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Damals

Vor einiger Zeit habe ich meine Jugend weggepackt, in eine Plastikbox von IKEA. Aus der alten Kommode und den Kästen holte ich meine Tagebücher und Kalender, mein Fotoalbum aus der Schulzeit und unzählige Konzertbänder. Auch einige während einer gewagten Mutprobe geklaute Mercedessterne befanden sich darunter. Deckel drauf und auf den elterlichen Dachboden damit.
Heute habe ich die Kiste in einem Anflug von Sentimentalität herabgeholt und geöffnet.

Mein Kalender offenbart die erste unglückliche Liebe. Ich blättere ihn durch und stoße auf eine genaue Dokumentation meiner schwankenden Gefühlslagen.
Es gibt Tage mit roten Herzen und Tage mit schwarzer Schrift, deren Zeilen gefüllt sind mit Texten von Nirvana, Cheap Sex und Pearl Jam – ein bisschen Herzschmerz und ganz viel Hass. So, wie sich ein Teenagerleben eben anfühlt.
Zwischen diesen Tagen sind Zitate von Gandhi, Martin Luther King und Marilyn Monroe angeführt und dick unterstrichen –  begründet auf halbseidenem Wissen über diese Menschen und dem ewigen Suchen nach Vorbildern, die den Eltern möglichst wenig gleichen sollen.
Ich schaue auf diese Zeit mit Wehmut und einem mitleidigen Lächeln zurück. Es ist das dümmliche Lächeln einer jungen erwachsenen Frau, die ihre Erinnerungen an die damalige Zerrissenheit der Seele mit romantischen Schwärmereien überspielt.
Doch ahne ich die Schatten und die tiefen Abgründe, auch wenn sie in meinem Gedächtnis nur verschwommen sichtbar werden. Ich sehe auf diesen Seiten unendliche Verzweiflung und Tiefe, aber auch Oberflächlichkeit und Ignoranz.
Damals. So bittersüß dieses Wort. Ich seufze unwillkürlich und ärgere mich über meine unglaublich klischeehafte Reaktion.
Kaum zu glauben, dass es gerade mal sieben, acht Jahre her sein soll. Es fühlt sich an, als hätte das Leben seit damals Generationen übersprungen bis zu diesem Zeitpunkt, an dem ich mich nun befinde.
Ich kann mich nicht mehr verstehen, ich erkenne mich auch nicht wieder in den E-Mail- Auszügen oder Gedankengängen des Tagebuchs. Es ist alles zu weit weg – heute habe ich meine Anflüge von Kleptomanie in Bezug auf Mercedessterne und auch die an Bipolarität grenzenden Phasen überwunden –  ich bin mir fremd geworden.

Plötzlich stocke ich bei einer Seite des Kalenders, lese noch einmal und lache auf. Ich reiße die Seite heraus und lege sie neben die Box. Dann ordne ich alles ein und räume die Schachtel zurück auf den Dachboden.
Die herausgerissene Seite scanne ich ein und poste sie meiner ehemals besten Freundin auf die digitale Facebook Pinnwand. Binnen Sekunden wird sie geliked und kommentiert.

Das Original hängt an meiner Kühlschranktür. Jedes Mal, wenn ich vorbei gehe, muss ich lächeln.
In blauer Schulmädchenschrift meiner besten Freundin steht, unter der Angabe einer Buchseite und  der Nummer 4c (vermutlich eine verhasste Mathematikhausübung), eines der berühmten Lieblingszitate unseres liebenswürdigen, aber chaotischen und ältlichen Lateinlehrers mit Halbglatze geschrieben: „Gaudeamus igitur, iuvenes dum sumus!“
Und mein jüngeres Ich schrieb wohlwollend darunter: „Yo, bitch! Let’s do that!“

Nene Stark

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 14059

 

Der Versuch einer Würdigung eines Versuchs …

Diese Frau wurde in eine Zeit geboren, als die Männer noch richtige Männer waren und die Frauen noch richtige Frauen.
Die Emanzipation war (für  manch einen) beruhigend weit weg, auf dem Bauernhof im Mühlviertel, in dem Leben mit zehn Geschwistern, Tieren, Feldern, da war genug zu tun, und jede und jeder wusste, was anstand.
Gähnende Langeweile oder sinnloses Konsumieren gab es nicht.

Die Abwechslungen für die Kinder waren der Kirchenbesuch, Familienfeierlichkeiten, Hochzeiten, Taufen, Begräbnisse, leider, und der Schulbesuch.

