Kategorie-Archiv: Claudia Lüer

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Leben

Die Gänge des Lebens
verschachteln sich
sorgen für Verwirrung
im Herzen
schmerzen
je mehr Jahre es frisst
Straßenverläufe
können kompliziert
unübersichtlich
und verworren werden
verwirren
lassen verirren
weil die Richtung
nicht klar erkennbar ist
manche Wegweiser täuschen sogar
falsche Fährten vor
erweisen sich nicht
als hilfreich und
mit den Jahren
häufen sich Sackgassen
die eine ungebremste Fahrt
erschweren
oder gar
ganz blockieren
zurück geht es nimmer

Wege verschmälern sich
von Zeit zu Zeit
und am Straßenrand
lauert Gesagtes
das sich nicht mehr
verrücken lässt
sorgt für überraschende Fortläufe
die so
nicht geplant waren
sowieso
ist die Reise
nicht planbar
unvorhersehbar
mal bunte Blumen
dann karges
felsiges
Ungesagtes
das den Weg versperrt
unerhört
den Fluss stört
und Verdruss
ist unausweichlich

Wahre Lebenskunst beweist
wer sich im Schildergewirr
nicht verirrt
sich im richtigen Tempo
fortbewegt
nicht zu schnell
und nicht zu langsam
sich nicht verrennt
mögliche Beifahrer
die zur Entwirrung beitragen
erkennt
und den falschen
die Tür verschließt
einen Stau
schon von Weitem wittert
großräumig umfährt
und dabei
über eine fast vergessene
duftende Blumenwiese fliegt
die dich in eine andere
Richtung denkt
verloren geglaubte Träume
wiederbelebt
die Sinne anregt
deine Bahnen leerfegt
und dich in freier Fahrt
durch dein Herz lenkt

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt und unerHÖRT!| Inventarnummer:  23115

Wenn das Herz bricht

Wie schon so oft, bricht wieder mir das Herz
obwohl ich dachte, dass ein neuer Schmerz -
und sei er noch so monströs - ihm nichts mehr machte,
dass es als Spezialist des Leids ihn beherzt verachte,
und durch Erfahrung gescheit aus seinem Bannkreis verlachte.
Ja, ich dachte wirklich, ich wär jetzt so weit.

War überzeugt, ich wär vor allem gefeit.
Wär taub, wenn mein Herz in aller Dringlichkeit
um Hilfe schreit, und legte mir vorsorglich
einen Schutzpanzer zu, der in aller Ruh genau dann,
wenn das Tor weit offen steht, tut, was er kann,
sodass mir ein Schmerz nicht mehr so tief zu Herzen geht.

Mir stellt sich die Frage, wie oft mein Herz
noch brechen kann und ob es nicht dann und wann
zu voll wird darin, ich des Leidens müde bin,
weil ich eh schon so viel Unrat in mir trag,
der mich, ganz ohne Wert, sinnlos beschwert, im Herzen gärt
und drückt bei jedem Schlag.

Der meine Freude, die vor Angst zittert, in die Ecke schiebt
und mein Herz innerlich knittert und deformiert,
sodass ich staune, weil es überhaupt noch so gut funktioniert.
Kommt da noch mehr? Ein Schmerz, der mich entliebt,
der so groß ist, dass es nie wieder Ruhe gibt,
an dem es zerbricht, weil es sonst sein Gesicht verliert?

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary und unerHÖRT!| Inventarnummer: 23112

Das Blau in deinen Augen

alles fließt nichts bleibt wie es ist
Leben schießt vorbei treibt mich an
und reibt mich auf mal steil
bergauf dann pfeilschnell Schuss ins Tal
mit Verdruss und Qual
im Sternenglanz und ganz
leicht und seicht umweht
meinen Sinn und steht
nicht still fragt wer ich bin
was ich will und erreicht
vielleicht mein Herz aus Stein
dass es erweicht und rennt
permanent wirft Licht
dann Schatten auf mein Gesicht
heute bunt morgen grau
beschwert blüht auf
ich werd nicht schlau
sieht mich an merkt nicht
wenn ich nicht mehr kann
dass ich frier meine Kraft
verlier und der Wind
sich besinnt er steht still
weil ich kurz innehalten will
zwei Gang runterschalten
solang mein Glück verwalten
einfrieren mit Stille umrahmen
das Morgen planen mal pausieren
von der Fülle zehren neu begehren
den Motor instand setzen
die verletzten Saiten stimmen
schöne Töne schätzen
und halten Berge erklimmen
das Toben von oben besehen
und zwei Schritte rückwärtsgehen
dabei ganz neu verstehen

