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Toffee für Katharina

Mir fällt noch einmal die Zeit ein, damals, als Gastschüler in einem südeuropäischen Land. Am Anfang war alles aufregend und da war das erste Erblicken von Katharina, der Schwester meines Schulkollegen, das in mir Gefallen auslöste. Am Anfang konnte ich meine Gefühle gar noch nicht so recht einordnen.

Am ersten Tag traf ich sie mit der Familie vor dem Fernseher, als sie mir ein Eis anbot.

Als wir an einem anderen Tag einen Spaziergang unternahmen, war sie wieder dabei. Sie ging natürlich an letzter Stelle hinter den Männern. Wonach wir suchten, weiß ich nicht mehr. Wir bogen in eine Seitenstraße ein und ich erinnere mich noch an den Moment, an dem ich einen alten, roten Kleinwagen am Straßenrand sah. Mein Blick blieb für ein paar Sekunden an dem Fahrzeug hängen, doch dann drehte ich mich um und sah die junge Frau hinter mir.

Ich nahm wahr, dass sie ein gemustertes Top, in das ihre Sonnenbrille geklemmt war, trug, dazu eine schöne rote Jeanshose. In diesem Moment bekam ich eine Gänsehaut. Danach drehte ich mich wieder um und alles war wieder beim Alten.

An zwei weitere Erlebnisse mit ihr erinnere ich mich: Als sie sich neben mich setzte und mit mir die Scheiben einer Wassermelone genüsslich aufaß. An einem anderen Tag am Ende des Aufenthalts feierte sie ihren 20. Geburtstag und bekam eine Halskette mit einem Herz geschenkt. Ich erinnere mich auch an ihren angenehm festen Händedruck.

Natürlich sind diese Erinnerungen wenig, und was hätte ich gegen mein Verlangen tun können, dieser jungen Frau zumindest etwas Freundliches entgegenzubringen. Rückblickend hätte ich ihr ein kleines Geschenk gekauft: ein Andenken, ein Buch, eine Süßigkeit. Wenigstens etwas.

Natürlich hätte ich niemandem verraten können, was ich in diesem Moment erlebt hatte. Damals war ich natürlich auch noch zu jung, um mich ihr nähern zu können. Und jede weitere Kontaktaufnahme konnte durch Verwandte vereitelt werden.

Jahre vergingen und ich wusste nichts mehr von ihr, außer, dass ich mich gelegentlich an sie erinnerte.

Auch dachte ich an die Süßigkeit, die ich Katharina schenken hätte wollen.

Viele Jahre danach fand ich eine gleichnamige Person im Internet, der ich den an sie adressierten Brief schickte. Wenn es schon nicht die Katharina von damals war, so doch eine andere Person und immerhin hat mein Sehnen etwas in Bewegung gesetzt. Aber ich konnte die versprochenen Süßigkeiten natürlich nicht verschicken.
Nach kurzer Überlegung baute ich eine Flaschenpost, in der ich die Süßigkeiten verstaute und auf eine weite Reise schickte.

Einige Monate erreichte mich tatsächlich eine Antwort. Darin stand, dass meine Flaschenpost bei einer unbekannten Person angelangt sei. Sie wisse natürlich nicht, warum ich die Flaschenpost verschickt hatte, war aber dennoch glücklich über das Geschenk.

Michael Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 23171

Marmelade

Mögen Sie Marmelade? Ich schon, ich esse gerne ein Marmeladebrot zum Frühstück, oft auch nachmittags zum Kaffee. Und eine Biskuitroulade mit pikanter Marmelade ist einfach was Gutes. Betonung auf „pikant“, denn nur süße Masse ohne ausgeprägten Fruchtgeschmack mag ich nicht. Mein Schatzerl auch nicht.

Also was ist Marmelade? Im Wesentlichen sind das entkernte Früchte, mit Zucker und Geliermittel verkocht. Siehe auch Konfitürenverordnung vom 26.10.1982 der EU-Behörden! Wenn noch Fruchtstückchen darin sind, nennt man es oft Konfitüre, wenn es nur verdickter Saft ist, nennt man es Gelee. Undefinierte, bröckelige Konsistenz wird oft als „Fruchtaufstrich“ verkauft. Wie auch immer, Marmelade ist süß, färbig und schmeckt. Zumeist. Und wenn man nicht „haglich“ (heikel) ist.

Na ja, ich bin zwar nicht „haglich“, aber mir schmeckt nicht alles, wo Marmelade oder Jam draufsteht. Insbesondere diese „billigen“ Sorten, wo vermutlich mehr chemisch verdickter, gesüßter Rübensaft mit Aromen und Farbstoff drin ist als die am Etikett angegebenen Früchte. Schlimm ist ja auch, dass ich als älterer Jahrgang noch den „Originalgeschmack“ von selbst gepflückten Heidel-, Stachel-, Him- und Brombeeren und Ribiseln kenne; auch die Fruchtsäure der baumreifen Marillen „Ungarische Beste“ sowie die heimtückische Süße der gestohlenen grünen „Kriecherln“. Heimtückisch, weil stark verdauungsfördernd! Der Heimweg sollte besser kurz sein! Im Starkl-Gartenkatalog nennt man sie „Kirschpflaumen“.

Dafür mag ich heute noch den karamelligen Powidl. Unsere alte Gartennachbarin meiner Jugendjahre, die Frau Stipics, kochte zur Zwetschkenzeit oft nächtelang in dicken Steinguthäfen diesen schwarzen Klebstoff, der immer wieder umgerührt werden musste, um nicht anzubrennen. Sie schliefe ohnehin schon so schlecht, erzählte sie meiner Mutter, dass sie allemal nach ein, zwei Stunden aufwache und dann halt an den Herd gehe. Ihre jährlichen drei großen Gläser Powidl gehörten meinem Vater und mir allein, denn weder Mutter noch Schwester mochten ihn. Dafür habe ich ihr immer den Rasen gemäht.

Seit man in den Geschäften Gelierzucker und preiswerte Marmeladegläser mit gut schließenden Blechdeckeln bekommt, ist Marmelademachen viel leichter geworden. Marillen einkochen kann jedes Schulkind. Abgewogene Menge entkernter Früchte in den Topf, etwas Wasser am Boden, und wenn es weich wird, den entsprechenden Gelierzucker dazu, fertig.

Das Entkernen von Beerenfrüchten artet in Arbeit aus. Die gute alte „Flotte Lotte“, das händische Passiergerät mit gelochtem Einsatz, lange zu drehen und immer wieder das Sieb zu reinigen, ist zeitraubend. Der Passier-Aufsatz am Kenwood (Küchenmaschine zum Teigrühren) zahlt sich nur bei größeren Mengen aus – und wenn man nicht aufpasst, schwimmt die Küche im roten Saft. Was soll’s, Einkochen ist ohnehin nur einmal im Jahr. Und wenn man im Winter ein Glas „Beerenmix“ (Himbeeren, Stachel-, Johannis- und Josta-Beeren mit 1:3 Zucker) öffnet, steigt der Geruch des Gartensommers in die Nase. Und erst der pikant-säuerlich-süße Geschmack! Das ist die ideale Marmelade auf die Linzertorte. Oder ein Ersatz der Preiselbeeren zu Rindsbraten, oder ein guter Löffel ins Joghurt gerührt.

