sie schon von früher her
Die selbsternannte Bürgerwehr

Du Schwein, schrie sie, verrohtes Tier
Was nicht Sitte noch Regel hat!
Wälzt sich hier im Blumenrabatt!
Warte nur, ich zeig es dir!

Solcherart ernstlich bedroht
Ein Schwein, ein Tier
Und auch noch verroht
Richt‘ ich mich auf auf meine Vier

Beginne zu graben zu ihrem Entsetzen
Zu rüsseln und grunzen mit sabbernden Lefzen
Und Paarungstrieb ihr vorzugaukeln
Mit gar wildem Hüftenschaukeln

Und sieh, es wirkte, das Possenspiel
Ich sah, wie sie vor mir verfiel
Erst zögernd, dann panisch zum Schlossausgang lief
Und nicht mal mehr schrie oder irgendwas rief

Seltsam, dacht‘ ich, nichts fürchten sie mehr
Diese Männlein, die saub‘ren und tristen
Diese Sittlichkeits-Xanthippen
Dieses ganze Ordnungsheer
Als die Erfüllung der heimlich vermissten
– ein wenig banalen – Stereotypen.

Herrlich senkte sich daraufhin wieder
Die Schlossparkruhe auf mich nieder.

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: süffig | Inventarnummer: 16025

 

 

 

 

 

Fleiß und Frühaufstehen

Ein bisher unentdecktes Fragment einer untersagten Predigt aus dem Melker Stift, dem Kaplan Andreas Corvinus (1684(?) -1749) zugeschrieben

Übers.: Bernd Remsing

…(s)agt man doch: „Fleißig wie die Bienen“, aber: Stehet denn die Biene früh auf, concret: Wann verlasset sie dann ihre Schlafstätt? Nachdem die Biene aber denen Insekten angehöret und noch nie die kühle Morgenstunde von solchen aufgesucht wurde, bedarf sie der Wärme. Sie brauchet der Wärme, ist dahero Langschläfer. Dem Winter ist sie zu rein gar nichts zu gebrauchen, sondern nähret und stärket klüglich sich für die Tempora, wo‘s ihrer Kräfte bedarf. Und wie wertvoll und kostbar ist ihr Honig – er hat sogar die Kraft, Krankheiten zu besiegen (it est: Keuchhusten, Haarwurzelkatarrh, Schlagfluss, Gicht etc.) und hilft dem Menschen selbst gar gegen die Pestilenz! Was Teureres könnte es geben auf dieser Welt? Und doch geben sie ihr flüssig Gold dem Menschen hin ohne unverschämte Forderung, nur ein wenig Platz wollen sie für sich, in Form von Kästen und Körben. Welch gottgefällig bescheiden Anspruch!