doch das geht nicht
denn das Fass dreht sich
unermüdlich weiter Zeit
steht nicht still Vergänglichkeit
macht sich breit mehr als ich will
aus himmelblau wird grau
und bis gerade eben
wusst ich’s nicht genau
nur wenn ich im Licht
tief in deine Augen schau
bleibt die Zeit stehn
und ich kann in deinem Bann
wenn ich dem Fluss entrück
ein Stück
Ewigkeit sehn

und schon ist’s vorbei
wieder treibt die Zeit
alles fließt nichts bleibt wie es ist
Menschen warten am Rand
reichen mir die Hand
und geraten voller Kraft in meinen Fluss
ich muss ganz gerissen
schnell wissen wer ein Stück
mit mir schwimmt mein Glück
mitbestimmt meine Lieder
mit mir singt immer wieder
mich beschwingt für wen
meine Tore offen stehn
und die andern lass ich gehn
mal ohne mal mit Bedauern
über Mauern vor mir fliehn
weg in andre Herzen ziehn
denn Menschen kommen Menschen gehen
und nur die Veränderung bleibt uns treu
formt uns immer wieder neu

alles fließt und mit Sicherheit
bleibt nichts wie es ist Zeit
frisst sich in mein Herz
dämpft den Schmerz und die Wut
kocht das Blut auf nichts ist Verlass
auch nicht auf dein Lächeln
wenn du von uns sprichst
nur das Blau das ich seh
wenn ich in deine Augen schau
das verändert sich nicht
ich bleib stehn und ich kann
in deinem Bann darin im Licht
wenn ich dem Fluss entrück
ganz kurz ein Stück
Ewigkeit sehn

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: ¿Qué será, será? und unerHÖRT!| Inventarnummer: 23090

Von Zeit zu Zeit vermiss ich dich

Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt
und aus der Tiefe unserer Augen blitzt
verschmitzt die verwandte Seele. In unsren Adern
fließt das gleiche Blut, vielleicht hadern
wir mit der gleichen Wut und mit ähnlichen Sorgen.
Und in unsrem Innern verborgen
liegt der gleiche Kern, der einst mit der vertrauten Wärme umhüllt
und sich bis heute aus dem gleichen Liebesfluss füllt.

Deshalb will mir so oft
nicht in den Kopf,
wie es sein kann,
dass ich den Mond einfang
und du die Sonne …
Und mein Herz wird ganz schwer,
weil ich mir so sehr wünsch,
dass es anders wär.

Ich frag mich, wann es geschehen ist,
dass ich nicht mehr sah, wo du grad bist,
schwimm kraul durch mein Gedankenmeer,
dreh mich im Wasser hin und her,
tauch bis zum Grund, schwimm dann rund-
herum im Kreis, denk mir meine Synapsen wund
und kann ihn nicht sehn,
den wahren Grund als kostbaren Fund am Meeresgrund, um zu verstehn.

Dann rätsele ich, wie es sein kann,
dass ich den Mond einfang
und du die Sonne …
Warum wir wie Feuer und Wasser sind
und ich partout keine Antwort find.
Vielleicht ist es einfach zu lang her.
Doch von Zeit zu Zeit
da vermiss ich dich sehr.

Heute Nacht hab ich mit dir getanzt,
wir haben gelacht, und ich fühlte du kannst
mir endlich verzeihn, hast mich so liebevoll angesehn,
ich wollte mich immer weiterdrehn,
vom Glück beschwingt, das in mir ums Überleben ringt,
weil du im Licht zur Wirklichkeit mutierst,
und wenn der Tag ausbricht dein Lachen verlierst,
dann löst sich für mich dein Gesicht auf im Sonnenlicht.

Doch solang
ich ab und an
von dir träumen kann,
ist es nicht mehr so schwer,
dann hol ich dich her
und tanze mit dir.
Niemand kann mir
meine Träume nehmen.

