Archiv des Autors: Redaktion verdichtet.at

rücken der zwei welten.

rücken der zwei welten.
auf steinen wandeln. kalt zuckt ihre haut.
die zeit unter füßen beben lassen.
ein getragenwerden von erinnerungen [nicht immer die eigenen].
vorfahrenlieder summen aus den fugen der elemente. hört mich.
vom rücken: unter mir die leere [tiefe]. von arm bis bein gestreckt.
steinsprache spricht: ich halt dich. von zeit zu zeit. von welt zu welt.

Tim Tensfeld
https://www.autorenwelt.de/person/tim-tensfeld
https://www.literaturport.de/lexikon/tim-tensfeld

www.verdichtet.at | Kategorie: ¿Qué será, será? | Inventarnummer: 25034

Der Zähler

Ich zähle. Ich zähle, weil ich zählen muss. Ich kann nichts dagegen tun. Ich kann mich nur damit abfinden, das habe ich getan. Ich zähle immer weiter. Neben dem Zählen kann ich nichts tun. Esse ich oder tue ich etwas anderes, notiere ich die letzte Zahl. 14 972 386 192. Bin ich fertig, zähle ich weiter, 14 972 386 193. Ich weiß, dass dies völlig sinnlos ist. Ich kann damit auch nicht angeben. Würde ich jemandem davon erzählen, hielte er mich für einen Vollidioten. Bei Ladys kann ich damit auch nicht punkten, erst recht nicht. Schlimm ist es, wenn ich die Zahl falsch aufschrieb, beispielsweise statt der letzten Zahl die folgende. Wenn ich mir nicht sicher bin, welche Zahl korrekt ist, muss ich neu beginnen, bei null oder bei eins, wo ist der Anfang?

Durchscheinende Kunststoffeimer mit lateinischen Zahlen von Kurt Spitaler, Nahaufnahmemischen Zahlen von Kurt Spitaler, Nahaufnahme

Durchscheinende Kunststoffeimer mit lateinischen Zahlen von Kurt Spitaler, Nahaufnahme

Johannes Tosin
(Text und Foto)

Quellenangabe zum Werk von Kurt Spitaler: https://www.kurtspitaler.at/werk/

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 25032

Weihnacht

In dieser Zeit funkelnder Besinnlichkeit,
da der Zauber der Nacht
den Himmel noch schwärzer macht,
und in der Weite dunkelnder Unendlichkeit
kaltherzig und glasklar
dir die Endlichkeit entgegenlacht,
ist die innere Einkehr elementar.
Und als Komplementär zur Fülle
die Stille eine schützende Hülle.

Hörst du das leise Knistern in der Luft,
das geheimnisumwobene Wispern?
Das surrende Schwingen sanften Flügelschlags,
das sich auch des Tags nicht verliert
und unbemerkt fein im Schein heller Kerzen
deine Sinne stimuliert?

Dann ist Weihnacht, nur dann.
Engelsgleich ihr Gesang, samtweich.
Und unendlich reich
ihr fast vergessener, ureigener Klang.

Claudia Lüer

www.verdichtet.at | Kategorie: fest feiern | Inventarnummer: 24188

Rätsel

Na prack … was treibt sich da herum
Na bumm … ist das ein Trumm

Was ist es denn … sag an
Vielleicht der Riese Bodolan

Was ist es denn … tu es mir kund
Okay … der Braunbär Kugelrund

Na prack … so ein Vifzack
Wer?
Na der Herr mit dem Gewehr

Wilfried Ledolter

www.verdichtet.at | Kategorie: dada & gaga | Inventarnummer: 24200

Eines zur Weltlage

Muss es denn wirklich so sein?
fragt die Mutter
Kann das denn Wirklichkeit sein?
fragt die Mutter
Nach all dem Leid von allen Müttern
könnt ihr uns noch so erschüttern?

Das Ende aller Menschlichkeit:
Die Menschheit wieder kriegsbereit?

Geschaffen von unendlich Händen –
Wollt ihr dieses Opfer enden?

Alles hab ich euch gegeben.
Nur nicht das: den Mut zum Leben.

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: think it over | Inventarnummer: 24198

So leicht

Wir gehen bergauf und ich fühl mich
fern von dir.
Geh voran, sagst du zu mir,
so schnell, so langsam, wie du’s brauchst.
Wir hören den Wind,
als wär ein Flugplatz auf dem Grat,
sag ich, so laut.
Es kracht, es fällt ein Baum, und ich fühl mich
fern von dir.
Wir gehen bergauf,
nah dem Gipfel dann bergab,
zu wild der Wind da oben auf dem zweiten Grat.
Wir essen, trinken, reden und ich fühl,
dass du die Ferne fühlst.
Wir sprechen drüber,
gehen bergab ohne Idee,
wie wir einander wieder nahe bringen könnten.
Wir gehen, wurzelstufensteigend,
rutschend auf dem trocknen Laub,
wir ziehen unsre Pullis aus und an und aus.
Zuletzt trab ich die Forststraße hinunter.
Trage mich auf meinen Beinen
zurück in meinen Körper.
Wir bleiben stehen,
du vor mir, ich vor dir, und sind uns nah.

Sonja Steingreß

www.verdichtet.at | Kategorie: Kleinode – nicht nur an die Freude | Inventarnummer: 24197

Archiv November 2024

30.11.24: Bernd Watzka: Das Murmeltier
30.11.24: Johannes Tosin: Das Kraftwerk
30.11.24: Johannes Tosin: Welle
23.11.24: Bernd Watzka: Berliner Löwin vs. Berliner Bär
23.11.24: Johannes Tosin: Hund Joschi
23.11.24: Johannes Tosin: Aquarell
16.11.24: Sonja Steingreß: Geschenk
16.11.24: Johannes Tosin: The Story of Chantal Buxbaum
16.11.24: Manuela Murauer: Mit Freundinnen zur Auszeit
16.11.24: Johannes Tosin: Bezaubernd einfach
10.11.24: Claudia Dvoracek-Iby: Tiger
10.11.24: Tim Tensfeld: wien
10.11.24: Sonja Steingreß: Heilig
10.11.24: Claudia Lüer: Dialektik im Trauern
10.11.24: Johannes Tosin: Auf der Uni
10.11.24: Johannes Tosin: Süße Blume
2.11.24: Manuela Murauer: Der Wind der Julier
2.11.24: Bernd Watzka: Novemberwind
2.11.24: Johannes Tosin: Er ging
2.11.24: Johannes Tosin: Der Bentley

Ionescos Nashörner

Die Nashörner aus Ionescos Stück
spielen aus gutem Grund verrückt.
„Wie werden wir denn dargestellt?
Als Herdentiere komplett entstellt!

Dabei sind wir Einzelgänger
und waren nie Befehlsempfänger!
Wir meiden auch das Randalieren,
gehen lieber abends kurz spazieren.

Als Knechtschaft-Symbol für Diktatur
verwend eine andere Kreatur!
Am besten eignet sich dafür
der Mensch, das dümmste Massentier.

Also verehrter Herr Ionesco,
Ihr Nashorn-Drama ist für das Klo.
Meine Warnung an alle Dichter:
Missbraucht kein Nashorn,
Arschgesichter!“

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 25031