Ein einziges Mal haben mein Schatzerl und ich uns über die Schlehen-Marmelade getraut. Weil wir zufällig beim Winterspaziergang an einen voll tragenden Strauch gekommen sind. „Da wäre doch schade drum“, dachten wir und holten von zu Hause zwei Plastikkübel. Gute sechs Kilo haben wir – mit erfrorenen, blutig gekratzten Händen – nach Hause gebracht. Weil Schlehen Frost brauchen, um ihre Herbheit zu verlieren, wurden sie zuerst eine Woche tiefgekühlt, dann gekocht und passiert. Hier mein Geheimtipp zur Arbeitserleichterung: Man nehme eine alte (stabile) Grammel- oder Erdäpfelpresse zur Hand, fülle den heißen Fruchtbrei ein und presse über einem hohen Stahlreindl. Was rausrinnt, ist Marmelade, was in der Presse bleibt, kommt in den Kompost. So waren die Schlehen in wenigen Minuten entkernt. Dann mit 1:2 Gelierzucker verkocht, etwas Vanillezucker dazu und eingefüllt. Für die Zunge von Blaufränkisch-Trinkern ein himmlischer Genuss.

Aber unsere liebste Marmelade ist die von gelben „Kriecherln“! Sie ist – bei Mischung mit 1:3-Zucker – von einer satten Süße des Fruchtfleisches, die sich mit der feinen Säure der Schalen auf der Zunge vereinigt.

Robert Müller

www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 23151

 

Eiszeit im Sommer

Von der Stirne heiß rinnt mir der Schweiß
Die schwüle Hitze macht mir zu schaffen
Klimawandel und Erderwärmung geistern in meinen Gedanken
Ich muss handeln – jetzt sofort!

Wo ist der nächste Eissalon?
Gott sei gedankt, nicht weit von hier
Ich stürme hin und stell mich an
Nur zwei Damen vor mir
Zwei Kugeln werde ich mir gönnen
Nein, drei bin ich mir schuldig!

Ich komme dran!
Welche Sorten soll ich nehmen?
Am besten alle!
Geht nicht, zu teuer!
Ich bestelle Erdbeere und Pistazie
Die dritte Kugel macht mich unschlüssig:
Soll ich Vanille oder Karamell nehmen?

Ein schwerer Entschluss, die Hitze ist drückend!
Vanille, stöhne ich, bezahle –, und auf einem Bankerl gleich nebenan
ist ein Plätzchen frei!
Ich setze mich und lasse meine Zunge fast zärtlich über den Spalt
zwischen der Kugel Vanille und der Kugel Erdbeere gleiten
Eine noch nie erlebte Kühle himmlischen Geschmacks durchrieselt meinen
Körper

Die Vorfreude auf die Pistazienkugel macht mich fast verrückt!
Niemals zuvor hat mir ein Eis so geschmeckt!
Das muss wohl an der Erderwärmung liegen
Diese köstliche Eiszeit mitten im Sommer!

Copyright: Wilfried Ledolter

Copyright: Wilfried Ledolter

Wilfried Ledolter (Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 23150

Mein Törtchen-Örtchen

Am stillen Örtchen
Ess ich ein Törtchen
Warum gerade dort?
Damit es keiner sieht vom Ort!
Ich bin nämlich kugelrund und fett
Und eigentlich auf strenger Diät
Das fällt mir aber unendlich schwer
Ich genieße mein Törtchen sehr
Ein wenig störend ist das Ambiente
Der Geruch ist auch nicht grad al dente
Ich sitz bequem auf dieser Muschel
Hier gibt es kein Getuschel
Ein Bissen nach dem andern
Lass ich das Törtchen in den Magen wandern
Der letzte Bissen schmeckt besonders gut
Danach erheb ich mich frohgemut
Um keine Spuren zu hinterlassen
Drück ich die Spülung ganz gelassen
Voll befriedigt von dem Törtchen
Verlasse ich das stille Örtchen.
Kein Mensch hat etwas mitgekriegt
Meine List hat wieder mal gesiegt

Copyright: Wilfried Ledolter

Copyright: Wilfried Ledolter

Wilfried Ledolter (Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 23133

Küchenkulturen von New York bis Moskau 5

Kaviar im Königsschloss

Lange schon bedrängte ich meine Freundin Zhenja, sich neue Brillen machen zu lassen. Nicht direkt, ich machte versteckte Bemerkungen und Anspielungen, legte es ihr nahe, umschmeichelte, lockte sie auf alle erdenklichen diplomatischen Weisen. Bei uns würde man sagen, sie trug ein Krankenkassenmodell, wahrscheinlich das hässlichste Krankenkassenmodell auf der ganzen Welt. Man sieht solche Gestelle nur noch auf alten Schwarz-Weißs-Fotos von Kriegsgefangenen oder aus Entwicklungsländern. Mahatma Gandhi im Hungerstreik, fällt mir dazu ein. Ein dickes Folterwerkzeug vor den Augen, das das ganze Gesicht zur Unkenntlichkeit entstellte. Ich ging Umwege, indem ich ihr das grazile Silber-Etui schenkte, das sie bei mir bewundert hatte. Ihre alte Brille passte allerdings nicht in das schmale, elegante Etui mit Goldrand und rotem Innensamt. Eine gelungene Jugendstil-Kopie aus dem Dorotheum. Macht nichts, sie verwendet es für ihre zarte Sonnenbrille, die sie allerdings kaum trug. So lag das Etui als Schaustück auf ihrem Schreibtisch.

Ich wollte ihr das neue Brillengestell schenken, sie müsste dafür nur zu einem Optiker gehen und eines aussuchen. Vielleicht beim nächsten Besuch in Wien, zusammen mit mir bei meinem bewährten Meister auf der Wieden. Mit der besten Beratung und allen Prozenten. So lockte ich und umwarb sie. Aber Zhenja blieb taub auf diesem Ohr – bzw. blind auf dem Auge.

Warum wollte sie ihr Veteranen-Brillengestell nicht gegen ein neues austauschen? Es passt so gut, liegt genau richtig auf meiner Nase und drückt nicht hinter den Ohren. Perfekt. Es ist aus Deutschland, Ost-Berlin und von Zeiss, Baujahr 47. So etwas finde sie nie wieder, war sie überzeugt und widerstand all meinen Versuchungen. Mir war es peinlich, sie anzusehen, wenn sie diese Brille trug. Nicht zu Hause bei sich oder bei mir, aber in der Öffentlichkeit, fremdschämen nennt man das.
Zhenja war klein, zierlich, bewegte sich mit ihren achtzig Jahren fast jungmädchenhaft, immer elegant gekleidet und perfekt frisiert. Sie war eine durch und durch erfreuliche Erscheinung, machte immer und überall eine bella figura – bis auf die Brille, die war einfach nur grässlich, ein Stilbruch. Das Gestell war riesengroß und fast rund, von unbestimmter Farbe, ein Grau-Gelb wie von einer brüchigen, vergilbten Seide oder einem Totenantlitz. Die Brille ragte weit über Zhenjas schmales Gesicht hinaus, war leicht schief und mit so dicken Gläsern versehen, dass sie aus dem Rahmen herauszuquellen schienen.