Da ist irgendwie der Wurm drin, so gelingt die erhoffte schriftliche Annäherung nicht.
Ich kann zwar die Zeit zu verstehen versuchen, das Umfeld des Aufwachsens, die Umstände allgemein, was ich aber so nicht kann: erklären, warum diese Frau so ist wie sie jetzt ist, mit ihren etwas mehr als sechzig Jahren, mit einem Lebensweg, der nicht immer schnurgerade verlaufen ist, zu ihrem Glück?

Sie wollte nie zu viel, hat aber oft zu wenig bekommen, so sehe ich das.
Dabei hält sich ihr Bedauern in Grenzen, und mit Selbstmitleid hat sie wenig am Hut.
Eine einzige Frechheit ist ihre finanzielle Situation, wie die so vieler ihrer Generation (und auch die jüngerer Frauen mit „Betreuungspflichten“, wie es so schön heißt; ob es künftig besser wird,  bleibt abzuwarten):
Nach über vierzig Jahren, die der Arbeit und der Kindererziehung gewidmet waren, und das durchaus in erheblichen Anteilen und mit großer Herzlichkeit und Engagement, darf sie sich nun über eine minimale Pension „freuen“. Sie schafft das, wie so vieles andere zuvor auch.

Das Aufrappeln, das Aufstehen, Kämpfen und Weitermachen, das hat sie von ihrer Mutter. Die kam mit besagten elf Kindern und einem teilweise kranken Mann auf einem Bauernhof gar nicht dazu, ihr Los zu bedauern.
Und das Hadern mit dem eigenen Schicksal, mit den Vorgaben, die gemacht wurden: Wer das im und nach dem Krieg nicht getan hat, sieht auch in Friedenszeiten keinen Grund dafür.

Was für ein gewaltiges Erbe sie da angetreten hat, und wie sie es mit Bravour lebt, dieses bescheidene, kluge, freundliche Leben!
Diese Frau liest mehr als manch akademisch Gebildete und hat einen Scharfsinn, der immer wieder verblüfft. Woraus sie schöpft, hat sich vielen anderen, von Anfang an weicher Gebetteten, noch nie erschlossen.

Nicht der Eigennutz treibt sie an, niemals; die soziale Einstellung und der Gerechtigkeitssinn gehören zu ihrem Leben einfach dazu.
Ihren drei Kindern ist sie bis heute eine liebende, aufmerksame Mutter, auch wenn diese schon lange erwachsen sind.
Sie stand zu jeder Zeit und in jeder Situation hinter ihnen, so unterschiedlich die drei auch sind. Sie nahm ihre Kinder immer wichtiger als sich selbst und fand das selbstverständlich.
Vielleicht hätte sie ihnen gerne mehr geboten, das bedauert sie manchmal, und dass ihnen ein Aufwachsen in einer intakten Familie verwehrt geblieben ist.
Ihr Bemühen war es aber, das ihre Nachkommen geprägt hat, viel mehr als das „Scheitern“ in diesen einzelnen Bereichen, das sie manchmal – allzu selbstkritisch – sieht.

Das Rüstzeug, das sie ihnen mit auf den Weg gegeben hat, ist von unschätzbarem Wert.
Und so wird dieser kurze Text zu dem Versuch einer Würdigung eines Versuchs, vor allen anderen Dingen eine gute Mutter zu sein.

Alles Gute zum Muttertag, liebe Mama, Du bist die Beste!!!

Carmen Rosina

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 14046

Ameisen, und Fruchtfliegen, und Silikon dazwischen

Kariert. Kariert, nicht gestreift: Gestreift ist nicht kariert. Das Hemd, nicht die Fenster! Alles, alles, nur die Fenster nicht. Die undichten, die, die noch undichter sind als die Tür. Die Tür! Da! Die ganzen Ameisen, da, da rennen sie den Hintern nach, alle dem ersten nach und dann dem zweiten und dann dem dritten nach, Tausende, viele. Alle unter der Tür durch, und auf die Brösel zu, auf den Zucker, im Zimmer, am Boden, verstreut, ein Hoppala zum Frühstück vor zwei Wochen. Und erst die Fruchtfliegen, die ganzen, die herumtaumeln in der Luft wie Industrieschnaps, wie Marillenbrand, angesetzt an die Lippen, Marillenbrand, der fast schon die Zunge berührt. So kurz vor dem Recken, das nachher kommt, so kurz vor dem Bremsmugel am Parkplatz vom Stadionbad. Der zum Magenausheben, der, nach dem das Stamperl am Rückweg dann erst wieder oben rauskommt. Im Auto, eins aufgeheizt vom Stehen, vom Stehen dort, wo der Schatten einmal war am Vormittag, vor der Ausfahrt noch, zuhause!
Zuhause, nein, zuhause!
Daheim spielt sich das alles erst ab.