Hingegen die Hühner! Welch ziellos unruhig Treiben! Noch schlummert die Sonne hinter dem Donaufluss, da springet diese Hellenbrut verstört von ihren Stangen, ohne Zweck und Vorhaben, nur rein der Unrast wegen. Merket: Wenn denn frühes Aufstehen Fleiß sein soll, dann müsst es folglich heißen: Fleißig wie die Hühner – man sagt ja doch aber: „wie die Bienen!“ Nein! Nein zum Huhn und tausendmal nein! Es stolpert und torkelt den ganzen Tag ziel- und planlos durch Raum und Zeit, machet beständig und in lästiger Weise auf sich aufmerksam, laufet gefährdend zwischen den Füßen argloser Leut herum. Zwar zahlt‘s schuldigen Tribut mit Eiern, doch hat man jemals gehört, dass es aus ihm Heilmittel wie der Bienen Honig gewonnen? So wenig, wie du ein Nagel in den Brunnenstrahl schlägst! Du sagst, nicht wenige Melker schmiern sich Hühnerdreck in die Haar, meinend dessen Wachstum zu fördern, ist dies Thun aber mehr als nur ein Zeichen lästerlichen Aberglaubens, sondern wird nachweislich das Hirn davon geschrumpfet bis auf die Größe einer Erdnuss oder Rosine, bis sie selber gackern wie das Federvieh! Ganz wie Adagia 2, 4 lehret: Piscis primum a capite foetet! Aber nicht nur dero piscis, sondern wie viel mehr die Gacker–Gallinae, die unser Herr nicht im Zeichen getragen, verstinken dem den Kopf, der sich mit ihrem Kot bestreichet! Du fragst: Reuet dero Hühner wenigstens ihr Unverstand? Nichts dergleichen! So wenig wie dass sich der Mensch auf den caput sehn kann, ahnet die Beschränktheit ihre Enge oder schlimmer noch treibt‘s auch noch groß und siehet sich als Erbe und Statthalter dieser GOttbedürftig Welt! Ganz wies denn auch heißet in der heiligen Vulgata, Psalm 42,8 Abyssus abyssum invocat! Nein, Schutz fordert er, der lärmend Geistvernichter, der gefiedert Beelzebub und gar Schirm noch gegen die zahllosen Gefahren, die seiner ungeschickten Art drohn! So hilflos sind dero Hühner worden durch die schändlich und folglich schädlich Frühaufsteherei, dass sie sogar das Fliegen verlernt haben – welchs doch ureigen Vogelpflicht darstellet! Bedarf‘s denn noch eines einzigen Beweises mehr, dass die Schlafkürzung ein sichren Weg darstellt, analogum die göttlich Gabe des Gedankenflugs sündhaft zu vernichten? Wird dem Tiere selbst darob nichts Args geschehn, aber den Kindern Adams droht Gericht und Höllenfeuer schon ob geringster Sodomie und ist dies nur Vergehen des Corpus, wie arg erst die Straf bei Sünd am Geiste, der GOtt doch weit näher stehet? Jetzto wirst du denken: Wohin führte aber die schrecklich Frühaufsteherei gar noch? Zu nichts Wenigerm als dies Beispiel dir zeiget: Das itzo noch nützlich und gottgefällig Tagwerk der Hühner, nämblich, dass sie uns ihre Eier legen, wird sicherlich bald auch noch ihr Geisteskraft übersteigen, das Einzige, was sie dann noch treiben, ist ihr gar zu arg und ziellos Gelärm.

(…) Hühner sind bald ihres Wirkens in der Welt verlustig gangen und wissens wohl. Doch versuchen s‘ diesen Mangel, statt durch Buß und Einkehr, etwa durch täglich hart Üben des Langschlafs, durch desto wilder Geschrei und Rastlosigkeit wettzumachen, was sie in wahrhaft GOttloser Verblendung für das Zeichen verdienstvollen Tuns halten. Infolge all dessen werden sie vom Menschen, der nach biblischem Gebote sucht, die Tierwelt zu nutzen, nur in der Weise geschätzt, dass er ihre Nachkommen frisst. Ja, merket es wohl und besinnet euch gründlich: Treibt‘s nicht auch ihr allzu gern nach dero Hühner Art? Musst ich etwas nicht gestern ächzend aus dem Kissen fahrn, als ich mir grad den Kopf gar frömmlich schwer getrunken, aufgeschreckt von hellisch Marktgelärm und euren vermaledeiten Fuhrwerkfahrn auf und ab und hin und her, wie eben begleitet noch durch den ohrenbetäubend Lärm des sinnlosen Gackerviechs? Merket: So beschaffen sind diese Geschöpf, dass selbst deren Brut gefressen wird, noch bevor diese aus dem Ei gebrochen! Und selbst das ist noch nicht gnug Straf für beständig Schlafverkürzen, werden sie doch am Ende noch selbst verzehret (It est: Brathuhn, Suppenhuhn, Huhn mit Citrusfrucht, Birngespicktes Huhn, welches sehr wohlbekömmlich – etc.)! Dem Huhne bleibet dahero nur das klägliche Geschrei und Gezappel vor dem Fallbeil…