Wenn sie den Kopf neigte, beim Lesen etwa, rutschte sie auf die Nasenspitze, verlängerte sie unbarmherzig und bildete einen hässlichen Höcker aus, dass sie den Illustrationen von Baba Jaga oder der Hexe im Knusperhäuschen glich. Bei künstlichem Licht warfen die Gläser Spiegelflecken auf die Wangen, sodass sie hohl wirkten wie bei einem Totenkopf. Uhu war noch das Schmeichelhafteste, was einem dazu einfiel. In einem bestimmten Winkel zauberte die schiefe Ecke sogar eine Riesenwarze in den linken Nasenbogen. Ich war sicher nicht die einzige Person, die sie auf dieses Brillengesicht angesprochen hat. Also trage ich nicht allein die Schuld, an dem Verhängnis, das sich da anbahnte.

Aber es passte zu Zhenja, dass sie sich nicht darum kümmerte, welchen Eindruck sie auf die Umgebung machte. Sie war ein durch und durch unabhängiger Mensch, echt, aufrichtig und uneitel bis zur Schmerzgrenze. Ich glaube, auch bei den Mitmenschen ein Verwundern über die Diskrepanz zwischen der Brille und ihrer übrigen Erscheinung bemerkt zu haben. Aber Zhenja war ein so ungewöhnlicher Mensch, mit einer so unglaublichen Biographie und einem solch gewaltigen Lebenswerk, dass es niemanden gab, der sie nicht liebte und bewunderte. Alle genossen ihr Talent zum Scherzen, am meisten über sich selbst. Aber bei den Toasts zu ihrem Geburtstag kam immer wieder die Conclusio: Vor allem und über allem: Sie ist a Mänsch.

Als Günter Grass 2000 den Literaturnobelpreis bekommt, lädt er Zhenja nach Stockholm ein. Zur Preisverleihung kann Grass nur seine Frau Ute mitnehmen, weil es dort nur begrenzt Platz gibt. Aber am Dinner im königlichen Schloss darf neben Zhenja auch ihre Tochter Natascha teilnehmen. Das hat Grass höchstpersönlich dem Palastprotokoll abgerungen. Grass wusste, was er an ihr gehabt hatte in den letzten drei Jahrzehnten. Wenn Zhenja etwas gegen die Zensur durchboxte, hieß das Millionen-Auflagen in der Sowjetunion und im ganzen Ostblock. Aber vor allem wirkte das in die DDR zurück und von dort wiederum in den Westen.

Der Preisträger hat wie selbstverständlich seine langjährige Russisch-Übersetzerin und Kämpferin für seine Werke in der Sowjetunion mitsamt Natascha eingeladen, die Tickets, das Hotel und den viertägigen Aufenthalt in Stockholm bezahlt. Über die Jahrzehnte waren sie und der Weltautor gute Freunde geworden. Mit dem ihr eigenen Humor freute sie sich diebisch über den dem DDR-Regime abgerungenen Freibrief für Grass, mit dem sie die sowjetische Zensur ausgetrickst hatte. Bei einer privaten Geburtstagsfeier übersetzte ich einmal für Grass und seinen Verleger Steidl die etwas pathetischen Worte: „Zhenja hat uns in ihre russische Familie aufgenommen!“, ohne die blasseste Ahnung zu haben, was russkaja semja bedeutete. Er hat sie nach Westberlin eingeladen, den Besuch bei Böll in Köln eingefädelt und den bei Frisch in der Schweiz. Später war sie Gast auf Grass’ Landsitz in der Uckermark, hatte sich mit Grassens Uttilein befreundet, mit deren Freunden Christa Wolf und ihrem Mann Gerhard und vielen anderen deutschen Literaturgrößen. In ihrer mit Büchern vollgestopften 27 Quadratmeter großen Einzimmer-Wohnung hingen an den einzigen bücherfreien Flecken zwei große Zeichnungen von Grassens Hand – ein Porträt von sich selbst an seinem Schreibtisch mit Pfeife im Mund und ein Stillleben seiner Pfeifensammlung.

Zhenja machte mir die Ehre, mich in manchen Angelegenheiten ihrer Tochter vorzuziehen, etwa als arbitrix in gustibus. Sie hatte volles Vertrauen in meinen Geschmack, das Richtige auszuwählen, was sie zum königlichen Dinner anziehen sollte. Es wurde ein mitternachtsblaues, bodenlanges Kleid aus Samt, das ihre Schmalheit ein wenig üppiger machte, schlicht, nur eine Silberbrosche am Ausschnitt mit einer silbernen Stola. Sie war einverstanden. Sie würde Königin Silvia in den Schatten stellen, war ich überzeugt. Zuletzt schwatzte ich ihr noch eine kleine Clutch auf, gerade groß genug für ein Taschentuch und eine Brille. Ich war bei all meinen Reisen noch nie an einem lebendigen königlichen Hof gewesen, bin noch nie an einer königlichen Tafel gesessen, aber Zhenja hielt mich auch ohne diese Erfahrung für ausreichend weltgewandt.

Ich brachte die beiden Damen nach Sheremetjewo II hinaus, und wir verabredeten uns zum Abholen. In fünf Tagen also, Flug SAS 209 aus Stockholm. Gut sahen sie aus, die elegante, alte Dame mit ihrer hübschen Tochter, ihr ganzer Stolz, ihr Augenstern und Herzblatt, ihr Sonnenschein und das Einzige, wofür Zhenja wirklich lebte. Sie hatte sie erst spät bekommen, als keine Hoffnung mehr bestand – ein Wunder.

Es kam der Ankunftstag, die Maschine aus Stockholm landete, und ich wartete auf die Damen. Aber sie kamen nicht. Ich ging zum Informationsschalter, aber in Russland war es nicht üblich, Auskunft über die Passagierlisten zu geben, außer es war mit dem Flugzeug ein Unglück geschehen. Und das war offensichtlich nicht der Fall. Die Maschine des Fluges SAS 209 stand fest auf dem Moskauer Rollfeld. Schwer verunsichert und mit einem flauen Gefühl fuhr ich zurück in die Stadt. Es vergingen noch fünf Tage, ohne dass ich eine Nachricht von Zhenja oder Natascha bekommen hätte. Endlich kam der erlösende Anruf, wir sind in Moskau und alles ist in Ordnung. Was ist passiert? Alles okay, jetzt wieder. Da ich gerade in der Arbeit war, konnten wir nur kurz sprechen. Wir verabredeten uns für den Abend bei ihr in der Wohnung. Mit klopfendem Herzen, lauter als alle Kremlglocken zusammen, fuhr ich hinaus ins Dichterviertel.