Und, und wo kommen die jetzt alle her, diese Fruchtfliegen? Aus welchem Spalt? Aus welcher Ritze? Welcher von denen ist es, die sich da alle durch die verfärbte Farbe ziehen?, durch die Wände selbst, in die Wände hinein, wart!
Wart!
Senkt sich da etwa, das Fundament?
Senkt es sich?
Senkt es sich und reißt es das Dach in Trümmer? Regnet es dann? Regnet es? Regnet es Balken und Schindeln und Holz und Ton? Auf den Kopf? Auf die Schulter? Die Nase! Gebrochen!, die Nase ab, und die Mauern purzeln. Staub und Ziegel, grau in grau, die Ziegel unten, der Staub, der oben drauf sinkt, es stinkt. Riechen!, nur nicht, nur nicht Einatmen, die Kartoffeln!
Die Kartoffeln!
Uralt, geschrumpft und verschrumpelt, flüssig und runzlig, dort ist er also daheim, der Schwall aus schwarzen Punkten. Die Fruchtfliegen, daheim im weißen Tapperg’schirr, mitsamt Kartoffeln von vor mehr als fünfzig Wochen!
Ja!
Ja!
Jetzt, mit dem Deckel unten, direkt offensichtlich: Dort kommen die Fruchtfliegen also her.
Direkt ekelhaft!

Alle Fruchtfliegen sofort in der Luft jetzt, Schwirren im Nasenloch, Niesen!
Ha-Ha-Ha-Hatschi!, kein Gesundheit.
Nur fuchtelnde Arme in einer Wolke aus Fruchtfliegen, einer, die auch noch zurück fuchtelt, nasses Mehl! Nasses, nasses Mehl, der Geschmack vom Kartoffelgestank, wie eine zweite Haut hinten an den Zähnen. Seit länger schon. Schwer, klebrig, und süß fast, aber nicht  süß wirklich, nur nicht den Mund aufmachen, nur nicht.
Nur nicht, und zu mit den Augen!
Zu damit!
Zu wie den Mund!
Zu damit und her mit dem Müllsäcken! Hüfthöhe mittig, im Glasbodeneinschubfach, überm gärenden Kartoffelpüreegatsch, in der Küchenstellage, in der Wohnküche, blind.
Augen zu!
Zu gefährlich!
Die Fruchtfliegen weiter unten schon halb im Mund!
Jetzt! Her damit! Her damit, her mit den sechzig Litern, Müllsäcke, premium, mit Zugband, hellblau, perforiert.
Perforiert!
Die Perforation!
Sie, sie kommt und kommt nicht.

Sekundenlang, ganze Meter, Meter und Sekunden aus glattem Vorbeirascheln, wie ein Tixo ohne Anfang, wie endlos, dann aber Schluss. Schluss! Schluss ist und Augen halt wieder auf und da liegen sie aufeinander in ihren runden Falten wie eine Küchenrolle ganz abgerollt, die zehn Müllsäcke, die zehn, die nur eins sind, unzugeschweißt, nicht perforiert.
Frechheit!
Fabrikationsfehler, Fehler, Fabrikation!
Nur Fehler, Fehler von oben bis unten.
Klump! Klump! Klumpert!
Und da, ah, eine Fruchtfliege im Aug auch noch, endlich, schon. Das kommt davon. Das kommt davon vom Augenwiederaufmachen im Fruchfliegenschwarm drinnen und da: spitze, dünne Beinchen, die Zehenspitzen raufkraxeln. Spitze, dünne Beinchen, die schon bald oben ankommen, und dann, schnell, nach hinten zum Knöchel und rundherum.
Was zuerst, was zuerst, was zuerst ermorden?
Was?
Was!
Waswaswas!
Fruchtfliege, Aug, Ameise, Fuß, und Blinzeln, Reiben, Tränen. Es juckt, noch immer, es juckt, im Aug, rot!, rot!, und rosa mindestens! Aus damit! Aus! An den Wimpern ziehen, wuahaha!, und das Lid, drüberstülpen, hinunter zum anderen, und dort dann, dort dann loslassen.
Ein grauslicher Sog, ein grausliches, geräuschloses Schmatzgeräusch und weg.
Weg!
Nur leicht verschwommen nur noch.
Weg ist die Fruchtfliege!
Weg, wohin auch immer!
Und da, die Ameise! Die Ameise, die wieder zurück, nach vorn zu den Zehen rennt: Insekten, Eiweiß, hirnloses! Runter!, runter!, runter da!, runter!, Fußausschütteln! Abschütteln!, runter!, runter da von dem Rist, herrunter!, herunter jetzt von dem Fuß!
Die Ameise, sie, sie wehrt sich!
Sie hält sich, hartnäckig, lang, zu lang, zu lang zu lang schon!
Also doch besser Wegschnipsen.
Tadaaaa, genug jetzt aber!
Es reicht mit dem ganzen Hausfriedensbruch da! Elektrozäune, Säuregräben, winzig kleine Minen, ja!, wär’ nur die Zeit, keine Zeit, Silikon! Ha! Genau! Wegen der Badewanne, Silikon!, neues, wegen dem Schimmel am alten, gekauft, nie benutzt, nur gekauft, das neue, ergo voll!
Muahahahaha!