(…) Wie viel glücklicher aber die lobsam langschläferisch Biene! Drohte jenen der Mensch mit dem Beile, wäre er nicht lange dieses Vorhabens glücklich! (…)

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: anno | Inventarnummer: 16019

Trauriges Beispiel

Einst, stolzgebläht, der Stürme Fahrgast
Hängst du nun da an einem Baumast

Ein toter Ast ist’s obendrein
Er fing dich schon vor Jahren ein

Oft auf meinen Arbeitswegen
Sah ich dich vergeblich regen

Freiheit! Ächzt’s aus deinen Falten
Doch der Baum, er wird dich halten

Sturmflug! Flatterst du im Wind
Dieweil die Regenträne rinnt

Oh, Plastiksack, dein Los ist hart
Einst warst du weiß und frisch und zart

Ich sah dich kühn die Himmel stürmen
Jubelnd über Häusern, Türmen

Du wolltest nur ein wenig landen
Schon schlug man dich in hölzern Banden

Dein Schicksal, Sack, ist arge Lehre
Gib niemals nach der Eigenschwere!

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

Dieser Text ist auch als Song zu hören, interpretiert von Alicia Edelweiss.
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www.verdichtet.at | Kategorien: hin & weg und unerHÖRT! | Inventarnummer: 16020

Der Kaiser von China

Soll der Kaiser von China fliegen?
Soll er lieber Kinder kriegen?
Ist er uns lieber als Kaiser auf Probe
Oder in Damen-Garderobe?
Soll der Kaiser riesengroß sein
Oder besser erbsenklein?
Isst er am liebsten Käsenocken
Oder Radieschen mit Schneeflocken?
Soll er zu Hause sich nützlich machen?
Baut er lieber Kinderdrachen?
Seht die tausend Möglichkeiten,
Die tausend Sorgen uns bereiten.

Von allem am besten ein bisschen was
So macht er uns am meisten Spaß.

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: fantastiques | Inventarnummer: 16021

 

Die Macht der Worte

Ob Sie wollen oder nicht
Ich schreib jetzt ein Gedicht

Und Sie steh‘n von Anfang an
Mit Haut und Haar in meinem Bann

Sie sind Wachs in meinen Händen
Warum sollt‘ ich das Gedicht schon enden

Sie merken, wie Ihr Selbst zerbricht
Wie aus ihm ein andrer spricht

Ihr Wollen und Ihr Denken
Beginne ich nach Wunsch zu lenken

Schon erfasst Sie das Bestreben
Mir Ihr Vermögen hinzugeben

Nichts ist Ihnen mehr zu teuer
Zu nähren dies poetisch‘ Feuer

Ich verstehe Ihren Kummer:
Bankleitzahl und Kontonummer

Finden Sie umseitig
Zu überweisen: zeitig

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

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www.verdichtet.at | Kategorie: Wortglauberei und unerHÖRT! | Inventarnummer: 16017

Geisterzug

Dieser Zug schleicht raubtierhaft
Durch die Raubtierkatzennacht

Katzenaugen der Signale
Warnen vor
Der Bahngeleise-Schreckensmacht

Der Geisterzug setzt geisterhaft
Setzt zum Sprung an durch die Nacht
Rot erschreckte Autolichter
flüchten vor des Untiers Kraft

Und schon erlegt
Und wirklich kraftlos
liegt das schwarze Alpentier

Mit abgeschabten Hügelbrüsten
Mit ausgefransten Waldfellbüscheln
Säugt es dir
Kein Junges mehr

Eingespannt in Lichterketten
Hochgestellten Starkstrom-Zäunen
liegt’s, erlegen, einfach hier.

Aber schau, auch der Zug vergisst den Sprung
Und fällt, ermattet, einfach um.

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 16001