Zhenja schien in diesen zehn Tagen geschrumpft zu sein, ihr Gesicht war blass, fast durchsichtig und eingefallen. Aber sie lachte schon wieder über die Ereignisse, die hinter ihr lagen. Sie sah in der Tragik zugleich auch die Komik. Alles war gut gegangen, alles sehr feierlich. Die aus Deutschland stammende Königin hatte ihr, der kommunistischen Weltkriegsteilnehmerin und Befreierin von Berlin, der sowjetischen Kulturoffizierin in Ost-Berlin, die Hand geschüttelt und ein paar freundliche Worte gesprochen über ihre Übersetzertätigkeit in der deutschsprachigen Literatur, sehr gnädig. Auch Rilke und Böll, Kafka, Frisch, Dürrenmatt und eben Grass. Die kannte sie aus ihrer Münchner Studienzeit. Sie waren fast Kolleginnen, hatte Silvia Sommerlath doch als Dolmetsch für Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Schwedisch gearbeitet, dazu noch die schwedische Gebärdensprache erlernt. Die Königin war offensichtlich gut gebrieft worden über die Gäste des Abends. Auch Zhenja hatte sich vorbereitet und schenkte der Königin ein Foto von sich in Berlin 1945 in der Uniform der Baltischen Flotte. Sie sah aus wie eine dunkelhaarige Marlene Dietrich.

Das Unglück war, dass Zhenja und Natascha nicht nebeneinander an der Tafel platziert worden waren, sondern nach den Gesetzen der Diplomatie, also der Kommunikationsfähigkeit. Zhenja kam neben dem schwedischen Dichterfürsten Tomas V. zu sitzen, auch ein Nobelpreisträger, dessen Deutsch blendend war. Sie kannte seine Gedichte in russischer Übersetzung und schätzte sie. Er war überglücklich über seine Nachbarin, mit der er sich über Marina Zwetajewa, seine Lieblingsdichterin, austauschen wollte. Was halten Sie von der Beziehung von Marina Zwetajewa zu Rilke, von „Meinem weiblichen Bruder“, wie sie ihn in einer hymnischen Schrift nannte. War da mehr? Und natürlich Marina Zwetajewa mit Anna Achmatowa vergleichen. Rilke und Lou Andreas-Salomé? Rilke und Russland? Ernst, oder nur Schwärmerei und Wortgeklingel wie so vieles bei Rilke?

Natascha saß weit weg, verdammt zwischen die Vertreter der russischen Botschaft, sie verdrehte die Augen ins Weiße und machte ein Gesicht wie ein sterbendes Pferd. Als Vorspeise wurden verschiedene Früchte des Meeres, Schätze der Ostsee, gereicht, reich garniert nach schwedischer Art. Ein Heer von Livrierten schritt an den langen Tischreihen entlang, bot große Platten an und legte auf. Es musste schnell gehen und reibungslos wie ein Uhrwerk, waren doch 1200 Gäste in einem eng begrenzten Zeitraum abzufüttern. Zwischen den Häppchen mit Dorsch, Lachs und Kabeljau, Thunfisch, Krebsen und Krevetten lagen Salatblätter, fein ziselierte Petersilrosetten, gedrechselte Zwiebelringe, zu Spiralen geschnitzte Kohlrabis, gesplittete Zucchini- und Gurkenscheibchen, aufgedröselte Broccoliköpfchen, gekringelte Passionsfrüchte, aufgezwirbelte Zitronenhälften und zu kleinen Kugeln gedrehte Karotten, das frischeste Orange, das sie je gesehen hatte. Sie meinte, alles war genau zu erkennen und blickte durch den Saal hinüber zu Natascha. Diese nickte aufmunternd, und so langte sie zu.

Bei Zweifeln hätte sie normalerweise die Brille genommen oder Natascha gefragt. Aber an der königlichen Tafel wagte sie nicht, ihre Brille aus dem Täschchen zu nesteln und aufzusetzen oder den berühmten Tomas V. zu fragen, ob das Orange auch sicher Karotten seien. Was denn sonst, doch keine Orangenschalen. Als sie den ersten Bissen nahm und die vermeintlichen Karotten ihre Kehle passierten, war es schon zu spät. Sie bekam einen Erstickungsanfall und fiel dem schwedischen Dichter in den Frackschoß wie eine welke Blume. Sie verlor so schnell das Bewusstsein, dass sie den kurzen Aufruhr, der danach entstand, nicht mehr miterlebte. Histaminischer Schock mit Atemlähmung. Zhenja wachte erst drei Tage später in einem Krankenbett des Karolinska auf, nachdem man sie künstlich beatmet hatte. Natascha war Tag und Nacht um sie, Grass hatte ein Bett für sie ins Zimmer stellen lassen und den Krankenhausaufenthalt bezahlt. Von den täglichen Besuchen der Grassen hatte sie nichts mitbekommen. Der Tisch und das Fensterbrett waren voll mit Blumensträußen und Bonbonnieren. Tomas V. hatte einen Strauß weißer Rosen geschickt mit herzlichen Genesungswünschen in Form eines deutschen Sonetts, las sie später im Briefchen. Sie war drei Tage mehr tot als lebendig gewesen, erzählte ihr Natascha. Wären sie beisammen gesessen, hätte die Tochter das Unglück verhindern können, denn sie würde erkannt haben, dass das Orange nicht von frischen Karotten stammte, sondern von Kaviar, auf den Zhenja allergisch war. So schwer, dass es lebensbedrohlich war, wenn sie nur mit ihm in Berührung kam. So ungewöhnlich und unglaubwürdig für eine Russin wie für einen Franzosen eine Weinallergie.

Zhenja kicherte still in sich hinein, wie sie dem schwedischen Langweiler mit seinem Russenschwarm entgangen war. Sie war völlig gelassen und schuldfrei gegenüber dem Tumult, den sie an der königlichen Tafel auslöste, hatte sie doch keine Erinnerung daran, nur Natascha bedauerte sie zutiefst, dass sie ihr so große Sorgen bereitet hatte. Sie entschuldigte sich tausendmal bei ihr für den Kummer, aber nie direkt, sondern stellvertretend bei mir. Ich diente ihr als punching ball, ihr mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa, das sie gegenüber Natascha nie aussprach. Sie verstanden einander ohne Worte, eine dichtere Symbiose zwischen Mutter und Tochter habe ich nie davor oder danach erlebt. Sicher eine Krankheit, auf beiden Seiten.
Ihr erster Mann war in den ersten Kriegstagen in Weißrussland gefallen, ihr zweiter nach der Geburt von Natascha, an einer Überdosis Alkohol. Vor lauter Freunde, sagte sie, andere sagten, er war immer schon Alkoholiker, ein ganz normaler Russe eben.