Wird schon noch gut sein von zweitausendirgendwas, aber, aber wer schaut schon aufs Ablaufdatum bei sowas? Wer schon? Im Ausnahmezustand? Na wer?
Nur wo nur, wo nur, wo?
Ah, ja, aja, da, dort, unter der Waschmuschel, im Unterkastl, im Badezimmer. Hinter den ganzen leeren Kloputzmitteln mit Meeresbrise, Zitronenhauch, Orange und Lavendel, nicht mischen, nicht mischen, mischen verboten! Da! Da steht es, dahinter, das Schimmel-Blocker-Aktiv-Silikon, blockt aktiv Schimmel, steht da, groß geschrieben, von Ameisen und von Fruchtfliegen nichts.
Trotzdem!
Ja, sicher!
Problemlos!
Und da, da kommt es schon, das Weiße, das Silikon, vorn raus  aus der Spitze, aus der Aufsteckdüse, die, die aus „im Lieferumfang enthalten“. So! Dann zwischen Tür damit und Türstock, zwischen Tür und Angel! Zu sein, zu muss es werden, zu! Zu, so zu, ein Durchzwängen ausgeschlossen, zu, zu, zu, so zu wie zu nur sein kann. Mit dem Daumen glattstreichen, immer Glattstreichen das Silikon, mit dem Daumen, schön, rundherum, um die Tür, oben, links, rechts und unten.

Silikon!
Alle Kanten entlang, jede, den ganzen Umfang, in den Spalt hinein, ja, das nennt sich Abdichten, ja, sowas heißt Dichtung! Dichtung!, dichte, nicht dieses lächerliche Kautschukband, dieser schmale Streifen, dieses leere Profil voller Luft, nachträglich reingeklebt in den Türrahmen, eingezwickt, nutzlos, alles kommt durch, alles!
Da!
Fertig!
Nichts!, nichts kommt mehr durch, durch die Tür, kein Vorbei mehr, keine Ameise, keine Fruchtfliege, keine Milbe, kein Hausstaub, nichts.
Und jetzt!
Jetzt die Fenster.
Die zwei, die Jalousien unten, unten, unten und zugedreht, andauernd, und Ameisen, Ameisen überall!, und Fruchtfliegen!             Jetzt!
Schnell!
Mehr Silikon!
Mehr!

Und rein damit in die letzten Schwachstellen, die letzten schmalen Durchlässe, die Fenster, nach raus, nach rein, egal wohin, aber reicht überhaupt das eine? Reichen die dreihundert? Die dreihundert Milliliter? Dreihundert Milliliter Qualitätssilikon, steht da, ja!, sie sollten, sie reichen, sie müssen. Vorsichtig, Vorsicht! Trotzdem spaaarsam, so sparsam wie möglich, nur nichts verschwenden, keinen Tropfen aufs Fensterbrett, keinen Tropfen, der tropft wie Zahnpasta. Eine Unachtsamkeit, ein matschiges Aufklatschen nur, und was dann?: die Ameisen!, die Fruchtfliegen!, nicht mehr aufzuhalten! Nicht aufzuhalten, die beiden, nicht mehr, wenn es ausgeht, das Silikon, die Ameisen, draußen, wahrscheinlich halb die Fassade schon oben!, die Fruchtfliegen, drinnen, sie lauern!
Verdächtig!
Verdächtig unauffällig.
So lauern sie, aufs Ausbrechen, aufs Verstärkungholen, nein!, also!, schnell! Nicht die geringste, nicht die winzigste Lücke darf bleiben, nicht die geringste, nicht die winzigste, mikroskopische, nano, pico, femto. Null Toleranz, plusminus gar nichts, null, genau null, ohne Komma, ohne Beistrich, das erste Fenster: fertig!