Ich will sie dicht ins Leben weben,
um dem Tag mehr Farbe zu geben.
Denn in meiner Fantasie
sind Mond und Sonne in Harmonie.

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt und unerHÖRT!| Inventarnummer: 23081

 

Zurück auf Start

Manchmal würd ich gern auf sicheren Wegen gehen
und als sorgloses Blatt zurück in meine Kindheit wehen,
die ihr mit Argusaugen bewacht und mit Bedacht
von Stolpersteinen befreit habt, sorgsam mit Moos ausgebettet,
damit ich nicht hart aufschlag, wenn ich fall und mir bloß
ein paar Kratzer hol, die in eurem weichen Schoß
sekundenschnell heilen. Weil ihr mich selbstlos rettet,
schützend euer Herz über mich stülpt und alle lauernden Gefahren ankettet.

Manchmal würd ich gern auf sicheren Wegen im Regen abends um halb acht
zu euch nach Hause kommen, wüsste, ihr hättet mir einen warmen Kakao gemacht,
und sähe schon von Weitem das helle Licht in euren Herzen
durchs Zimmerfenster schimmern, das mich zu euch lenkt
und mich dann, in kusch’lige Decken gehüllt, mit all eurer Liebe beschenkt.
Und alles läge noch unberührt vor mir, im Flackerlicht bunt bemalter Kerzen,
wie frisch gefallener Schnee in eurem Garten, in dem ich arglos eine Runde dreh.

Doch dieses Mal ginge ich ohne Umwege und immer geradeaus aus dem Garten heraus, würd so gern einfach nochmal neu starten.

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary und unerHÖRT!| Inventarnummer: 23068

Herzensmenschen

Falls ich mal wieder nachts um vier
aufwach und an den Füßen frier,
mich nur noch hin- und herwälze,
besser aufsteh und bei einer Tasse Tee
ineinander verkeilte Gedankenkristalle schmelze
und dabei über schlecht verheilte Narbenböden geh,
mich in die Stille der Nacht hülle und ihren Worten ehrfürchtig lausche,
weil sie sich damit auskennt, einsam zu sein …

Und falls ich, nach einem zweiten Schluck Tee, ihrem Sog widersteh,
nicht in ihr Klagelied einstimme, dann kann ich, wenn ich in den Spiegel ihrer Augen seh,
großes Glück fühlen, springe ins Endorphinbad meiner Sinne,
um dunkle Gedanken mit Dopamin zu umspülen,
weil ich mich darauf besinn, dass ich in dieser Welt
unter dem großen, funkelnden Sternenzelt ja gar nicht alleine bin.
Denn ich hab Herzensmenschen, die in mir wohnen,
bereit, mich von Zeit zu Zeit mit einem bunten Konfettiregen zu belohnen.

Herzensmenschen können in schweren Zeiten meinen Schmerz begrenzen.
Auch wenn die Welt da draußen sich verändert, kredenzen
sie mir tellerweise Glückskekse mit aufbauenden Botschaften,
falls mir die Kraft ausgeht, schalten die Flutlichtanlage an, damit ich sie lesen kann
und nicht aufgeb. Bilden bei meinen Gipfelstürmen Seilschaften
und fangen mich auf, wenn ich mich beim Aufstieg verschätz.
Sind da, um mitanzupacken, wenn ich Berge versetz.
Tragen Bunt, wenn ich schwarzseh, und helfen mit, meine Tiefflüge zu verkraften.

Herzensmenschen falten mit mir Traumboote
und halten meine Hand, wenn ich damit durch ein Labyrinth schipp‘re,
spielen Wind, der mich über hohe Wellen fliegt,
und hauchen mir Zuversicht zu, die meine Ängste besiegt.
Spitzen meine Farben und malen nach einem krachenden Gewitter
leuchtend bunte Regenbögen in den Himmel, bestreuen sie mit Glitter
und wollen mich tragen, wenn mein Herz aufhört zu fragen
und seine Flaggen auf halbmast hisst.

Und ich find es ganz wunderbar, dass du so ein Herzensmensch für mich bist!