Wie oft hatten wir dieses Spiel gespielt: Mit wem würdest du am liebsten essen gehen? Sie immer mit Kafka, ich immer mit Dostojewski. Aber entschuldige, Zhenja, du weißt besser als ich, welch schwieriger Esser Kafka war. Natürlich wusste sie das besser als alle anderen, hatte sie doch die erste Übersetzung vom „Brief an den Vater“ erstellt, das berühmte schwarze Bändchen von 1963, einem kurzen Moment in Chruschschtows Tauwetter, und später nach der Perestroika alle seine Tagebücher. Bei Austriazismen war sie manchmal unsicher und zog mich zu Rate. Sie liebte Kafka und nannte ihn ihren Herzensbruder, den kleinen, klugen Bruder, den sie sich immer gewünscht hatte.

Das wäre kein fröhlicher Schmaus geworden, was er aß und so wie er aß, wandte ich ein. Übrigens, Dostojewski war auch kein angenehmer Tischpartner, das getreueste Abbild von sich selbst hat er in den „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ abgegeben, an denen ich mich mein ganzes Studium hindurch abarbeitete. Er war ein Rüpel und hat die Tischmanieren seiner sibirischen Katorga nie abgelegt. Du weißt doch, wie Turgenjew ihm in Baden-Baden aus dem Weg ging, weil er sich so sehr für seinen ungehobelten Landsmann genierte.

Aber genau das macht den Franz zu meinem Herzensbruder, mein Bruderleben, wir haben so vieles gemeinsam. Er war nicht kompliziert, wenn man ihn nur sich selbst sein ließ. Wir hätten jiddisch miteinander geredet und gemeinsam über Löwys Theatertruppe gelacht. Er lachte ja so gerne, am liebsten über seine grausamsten Texte, wenn er sie vortrug. Max Brod schildert die Szene, wie er sich beim Vorlesen der „Strafkolonie“ vor lauter Lachen verschluckte und außer Atem geriet.

Dann ging es weiter mit den Träumereien. Glaubst du, du hättest ihn retten können? Ja, war sie überzeugt, vielleicht nicht physisch, vor der Tuberkulose, aber seelisch, ich hätte ihn von seinem Leiden an der Jüdischkeit befreit. So wie Dora, aber da war es schon zu spät.

Aber Zhenja war Zhenja geblieben, auch nach dem traumatischen Stockholm. Sie konnte bei aller Gebrechlichkeit schon wieder scherzen: Da haben wir’s, voilà, der Beweis, mein Körper ist doch mehr jüdisch als russisch. Zhenja war in einem ukrainischen Stedtl geboren und aufgewachsen, mit Jiddisch als Muttersprache, mit strengen Bräuchen, die sie allerdings schon lange nicht mehr einhielt, bis auf die Lebensmitteltrennung. Schade um das schöne Dinner, schade um die sechs weiteren Gänge. Auch das ein Scherz, denn sie hätte es auch bei voller Gesundheit höchstens bis zum zweiten gebracht. Seit sie die 900 Tage und Nächte der Belagerung Leningrads und den großen Hunger überlebt hatte, konnte sie nur gerade so viel essen, dass sie nicht verhungerte. Sie kannte seit damals keinen Appetit und keinen Hunger mehr. So war der Große Vaterländische Krieg für sie nie zu Ende gegangen.

Wie weit meine Brillenwarnungen sie beim Dinner im Schloss beeinflusst haben, ich weiß es bis heute nicht. Sie hat es mir nie erzählt, und ich habe trotz unserer Freundschaft nicht zu fragen gewagt.

28.12.21

Veronika Seyr
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www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 22012

 

Küchenkulturen von New York bis Moskau 4

Brautkauf in Tiflis bei Chatschapuri und Zinandali

Winter und Frühjahr 1991 waren in der verbleichenden Sowjetunion eine sehr unruhige Zeit.
Für Journalisten gab es natürlich nichts Aufregenderes, als einer Supermacht beim Sterben zuzusehen. Unabhängigkeitsbewegungen und nationale Streiks flammten im ganzen Land auf, keine der 15 Sowjetrepubliken blieb verschont. Es war klar, das Haus brannte lichterloh, es gab nichts mehr zu löschen.

Ich raste mit meinem Team durch das Riesenland und machte Momentaufnahmen von einer Zeitenwende. In der Ukraine gärte es schon seit den späten 80er-Jahren, zuerst die heftigen Bergarbeiterstreiks, wo soziale Fragen im Vordergrund standen und später in nationale Bewegungen übergingen. Am Beginn des Jahres meldeten sich die baltischen Staaten mit Unabhängigkeitsforderungen, dann kam Belarus und schließlich im April war der Kaukasus an der Reihe. Besonders heftig war der Kampf um die Macht in Georgien. Also flogen Vladimir, mein Kameramann, und Pavel, der Assistent, nach Tbilisi, wo gerade der letzte Präsident Swiad Gamsachurdia in bürgerkriegsähnlichen Tumulten gestürzt worden war und sich die Provinz Abchasien für selbständig erklärt hatte.

Im Informationsministerium, wo wir uns akkreditieren mussten, teilte man uns einen Dolmetsch für Georgisch zu, obwohl wir natürlich alle Russisch sprachen, also ein Aufpasser und Berichterstatter für das MI. Das war Gigi, ein junger Übersetzer für Englisch. Es war ein außergewöhnlich schöner Mann, hochgewachsen und imposant wie ein mittelalterlicher Held. Er war lustig und gesprächig, voll von den herrlichsten Geschichten. Schnell stellte sich heraus, dass er den Job in diesem KGB-Ministerium nur angenommen hatte, um ins westliche Ausland zu kommen. Von unserem ersten, verordneten Einsatz an in Gori, Stalins Geburtsdorf, verstanden wir uns prächtig mit Gigi. Er war durch und durch westlich geprägt, keine Funke von KGB-Mentalität.
Was mich besonders interessierte, war, dass sein Vater ein Cousin des gestürzten Präsidenten war. Meinem Wink, diesen Abkömmling eines der ältesten Adelsgeschlechter kennenzulernen, kam Gigi gern nach und verschaffte uns eine Einladung ins Patriarchenhaus. Eine Stadtburg hoch über dem wilden Fluss Kura, am Rande einer Schlucht gelegen, öffnete sich für mich, und ich fühlte mich wie im siebenten Himmel. Ja, ich hatte einen Traumjob, hochaktuell im Zeitgeschehen mit Einblicken in die tiefste Geschichte.

Ein Raum, groß wie ein Rittersaal, hatte in der Mitte eine voll gedeckte Tafel, an der das ganze Geschlecht der Gamsachurdia Platz gehabt hätte. Auf einem thronähnlichen Stuhl saß ein alter, bärtiger Mann von imposanter Größe, Gigis Vater. Die Mutter und andere weibliche Personen hielten sich zum Servieren im Hintergrund. Ich wollte das Gespräch sofort auf die politische Lage bringen, hatte aber nicht mit dem georgischen Brauch der Trinksprüche gerechnet. Nach den Runden an die Gäste mussten diese ihrerseits mit den Toasts antworten, ein langes, streng festgelegtes Ritual, das in keiner georgischen Runde fehlen durfte, sei es eine Königstafel, ein Familientisch oder ein Holzbrett bei Weinbauern. Frauen sprachen keine tosti, durften nur nicken und zuprosten, daher kam ich nie zu Wort. Es dauerte gefühlte zwei Stunden, und dann brachten die Frauen die Teller und Flaschen, das Gelage konnte beginnen.