Und ahh, da, da krabbeln sie.
Da krabbeln sie am Boden, und da fliegen sie herum in der Luft, ach, ja, wüssten sie nur. Wüssten sie nur, und könnten sie ahnen, der Tod!, die Zeitung schon eingerollt unterm Arm. Nur noch den Rückzug abschneiden, nur noch den Nachschub und dann. Dann! Entkommen?, keines, bald, Vergangenheit, unmöglich, in Kürze, gleich vorbei! Ein Fenster noch, eines, ein letztes, versiegelt, auch bald.
Silikon!
Kein Rein mehr, kein Raus und nichts mehr dazwischen.
Ja, das passiert, da passiert es!
Ohne Glauben, ohne Hoffen, kein Wirdschonallesgutwieder, aus ist es dann, aus! Aus! Na?, und wie hört sich das an? Wie hört sich das an, aus? Gut? Schlecht? Mittel? Vorher überlegen das nächste Mal!, vorher, nicht nachher!, zu spät jetzt nachher, zu spät jetzt: Wiewaswie? Nochamal? Eine Ausnahme? Eine machen? Das eine Mal nur? Nur dieses eine Mal?
Ha!
So auf allen sechs Knien?
So auf kein Euzerl Stolz mehr im Leib?
Schau, da: Da!, schaut!
Bei der Hälfte schon, der Hälfte vom zweiten Fenster, da!, vom letzten, jetzt, als Aus, als endgültiges. Endgültig!, ja, so, so, so wie die Art, wie es aufhört! Das kommt davon! Das kommt davon, vom Vergessen, vom Nichtmehrwissen, wo der Platz ist, der eigene! Nicht hier, hier nicht, hier, wer zahlt denn die Miete da? Mit Bankeinzug? Mit Menschengeld?
Mund halten!
Weitermachen!
Ja, jetzt! Jetzt nur noch schön um die letzte Ecke, die letzte Ecke, die letzte, da!, hört ihr? Da!, ein bisschen nur noch verstreichen, ein Daumennagel noch, ein Strich damit, Kosmetik! Geschlossen, für immer: So! Und was jetzt? Jetzt was? Was jetzt?, was genau ist der Plan? Die weitere Vorgangsweise? Das, was als nächstes kommt?
Erschlagen?
Nein!
Erschlagenwerden!
Aufplatzen, zermatschgert, erschlagen mit der Presse, der eingerollten, Gratisabo, drei Wochen, Altpapier! Kein Weg vorbei, kein Zurück und kein Vorwärts! Für euch! Ihr! Nur noch Flecken, nur noch breit, nur noch flach, am Boden, an der Decke, ein verschmierter Fleck an der Wand, an einer jeden.

Wart!
Halt einmal kurz!
Geht das dann wieder weg wieder?
Geht das weg, geht das runter, nachher, bleibt das, da? So schirch und braun? Die Überreste? Ha! Gerade noch! Ha! Oh nein, von Ameisen, von Ameisen und Fruchtfliegen, von stecknadelkopfgroßen Köpfen fast überrumpelt fast, die Wohnung verschandelt fast, peinlich! Peinlich, ja, fast, fast!, fast, aber das und nur das, unblutig!, fleckenfrei!, Staubsauger! Philips, Holland, die Niederlande, moderne Technik, made in China, mit CE am Pickerl daruf. Mit Strom und Spannung, in derselben Frequenz oder so, mit Kabeln und Knöpfen, mit Saugstärkeregler zum Drehen.
Kompliziert?
Kompliziert?
Zu kompliziert für euch Ungeziefer?
Da!
Da!
Ganz einfach!

Rausziehen, Anstecken, linke Fußtaste, links, nicht rechts; links! Rechts rollt die Kabeltrommel, aber hört ihr das? Dieses endlose Luftholen, dieses gierige? Durch das Rohr, das hinein in den Bauch führt? In den Bauch, durch den Schlauch, in den Bauch, in den Beutel, dunkel, schwarz und reißfest? Sonne? Hörensagen!, ab bald, ab jetzt, los geht’s, und durch da! Durch da! Rein! Die erste, die zweite, die dritte, die Fruchtfliegen an der Decke, leichte Opfer. Sitzen da!, nur da, kein Wegfliegen mehr, kein Rettesichwerkann, da ergeben sie sich also, die Fruchtfliegen.
Brav.
Sehr brav.
Nicht so die Ameisen!
Die Ameisen!, widerspenstig!, das ganze Volk!
Kreuz und quer, quer und kreuz, vor der frisch aufgesteckten Hartbodendüse da rennen sie. Sie rennen, links-rechts-links, unter die Couch, in den Spalt, dorthin, wo nur Lurch sonst hinkommt und Socken und Münzen und Mais. Dorthin, hinein in den Schatten, hinter die Stoffkante, unter die Polster zum Sitzen, dorthin, wo die Fruchtfliegen nimmer mehr hinkommen, die meisten schon weg, am Gebläse vorbei. Sicher fünfzig, locker mehr, nur noch Versprengte, Versprengte! An der Decke ein, zwei, nur noch, die Ameisen vollzählig, verschanzt, versteckt, die Ausziehcouch, sie muss weg!
Anheben!
Auf Drei!
Drei!
Ein Stechen im Kreuz, und zu schwer, und Verschieben. Deutlich leichter, ja, ah, und da:
Da kauern sie in den Ecken, da klammern sie sich fest an den Sesselleisten, die Ameisen, da treffen sie sich im Eck. Feig!, feig!, alle über und unter und übereinander, alle drängelnd, im Gedränge, aber jeder, jeder kommt dran!, auch der am nächsten zur Wand.        Idiotisch!
Weiter weg?
Immer noch viel zu nah.
In Reichweite.