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt und unerHÖRT!| Inventarnummer: 23037

Verlorene Seelen oder Der Mann im Mond

Im lautlosen Dunkel der tiefschwarzen Nacht
ist er es, der über uns Menschen wacht.
Von silbernem Sand glitzert sein Rücken,
der sich sacht unter prüfenden Himmelszeltblicken
aus der hellgelben Sichel löst, der blanken,
um die sich Sterne als Lichtblitze ranken,
wie ein hohler Kern aus der schützenden Schale,
in die er sich schmiegte. Bei fahlem Licht sich wohlig wiegte.

Mit zwei glühenden Perlen die Welt beäugend,
den funkelnden Rücken vor Hingabe beugend,
sodass seinem Blick kein Kummer entkommt,
und hat er sich noch so krumm gemacht.
Und während er schon mit viel Geschick
die schmale Sichel mit Perlen bestickt, in Silbergrau,
da rollt die Strahlenfrau ihr Abendrot ein
und lacht, weil die Arbeit vollbracht.

Nun ist es perfekt, das Glitzermeer,
zufrieden und stolz blickt er umher.
Schnell fegt er noch den schimmernden Hof,
bevor er sich auf das Silberlicht schwingt,
zur Erde hinabschießt, das Mondlicht bringt
für alle, die ihn schon wimmernd erwarten,
die rastlos irren, in leeren, vernarbten
Hüllen jagen, nach dem einen Körper, in den sie passen,
wie die Hand in den Handschuh. Und erst dann gibt die liebe Seele Ruh.

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: fantastiques und unerHÖRT!| Inventarnummer: 22145

Wieder Kind sein

Manchmal, wenn ein Schmerzpfeil mitten ins Herz schießt und mein Leuchten dimmt,
zu viel negative Ladung in meinem Blut fließt und mir die positive Sicht nimmt,
nichts mehr stimmt, ich jede Veränderung beanstande, weil ich nur noch aus Angst handle,
anstatt aus dem Mut des Herzens. Dann mach ich besser einen cut.
Seh mich lieber an euch satt und nehm die Ladung raus, zieh meinen Bleimantel aus,
tauch in eure Leichtigkeit ein und will genauso begeistert sein wie ihr,
wenn ich mit ungebremster Leidenschaft ganz kreativ neue Welten schaff,
will im Agieren die Zeit verlieren und häng mich voll in den Moment hinein, um wieder
Kind zu sein.

Dann bin ich wieder echt und gerecht, denk nicht von allen andern schlecht,
schau nicht ins Gestern, nicht ins Morgen und vergesse alle Sorgen.
Steh voll für das ein, was ich seh und fühl, wenn ich mich beim Höhenflug im Sinnesrausch
auf Wattewolken abkühl, und Berechnung gegen Ehrlichkeit eintausch.
Und hör dabei auf mein Herz. In dem das Lebensfeuer Flammen schlägt,
das meine Seele trägt und Lebendigkeit raucht, die ich so dringend brauch,
bis es wieder so schön kribbelt im Bauch, weil wir im Himmel einen Looping drehn
und die Wolken von oben sehn, wenn wir nach den Sternen greifen uns mit Dopamin
einseifen.

Vielleicht lohnt es sich auch für dich, die Welt mal wieder aus der Sicht
eines Kindes zu erfassen, ganz gelassen und unbefangen zu tun, was dein Herz dir sagt,
Verpflichtungen zu lassen und mit Vertrauen in dich selbst und auf sanften Sohlen neue
Wege zu entdecken, um ganz unverhohlen deine Neugier zu wecken, mit Achtsamkeit und
Geschick den Blick auf Kleinigkeiten lenken, dem Sinnescocktail Natur pur Gehör schenken,
einfach nichts denken und von ganzem Herzen lachen, deinen Nachbarn eine Freude
machen. Und mal wieder ehrlich zu dir selbst zu sein, um wach und mit Lust in dieser Welt
zu sein. Sie mit den Augen eines Kindes zu begutachten und danach zu trachten, vieles
anders zu machen.

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt und unerHÖRT!| Inventarnummer: 22143

 

Ich will, dass alles so bleibt, wie es ist

„Kinderlachen ist wichtiger als Geld“,
sagst du, also hab ich mir neue Laufschuhe bestellt,
damit ich schneller rennen kann.
So hetz ich hinterher, will es einfangen, festhalten,
einfrieren, zweifrieren, will die Schallwellen und Gefühle pausenlos verwalten.
Neulich habe ich sogar die Wände damit beklebt,
sodass mir auch ja kein einzigartiger Moment entgeht,
denn nur so können sich die Schmerzen in meinem Herzen nicht entfalten.