Ich bat mir aus, die starken Getränke auszulassen und gegen einen Traubensaft einzutauschen. Der Hausherr genehmigte es gnädig, befahl dafür noch mehr Obstsäfte zu bringen, von Granatäpfeln und Zwetschken, dazu alle Arten von Mineralwässern, an denen Georgien reich ist. Zu allen Arten von Getränken erklärte der Patriarch, welches Stalins Lieblingsgetränk gewesen sei: Zinandali, der Weißwein aus Kachetien, Saperavi, der dunkelste Rote, Borschomi, das grässlich salzige Mineralwasser, und Ararat 7, der armenische Edelcognac.
Die Hausfrau hatte alle berühmten Gerichte der georgischen Küche aufgetragen; die Speisen wurden nicht hintereinander serviert, sondern alles stand gleichzeitig auf dem Tisch: Chatschapuri, das Käsebrot, gefüllte Auberginen, riesige Platten mit Schaschlikspießen, Lobio, die Bohnenpaste, Sazivi, das Hähnchen in Nusssauce, Chinkali, die gefüllten Teigtaschen, Tkemali, die Pflaumensauce, das beste Ketchup der Welt.

Gigis Vater wandte sich kein einziges Mal an mich, sondern nur an die drei Männer. Obwohl ich ihm als Chefin des Teams vorgestellt worden war, begann er mit Vladimir über mich zu verhandeln. Er redete nicht um den heißen Brei herum, sondern sprach seinen Plan offen aus: Ich sollte Gigi heiraten, damit er aus dem unruhigen Land rauskam. Der alte Haudegen war sicher, dass es zu einem Krieg kommen würde, und Gigi sollte in Sicherheit sein. Er bot dafür 20.000 DM. Wir zwinkerten einander zu. Vlado ging scheinbar ernsthaft auf den Handel ein, trieb aber den Preis höher bis auf 30.000 DM. Die Eheschließung würde mich nicht belasten, denn dem Vater schwebte vor, dass Gigi einen österreichischen Pass bekommen würde, mit dem er dann weiter nach GB oder USA gelangen könnte, wo die Familie Gamsachurdia eine weitverzweigte Verwandtschaft habe.

Dass ich 15 Jahre älter war als Gigi, machte ihm auch kein Kopfzerbrechen. Die Familie würde schon das richtige georgische Mädchen für ihn finden. Er blinzelte fröhlich mit den Augen, die schon langsam glasig wurden. Ich amüsierte mich köstlich, wie der Patriarch mit Vlado einen Pakt schloss, mit vielen tosti besiegelte und mit viel Ararat begoss. Der Brautpreis war inzwischen auf 50.000 DM geklettert. Er wollte zeigen, dass es ihm ernst war, und machte sich zu einem Nebenzimmer auf, um das Geld zu holen. Aber es muss ihn jemand aufgehalten und abgefangen haben, wahrscheinlich seine Frau oder andere Verwandten, er kam nicht mehr ins Zimmer zurück. Was der Alte wahrscheinlich nie erfahren hat, war, dass Gigi und ich uns tatsächlich näherkamen und er in den nächsten Monaten jedes Wochenende etwas Wichtiges in Moskau zu erledigen hatte.

Ich lernte Georgisch, Gigi brachte Schallplatten mit georgischer Musik mit, dazu viele Speisen und Getränke, solange, bis ich auch schon bald meinen Lieblingsweißen- und -roten hatte, meine Wohnung füllte sich mit Souvenirs, und ich begann unter Gigis Aufsicht, mit georgischen Speisen zu experimentieren, und habe bis heute damit nicht mehr aufgehört.

Veronika Seyr
www.veronikaseyr.at
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www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 21132

 

Küchenkulturen von New York bis Moskau 3

Asja fiel mir sofort auf, als ich sie zum ersten Mal sah, beim Botschaftsempfang zum Nationalfeiertag. Sie servierte Tabletts mit Getränken und Kanapees, in einem schwarzen Kleid mit weißem Schürzchen. Die Frau war über 50, und für eine russische Frau in diesem Alter auffallend schlank und zart. Das glatte, schwarze Haar hatte sie zu einer eleganten Spirale aufgesteckt, das schmale Gesicht war vollständig ungeschminkt. Sie hätte in jedem Lokal zwischen Wien und Paris servieren können. Sie zog mich an. Als ich sie kennenlernte, erfuhr ich, dass sie aus der südossetischen Provinz Georgiens stammte, aber schon lange in Moskau lebte.

Sie war Köchin in der Schweizerischen Botschaft und hatte einen sagenhaften Ruf. Mit der Chefin Heidi T. war ich befreundet, und sie erlaubte, dass Asja, einigen unserer Diplomaten bei Empfängen und Dinners aushalf. So engagierte ich Asja für einen österreichischen Adventabend in meiner Dienstwohnung. Und wie kann eine österreichische Vorweihnacht stattfinden ohne Vanillekipferl?

Ich kaufte selbst alle Ingredienzien ein, den Vanillezucker hatte ich aus Österreich mitgebracht. Das Briefchen von Dr. Oetker zeigte auf der Rückseite ein Vanillekipferl, darunter das Rezept und die Anleitung. Ich konnte Vanillekipferl seit meiner Kindheit selbst machen, hatte ich mit meinen Schwestern doch unter der Anleitung unserer Mutter hunderttausende Kipferl hergestellt und vielleicht ebenso viele gegessen. Teig kneten, immer und immer wieder, bis zur richtigen Konsistenz. Dann ruhen lassen.

Aber derzeit hatte ich extrem viel zu tun, und ich würde keine Zeit zum vorweihnachtlichen Backen finden. Ich übersetzte für Asja den Text, schreib einige Arbeitsanweisungen dazu, stellte das Backblech auf den Ofen, eine Schale für das Zucker-Vanille-Zitronenabrieb-Gemisch zurecht, dazu eine Blechdose, mit Seidenpapier ausgeschlagen, in der sie die fertigen Vanillekipferl aufbewahren sollte. Am Tag davor erklärte ich Asja in meiner Küche noch einmal alles und zeigte ihr die Zutaten. Sie war hell, klar und schnell auffassungsfähig. Sie hatte schon mehrmals bei mir gekocht, noch öfter serviert, sie kannte sich aus in meinem Haushalt.