Und runter mit dem Hartbodendüse und wieder direkt rein ins Loch. Ins Loch, ins Rohr, ins rauschende, ja, da, da verschwinden sie, da endet ihr Dasein, ihr unbequemes, Unmengen auf einmal, fast alle. Nur noch die letzten, der letzte Rest Ameisen, der letzte Rest Fruchtfliegen, dasselbe Schicksal, egal ob mit oder ohne Ausweichen. Eins, zwo, drei, vier, wup, wup, wup, wup, fünf und wup oder wie Einsaugen halt klingt in echt, noch neunzehn Mal und dann! Alle drin, alle, keine schwarzen Punkte, kein Schweben mehr, kein Krabbeln, zwei Beine! Zwei Beine als Maximum, zwei nur, soweit die paar Quadratmeter reichen, allein, daheim, so weit, so gut, aber wart!
Wart!

Sind die jetzt tot, da drin?
Sind die am Leben?
Sind die am Leben da drin in dem Staubsauger?
Sind die tot?
Ganz?
Tot, so tot wie gedacht, oder?, oder vielleicht?, oder vielleicht?, oder vielleicht rotten die sich zusammen, da drinnen, die Ameisen und die Fruchtfliegen, gerade jetzt? Da drin im Schutz der Dunkelheit, unter der Oberfläche, dem marmorierten Kunststoff, hinter den Schlieren am Klarlack, im Beutel, im Bauch von dem Staubsauger drumherum. Im Hinterhalt? Mit lauter kleinen Messern bestimmt für den Rücken? Zum Reinstechen? Im Schlaf? Beim Schlafen? Ha! Gerade noch! Gerade!, zu billig! Zu billig wär’ das, zu billig, wenn da jetzt noch wer lebend davon kommt, mit dem Leben, mit ihren hunderttausend Kindern, die sie vielleicht schon zu zeugen beginnen, gerade, in aller Eile, jetzt!
Raus!
Raus damit!
Raus mit denen und anzünden!
Anzünden!
Anzünden!, sofort!, aber: Wohin mit dem ganzen Rauch?
Wohin nur? Wohin damit? Alles zu, die Fenster, die Fenster und die Tür, nein, dicht, zu mit Silikon, dicht zur Sicherheit! Wer weiß?, wer weiß, was da draußen wartet?, wer weiß es? Schäumend, wütend, aufgebracht? Rache!, Fletschen Beißwerkzeuge?
Ertränken!
Ja!
Genau!

Mit Wasser, im Wasser, in der Abwasch, ohne Feuer, ohne Rauch, ohne Ruß, ohne Dreck als Konsequenz! Perfekt!, perfekt!, keine Fische, die Fruchtfliegen und die Ameisen, ja, sicher, sicher, keine Seepferdchen auch nicht. Kein Atmen unter Wasser, und auf mit der Klappe mit der Feder, nur kurz am Hebel ziehen, entsperrt und offen, der Staubbeutel drinnen, eingespannt, ohne Regung! Ruhig, im Papier kein Rumoren, im hellbraunen, keine Wellen, der Staubbeutel voll, aufgeblasen, leicht, als wäre nichts drin.
Sicher ist sicher.
Schnell raus, und dann untertauchen, Hintragen, ein Schritt nach dem anderen, Quietschen!
Quietschen.
Quietschen, wie ein Mädchenmädchen, Quietschen wie beim Sauabstechen, eine Ameise, der Grund, eine Ameise! Heimtückisch, ja, so muss sie heraus gekrochen sein aus dem Loch, heraus aus dem Eingang aus Pappendeckel, heraus aus dem Loch, wo sonst alles nur reinkommt. Raus! Aus dem Staubbeutel, die Ameise, und über den Ringfinger, rauf auf die Hand!