Ich will einfach nicht verstehen, dass Momente vergänglich sind.
Dass sie schneller sind als der Wind und in einem Sprint
immer auf der Überholspur und dabei längst nicht mehr die alten sind.
Denn wenn ich was Schönes erleb, dann sag ich:
„Lass es uns wieder tun!“ Doch noch im selben Moment ist mir klar,
dass nichts so bleibt, wie es war.
Dass jeder Moment wie ein funkelnder Diamant ein Unikat ist und
im Zeitstrom unseres Lebens nicht wiederkehrt. Verrinnt.

Und du sagst, dass die Momente wie Sterne sind, die verglühn
und nur in unseren Herzen weiterblühn.

Dann will ich ein Sternendieb sein! Und ich schultre mein Gewehr,
bin auf der Jagd und hetz hinterher,
will sie einfangen, festhalten und glatt polieren,
will mich verausgaben, alles tun, um ihren Glanz zu konservieren.
Will sie in meine Seele brennen, damit sie für immer bleiben.
Und du siehst dabei zu, wie ich die ganze Farbpalette meines Herzens
verbrauche, um sie wieder bunt anzupinseln,
weil ich es nicht ertrage, wie sie in mir gefrieren und ihr Strahlen verlieren.

Und du sagst, dass die Momente wie Sterne sind, die verglühn,
und nur in unseren Herzen weiterblühn,
wenn ich sie lasse, wie sie sind. Sie loslasse,
weiterziehe, meinen Weg damit schmücke
mich ab und an nach ihnen bücke, aber dann wieder nach vorne blicke,
weil ich sonst den Moment, in dem ich gerade bin, verpasse,
an den ich mich irgendwann erinnern könnte, wenn ich wollte,
mit dem ich Spuren hinterlasse.

Und wenn ich eines Tages stehen bleibe, dann hab ich großes Glück,
wenn du noch bei mir bist. Und wir denken gemeinsam an all das zurück,
was schön war, können das Lachen der Kinder mit Zeit begießen.
Denn wenn es bunt und üppig weiterblüht, wird es auch in ihre Herzen fließen,
und wir beide, wir sind im großen Universum ja auch nur ein Moment,
der verglüht … Aber das ist gar nicht mehr so schlimm,
denn du hältst meine Hand, lachst mich an und sagst,
dass ich nicht vergänglich bin.

Claudia Lüer

erschienen in: Christoph-Maria Liegener (Hrsg.):
8. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2022, Tredition-Verlag

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www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt und unerHÖRT!| Inventarnummer: 22136

Liebeshymne an meine Kinder

Noch traute ich mich nicht, mit euch zu rechnen, da hab ich schon von euch geträumt,
ließ euer Lachen gegen meine Wände krachen, hab in meinem Leben aufgeräumt,
damit ich bereit war für euch. Hab eure Hände gefühlt
und an euren Haaren gerochen, mich mit euren Worten durchspült,
wollte von eurem Übermut trinken und in euren Augen versinken,
denn mir war schon immer absolut klar, ich hätte das Beste versäumt,
wenn ich am Ende ohne euch wär. – Weil ihr mein Wunder seid,
mir neues Leben schenkt und mich mitnehmt in eine Zeit, in der ohne euch nichts von mir bleibt.

Dann wart ihr da, und nichts blieb so, wie es war.
Ihr habt mich neu programmiert, meine Saiten gestimmt und meine Fehler studiert,
habt mein Herz vertieft, seid in längst vergessene Höhlen getaucht, habt mich analysiert,
mich mit Schwächen konfrontiert, die ich offenbar bisher nicht sah.
So konnte ich wachsen mit euch, mir an euch die Zähne ausbeißen,
all meine Pläne über Bord schmeißen, jeden Tag tanzen,
mich im Sprudelbad eurer Leichtigkeit verschanzen. Und ihr habt mir die Welt neu erklärt,
mir den Mut beschert, das Undenkbare zu denken, habt meinen Blickwinkel umgekehrt.