Kein Problem. Es würde alles gutgehen. Von Besuchen in der Schweizerischen Botschaft hatte ich die Erfahrung, dass sie die kompliziertesten Speisen aus aller Herren Länder köstlich und ansehnlich zuzubereiten wusste, die sie sicher nicht aus ihrer südossetischen Heimat kannte.
Schließlich rissen sich alle Kolleginnen um Asja, sei es als Köchin, Servierkraft oder Schulter zum Ausweinen, zumindest für die, die der russischen Sprache mächtig waren. Auch sie schüttete mir ihr Herz aus, bei mir ist alles gut, aber Mann, Sohn.
Bei mir waren es die heimischen Vanillekipferl, die ich ihr anvertrauen wollte. Als ich spätnachts und erschöpft von meinem zweitägigen Besuch aus Minsk in meine Wohnung am Ukrainski Bulvar zurückkehrte, lag ein leichter Hauch von Vanille über den Zimmern.
Fein, danke, Asja.

In der Küche stand die mit geschmückten Christbäumen und Engeln verzierte Blechdose auf der Anrichte, genau dort, wo ich sie hingestellt hatte. Ich befreite mich von meinen hochhackigen und völlig durchnässten Stiefeln und öffnete erwartungsvoll die Keksdose. Blanke Leere gähnte mir entgegen. Hastig durchstöberte ich alle Küchenschränke, nichts. Ich sah mich in der Küche um, alles blitzblank sauber, nicht das geringste Bröserl. Wie immer, Asja war immer perfekt.
Danke, Asja!

Da entdeckte ich, dass das Fach für die Backbleche neben dem Herd leer war.
Das brachte mich auf den Gedanken, im Rohr nachzusehen. Ich ging in die Knie und öffnete die Tür.
Was sah ich dort? Das ganze Backblech war ausgefüllt mit einem einzigen, großen Vanillekipf. Sie hatte genau nach dem Bild auf dem Oetker-Briefchen die ganze Teigmasse zu einem einzigen Riesenkipf verarbeitet, fein mit Zucker überstreut, noch immer duftend, aber leider steinhart.
Nachdem wir gemeinsam unmäßig gelacht hatten, zerschlugen wir den Kipf mit einem Hammer in kleine Teile, um nicht zu sagen in Brösel, und füllten sie in die Keksdose. Wie soll ein Mensch aus Südossetien denn wissen, dass es Kipferl und einen Kipf gibt. Sie hatte sich genau an das Rezept und an das Bildchen auf dem Oetker-Päckchen gehalten.
Danke, Asja!

Bei jedem Besuch von Asja in diesem Winter pickten wir Vanillekipf-Krümel aus der Keksdose und lachten uns krumm und bucklig. Es erleichterte sie, hatte sie doch einen Alkoholiker-Mann zu Hause, einen Afghanistan-Veteranen, und einen Sohn, der sich zum Kämpfen nach Tschetschenien gemeldet hatte.
Asja, mit welcher südossetischen Speise hätte mir etwas Ähnliches passieren können?
Hm, vielleicht mit den Teigtaschen, den Chinkali. Aber wir brauchen keinen Oetker mit dummen Bildern. Das hätte dir schon deine Mutter oder die Schwiegermutter beigebracht.
Auch bei den Georgiern eine Leibspeise. Übrigens, auch kipferlähnlich, mit Füllungen aus Kräutern, Erdäpfeln, Käse oder Pilzen.
Und wir zerkugelten uns noch immer über den Vanille-Kipf, als im TV Präsident Boris Jelzin das Zepter an einen kleinen, unbekannten KGBler namens Putin übergab.

16.12.21

Veronika Seyr
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Küchenkulturen von New York bis Moskau 2

Von Crepes, Apfelstrudel und Vanillekipferln

Im Haus der Wagners in New York war ich mehr Haustochter als Au-pair-Mädchen.
So etwa freute sich die älteste Tochter Kit, damals im letzten Jahr der High School, über mich als ältere Schwester und als Entlastung gegen ihre kleinen Geschwister.
Sie bestand darauf, dass ich in ihrem Zimmer schlief, ihre Kosmetika benutzte und sie mich an ihrer Garderobe teilhaben ließ. Die Kultur der BHs war eine Erleuchtung für mich. Sie weihte mich ein in die Geheimnisse des Beine- und Achselrasierens, des Körperpuderns und der Tampax. Stolz präsentierte sie mich in ihrer Klasse, ihre Lehrer luden mich ein, etwas über mein Heimatland zu erzählen und den Unterschied zwischen Austria und Australien zu erklären. Alle waren begeistert, ein lebendes Exemplar aus dem Land des „Sound of Music“ vor sich zu haben, dessen Melodien damals alle kannten und nachträllerten. „Edelweiss, Edelweiss.“

Zum Nations Day der High School etwa sollten alle ausländischen Angehörigen in ihren Trachten in die Schule kommen und etwas Landestypisches mitbringen. Kit wollte mich dabei haben, und ich fühlte mich doppelt geehrt. Aber was anziehen und was mitbringen? Zum Glück blieb genügend Zeit, um mir von zu Hause mein Salzburger Dirndl schicken zu lassen, man hatte es mir erst in meinem letzten Salzkammergut-Sommer schneidern lassen. Die Familie Wagner war begeistert, sahen sie doch in mir eine Ähnlichkeit mit Maria, dem Kindermädchen der Familie Trapp. Als ich erwähnte, dass meine Mutter mit einem der Trapp-Mädchen in die Schule gegangen war, flippten sie vollständig aus. Da ich Salzburger Nockerl nicht beherrschte und sich diese überdies nicht für Transport und öffentliche Präsentation eigneten, verfiel ich auf den Apfelstrudel, der ja auch in New York bekannt war, weil ihn die Wienerwald-Restaurantkette anbot, garniert mit Ice Cream oder Marshmallows.

Die Familie Wagner hatte mich kurz nach meiner Ankunft in ein Kino der Radio City eingeladen, wo Sound of Music in Endlosschleife lief – der ganze Saal sang die Lieder lauthals mit – und danach führte sie mich in das Wienerwald auf der 5th Ave. Kit hatte den Film schon fünfmal gesehen und kannte sogar alle Dialoge auswendig.

Zusammen mit dem Dirndl ließ ich mir fertigen Blätterteig schicken – von meiner Mutter gemacht und abgepackt, weil es industriell gefertigten im Jahre 1967 noch nicht gab. Die Zutaten mussten sich finden lassen: Äpfel, Brösel, Rosinen, Butter, Ei, Zucker – alles keine Hexerei, dachte ich. Als ich alles feinsäuberlich beisammen hatte, schritt ich ans Werk. Leider war ich noch so ein Greenhorn, dass mir nicht auffiel, dass ich salted butter gekauft hatte, denn im Haushalt der Wagners aß ich keine Butter und wusste daher nicht, dass es keine ungesalzene Butter gab, zumindest nicht in dem von uns frequentierten Supermarkt.

Zwei große Backbleche hatte ich zubereitet, eines für die Familie, eines für die Schule. Die beiden Strudelstriezel sahen wunderbar aus und dufteten so köstlich, dass alle in der Küche zusammenliefen. Zum Auskühlen stellte ich die beiden Backbleche auf die Küchenterrasse. Beim Abendessen wurden wir durch ein furchtbares Rappeln und Scheppern aus der Ruhe gerissen und wir stürmten zum kitchen porch. Ein Backblech lag am Boden und der Strudel zerschmettert am Boden, das andere auf dem Tisch war zur Hälfte weggefressen. Das Wagner-Haus grenzte an einen Wald, und Rehe, Füchse, Dachse, Eichkatzerl und Skunks querten frei das große Grundstück. Aber der Geruch war eindeutig – es muss ein Stinktier gewesen sein, das sich hier gütlich getan hatte.