Überraschung!
Und Schock!
Und Quietschen.
Runter! Runter, runter, runter, und Zappeln!, und Igittigittigitt, und da fliegt er.
In hohem Bogen.
Ausgekommen.
Im ersten Reflex.
Der Staubbeutel.
Mir.
Und da fliegt er. Da fliegt er, da fliegt er und da fliegt er, genau drauf zu, auf den Ventilator dort drüben, den Standventilator, dem, dem das vordere Schutzgitter fehlt seit dem Aufbauen. Zwei Schrauben nur, zwei Schrauben, zwei winzige, das Gewinde so kurz, kaum das Weglassen wert, aber nein. Aber nein, passieren wird nichts, nichts wird passieren!, nichts!, übertrieben, so und so, das Schutzgitter, nur mühsam, und jetzt?             Und jetzt?
Jetzt?
Zerfetzt! Zerfetzt und aufgerissen, der ehemals heile Staubbeutel, offen, hinten, aufgeschlitzt, von den stumpfen Blättern vom Rotor, wie groß ist die Chance da? Was ist da die Wahrscheinlichkeit? In Prozent? In Zahlen? Als Tortendiagramm?
Keine Ahnung!
Pech?
Jaja.
Das wird’s sein.
Ja, das ist es.
Nein!

Fürn Hugo ist das, nicht Pech, nicht wohl oder übel, fürn Hugo! Fürn Hugo!, noch vornehm ausgedrückt, butterweich eher, weil da, da, im Luftstrom, auf der höchsten Stufe, der mit den drei Stricherln daneben, da entlädt er sich, der offene Staubbeutel, nach vorn, und in die Breite. Alles, die Fruchtfliegen und die Ameisen, die Asche und Zehennägel, die Haare, die Schuppen, der Mohn vom Mohnstriezerl, alles, alles wieder da. Alles da, alles frei, alles schwebt, alles flimmert, alles fällt, langsam, wie hässlicher Schnee. Überall hin, auf alles oben drauf, kein frischer Staubbeutel mehr, kein Ersatz, kein Staubsauger!
Der Besen!
Zu weit weg, weg, viel zu weit!
Weil da, da kommen sie, die Ameisen und die Fruchtfliegen, und es schreit nach Vergeltung, nein, nach verfaulten Kartoffeln stinkt es.
Ah, da, da war ja noch was.
Da war ja was, der Gestank!
Der Gestank!
Der, der jetzt auch nicht mehr raus kann, egal! Da kommen sie!, die Ameisen unten, und die Fruchtfliegen drüber, mit Brummen, viel zu viele, viel zu viele auf einmal. Das Hundertfache, die hundertfache Anzahl, im Vergleich zu vorher, viel, viel weniger eingesaugt!

Schaut das vielleicht nur so aus?
Wie zwei Teppiche, zwei, die leben, beide dunkel, wie die Nacht schwarz, einer, der fliegt, und einer, der drunter sich ausstreckt, nach den Zehen.
Die Zehen!
In Gefahr, in Gefahr, in großer!
Nur schnell!
Nur, schnell, weg, von, hier!
Nur weg, weg von hier, und da, gedacht dran zu lang nur, und der Weg ins Vorzimmer abgeschnitten. Wie absichtlich, wie gezielt, und umzingelt. Umzingelt! Umzingelt, die Ameisen und die Fruchtfliegen in der Übermacht, knuspernd, zischend, sie bäumen sich auf, wie die Tiere!
Und jetzt?

Ohne Wasser, ohne Zeitung, ohne Feuer, ohne Staubsauger, wehrlos!, bloßfüßig?, nicht zu denken dran! Sicher nicht, nicht bloßfüßig, nein, lieber rauf auf den Beistelltisch, lieber rauf, lieber Zeitschinden! Zertreten, zermatschgern, nein, grauslich, unmöglich, mit dem nackten Fuß, mit der nackten Haut, die Fruchtfliegen, die fliegen, schon gar nicht.
Nein!
Wieder zu mit dem Mund, die Augen, die Nase, die Ohren!
Die Ohren!
Auf die Zehenspitzen, am Beistelltisch, zu wenig Hände, zu wenig. Zu wenig, zu wenige, zu wenig Hände, um eine, ein Ohr bleibt offen, ein Ohr, ungeschützt!, eine Einladung fast.
Nein!
Das rechte?, das linke?, das rechte?, das linke?, welches?, welcheswelcheswelches?, welches?, in welchem steckt ein Zeigefinger nicht?
Silikon vielleicht?
Ins Offene?
Oder in den Nase?
Aber ha!
Idee!