Ihr seid die Zündschnur für meine Glücksraketen
und die Quelle für meine Tränen,
habt große Träume in mir losgetreten,
seid das Pflaster für mein Sehnen.
Ich seh mich in euren Augen wohnen und hefte meinen Blick
tagtäglich voller Stolz auf euch, bin fassungslos vor Glück.

Für euch mach ich täglich zehntausend Schritte und bin auch ohne Yoga in meiner Mitte,
denn ihr zieht an meinen Zügeln, sodass ich innehalten muss
und dann nicht anders kann, als im Moment zu verweilen, ihn zu genießen,
in euch zu fließen, Sternenfunkeln zu teilen und Lachtränen zu vergießen.
Ängste zu dämmen, Sorgen zu hemmen, eure Verzweiflung und euren Verdruss
anzunehmen und zu verstehen. Euch den Rücken zu stärken und ein mutiges Herz zu formen,
dabei nicht zu vergessen, auch mal eigene Wege zu gehen.
Und Hilfe anzubieten, bei der Lösung dessen, was ich für mich bis heute nicht gelöst habe.

Und wenn ich ab und an mal meine Fühler nach innen strecke,
mich kurz besinne und die Fäden rückwärts spinne, dann krieg ich Angst und erschrecke,
weil mein Herz so schnell schlägt, die Zeit an meinem Leben sägt,
und ich mich frage, wo sind die Jahre geblieben, seh euch noch auf dem Wickeltisch liegen,
beginne zu philosophieren wie die Alten, die einst prophezeiten,
ihr werdet schneller groß, als ich denke, und muss mir traurig eingestehen, dass sie recht hatten.
Dann will ich alle Uhren abschalten, die Momente mit euch auseinanderfalten, glatt streichen
und in Marmor meißeln. Und die ganze Welt soll den Atem anhalten.

Denn ihr seid der Leuchtturm in meinem Herzen,
und der Nährboden für meine Falten.
Mit euch geh ich durch die schlimmsten Schmerzen,
kann mein Fühlen auf Höchststufen schalten,
bin um ein Grad wärmer getunt und richte meinen Blick
tagtäglich voller Stolz auf euch, bin fassungslos vor Glück.

Doch ihr lauft lachend vor mir her, taucht mich in ein Farbenmeer,
hüllt meine Seele in goldenes Licht und bestickt ihr Gesicht mit Perlen,
die funkeln und schimmern und mich daran erinnern, nicht so viel zu denken,
sondern zu leben, euch Halt zu geben, da seh ich, wie unsere Seelen tanzen vor Glück,
sonne mich in ihrem Schein und mach mir gleichzeitig bewusst, dass ich euch ziehen lassen muss, jeden Tag ein Stück.
Doch ihr schreibt mit blauer Tinte in den Himmel, dass wir trotzdem zusammen weitergehen, auch wenn wir uns nicht immer sehen.
Dass unsere Seelen sich nacheinander sehnen, sich suchen und finden, miteinander verbinden.
Und in meinem Herzen bleibt für immer für euch ein Zimmer.

Kommt, lasst uns die Zeit genießen, die wir haben, uns in den Schlaf lachen und ein wunderbares Leben machen.
Zusammen weinen, verzeihen, staunen und fragen, uns gegenseitig tragen.
Und wenn ich alt bin, dann geht ihr euren Weg. Und ich werde ganz still,
weil ich den Nachhall eures Lachens hören will, mit dem ich meine Seele befüll.
Und es wird mir eine Gänsehaut machen, die Zeit überbrücken, bis wir uns wiedersehen.
Dann streich ich über euer Haar und bin voller Glück und Staunen, strahle im Herzen,
weil es das Beste in meinem Leben war, mit euch zu sein, und freu mich schon jetzt auf unseren nächsten Tanz, halt euch ganz fest und versprech bis dahin über euch zu wachen.

Ihr seid das Konfettibad für meine Seele
und in meinem Herzen die Wunderkerzen,
der Garantieschein dafür, dass ich mein Glück nicht verfehle,
doch den gibt es nicht ohne Sorgen und Schmerzen.
Ich lieb euch mehr als mich selbst und hefte meinen Blick
tagtäglich voller Stolz auf euch, bin fassungslos vor Glück.

Claudia Lüer

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www.verdichtet.at | Kategorie: let it grow und unerHÖRT!| Inventarnummer: 22112