Mr Wagner versuchte mit seinen Chirurgenhänden den Striezel vom Boden aufzulesen, den angefressenen ließ er den Skunks. Als sich alles beruhigt hatte, servierte Mr Wagner einige der geretteten Stücke – aber welch ein Schreck! Mein applestrudel war so grässlich und abscheulich ungenießbar, dass die Gesichter zu schrecklichen Grimassen verkamen. Oh Gott, die gesalzene Butter! Da konnte auch die dick aufgetragene Schicht von Puderzucker nicht helfen. Die kleine Amy fragte ängstlich: That’s what you like to eat in your country?
So schmerzhaft und peinlich kann das Erlernen einer neuen Kultur sein.

Die Bewohner des Waldes bekamen alles, und ich ließ mir bis zum Nations Day noch auf die Schnelle eine Dose Mozartkugeln schicken.
Ich dürfte nicht allzu unangenehm aufgefallen sein, zumindest bekam ich im nächsten Quartal eine Einladung der Hudson High School, einen Kurs in „European Enlightment“ für die Schulabgänger zu halten.

16.12.21

Veronika Seyr
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Küchenkulturen von New York bis Moskau 1

Von Crepes, Apfelstrudel und Vanillekipferln

Weihnachten 1967 verbrachte ich bei meiner Gastfamilie in New York als Au-pair-Mädchen. Im fünften Monat dachte ich, ich bin einigermaßen amerikanisiert, ließ mich auf alles ein und probierte alles aus. Meine Gastfamilie war entzückt von meinem britischen Akzent, den man mir in der Schule beigebracht hatte; aber ich wollte schnell Amerikanerin werden und stieg rasch von biscuits auf cookies um.
Ich war Gesellschafterin bei einer halbblinden Frau, große Schwester einer Siebzehnjährigen und Helferin bei zwei behinderten Kindern. Vera hatte Jugenddiabetes und war mit 40 fast erblindet. Die Mutter meiner Schützlinge, Mrs Wagner, oder Vera, wie ich sie inzwischen anreden durfte, bat mich einmal, „Crepes“ als Vorspeise zuzubereiten. Sie liebte es, mich Vero’ zu nennen, und lachte herzlich über Vera und Vero’. Ich las ihr oft vor, am liebsten waren ihr Baudelaire und Jane Austen.

Der Haushalt hatte zwar ein Hausmädchen aus Norwegen, einen mexikanischen Gärtner, ein Kindermädchen aus Schweden und eine Köchin aus Irland, aber Spezialaufträge gab sie gerne an mich. Als hollandstämmige Einwanderertochter hatte sie eine Schwäche für Austria. Ihre Eltern, das Ehepaar Finkernegel, pflegten Urlaub an Österreichs Seen zu machen.
Vero, you know crepes?
Yes, of course, I do, Vera.
Look, here is the right pan for crepes.
Vera, schon fast erblindet, kramte im closet unter all den Töpfen und Pfannen und ertastete eine Platte mit Elektroanschluss, die sie mir hinstellte. Kurz war ich verwundert, vergaß es aber wieder.
That’s the right thing. We are going to be about ten persons around the table.
Fine. I’ll make it.
Ich erinnere mich genau, wie ich erstarrte, als mein Gehirn Krebs in cancer übersetzte, war doch mein Gastgeber, Prof. DDr. Richard Wagner, Vicepresident of the Medical Society, einer der bedeutendsten Krebschirurgen New Yorks. Oft kam er spät nach Hause und hatte sieben- bis zehnstündige Operationen hinter sich.

Mein Englisch war nicht schlecht nach einem Provinzgymnasium, aber ich hatte keine Ahnung von französischer Küche und verstand „Krebs“. Ich machte mich im örtlichen Supermarkt auf die Suche nach Krebsen.
Weder Scampi noch Shrimps waren bis dahin in meinem Wortschatz aufgetaucht, 1967 aus Wien nach New York verpflanzt. So ist das Hirn, es geht immer von Bekanntem aus.
Natürlich fand ich keine solchen Tiere, wie ich sie aus den Mühlviertler Bächen kannte, die ich mit Brüdern, Cousins und örtlichen Buben entlang der überhängenden Ufer „ausgenommen“ hatte.
Diese grau-grünen Tiere haben wir an Lagerfeuern gebraten, zusammen mit Forellen, wenn wir Glück hatten. Heimlich, weil illegal. Am Dimbach, am liebsten zwischen der Mühle und dem Schmied. Der Giessenbach war zu steil und zu wild. Ich war da gerne dabei, froh, dass mich die Buben mitnahmen, weil geschickt mit den Händen, aber noch zu klein, für solche Raubzüge verantwortlich zu sein.

Ich las aufmerksam den Aufdruck auf der Packung: Boil in salted water an then …
Die Shrimps waren klein und rosig, schrumpelig wie die billige Extrawurst im Mayonnaisesalat, den wir am Weihnachtsabend bei uns zu Hause bekamen. Mit Hörnchen, Gurkerln, gekochten Eiern und Kapern, viel Mayonnaise, einem Spritzer Zitronensaft und obendrauf Schnittlauch.
Wir liebten es, diese Hörnchen zwischen den Lippen und dem Gaumen auszuschlürfen und überboten uns mit unanständigen Geräuschen, die nur zu Weihnachten geduldet wurden. Hörnchen fand ich auch nicht, aber die dicken, kurzen Makkaroni waren einigermaßen Ersatz dafür.
Also stellte ich die große Schüssel auf den Tisch und erwartete Lob. Mir schmeckte es.
Veronica, what is this? Where are the crepes?
It is your Krebs-Salad, as you told me.
But I told you crepes!
But theese are the Krebs!

Aufklärung, viel Gelächter und Makkaroni-Schlürfen. Die Amerikaner sind freundliche und tolerante Menschen, auf jeden Fall in diesem Milieu. Es schmeckte ihnen, allerdings anders als die dünnen, geschmacklosen französischen Palatschinken.
Vera, ihr Mann Richard, die Kinder und alle Gäste waren hochzufrieden mit meiner Vorspeise.
Meine amerikanische Gastfamilie erzählte diese Anekdote noch oft unter viel Lachen bei ihren Dinners weiter. Der „Kreps-Salat“ wurde noch oft von mir verlangt und als Tradition in die Familie aufgenommen. Veras Eltern, die Finkelsteins, gebürtig aus den Niederlanden, erzählten mir später von ihren sprachlichen Irrtümern. An Beispiele kann ich mich leider nicht mehr erinnern.

Ich weiß nicht mehr, für welche Gelegenheit ich Vera versprochen habe, einen typical Viennese Apfelstrudel zu machen.

15.12.21

Veronika Seyr
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