Das Ohr!, gegen die Schulter, gegen die Schulter drücken, das Ohr, mit der Schulter zuhalten. Kopf schief, Wirbel krumm, Schmerzen, Luftanhalten! Luftanhalten! Achtung! Die Ameisen, sie klettern, sie kraxeln, sie klimpern, spürbar, nach oben, über die Beine vom Beistelltisch, die Fruchtfliegen landen. Im Gesicht, am Kinn, an der Schläfe, zum Eierlegen?, es kitzelt, ihr, ihr, ihr, ihr, ihr, was soll einem dazu noch Großes einfallen? Sie, sie klettern und sie landen, die Ameisen und die Fruchtfliegen, sie klettern und sie landen, sie klettern und landen, klettern und landen, aber hinein?: Nirgenst! Nirgenst, kein Eingang, alles zu an mir außen, alle am Suchen, die Ameisen, auf den Lippen, die Fruchtfliegen, am Kehlkopf, am Muttermal. Ameisen, in der Augenbraue, in beiden, spitze Schritte, spitze Schritte im Kreis, die Fruchtfliegen sitzen, immer mehr, immer mehr, immer mehr.
Ja, da!, und jetzt?
Und jetzt?
Nichts mehr!
Alle ratlos, ratlos im ganzen Gesicht, draußen, alle! Keine drinnen!, nicht drin, da!, ha! Und? Wer bleibt da jetzt über am Ende? Und wer ist da jetzt oben auf? Da, jetzt, wer? Ein bisschen selbst überschätzt, hm?, schon, ha?, ein bisschen? Ein bisschen selbst überschätzt? Aber schwerst!

Markus Peyerl
www.markuspeyerl.at

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 14022

Das „Steckdosenspiel“

Als ich ein kleiner Junge war,
spielten wir immer das „Steckdosenspiel“.
Wir griffen uns Mutters Stricknadel aus Metall;
und diese steckten wir dann jeder für sich der Reihe nach
in eine der beiden Öffnungen einer Steckdose.

Keiner der anderen Mitspieler durfte dabei
dem jeweiligen Kandidaten zuschauen,
sonst hätte man das Loch mit dem Strom
ja bereits vorher gewusst.

Aber so blöd waren wir auch wieder nicht,
dass wir nicht einen Schiedsrichter bemühten,
der genau darauf achtete, dass auch jeder der Mitspieler
brav die Stricknadel fest in eines der beiden Löcher drückte.

Danach waren Sprünge von ein bis zwei Metern schon drinnen,
wenn der Stromleiter getroffen wurde.
Und allemal Geschrei und Gejammere
und den immer darauf folgenden Schwur,
das „Steckdosenspiel“ ganz sicher nie mehr spielen zu wollen.

Aber ein Mann ist nun mal ein Mann.
Und bis zum nächsten Mal waren
all die Schmerzen ohnehin schon längst wieder vergessen.

In all der Zeit – obwohl etliche Möglichkeiten dazu bestanden hätten –
hat es mich komischer Weise niemals erwischt.

Aus allen Mitspielern von damals sind
ehrenwerte und angesehene Bürger geworden,
nur ich tingle seltsamer Weise von einer
psychiatrischen Anstalt zur anderen.

Ob das irgendwie mit dem „Steckdosenspiel“ zusammenhängt,
konnte ich trotz aller Therapien bis heute noch nicht herausfinden …

Harald Brachner
Literaturkreis PromOtheus

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 14014

 

Der Beamte an der Tür

Habe Kopfweh und überlege, denke ich heute über vieles nach
oder lebe ich einfach mal in den Tag hinein
mein Hals kratzt fürchterlich, wie Erinnerungen in meinem Kopf
das Rauchen will ich zum x-ten Mal aufhören, wozu?
Ein Paket schreit seit Tagen nach meinem Namen, ein paar Gassen weiter
fault die Freude auf den Inhalt dahin
Charles liegt im Bett,
der ist auch bald am Ende mit seinem auf Deutsch übersetzten Amerikanisch
Ein kleiner Zettel bleibt immer kleben, er versucht etwas Fernöstliches zu lehren
versteh nicht mal das, egal ob ich es in zwei Sprachen lese, die ich nicht verstehe,
oder zwei, die ich verstehe

Wieder einmal die Jahreszeit, wo sich die Menschen verkriechen
wenn ich so in den gegenüberliegenden Hof blicke
Rock ‘n‘ Roll durch die Boxen und der Bass vibriert weiter im Trommelfell
meine Nase macht nebenbei unrhythmische Geräusche
genau wie die Kaffeemaschine im Hintergrund
Jetzt sehe ich, bin wieder mal im Verzug, wenn ich an die Wand blicke und Oktober lese
hab ich schon den Polizisten erwähnt, der hat mich aus dem Schlaf gerissen

Florian Pfeffer

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 13044

Kann man mehrere Lieblingslokale gleichzeitig haben, oder geht man dann schon fremd?

Ich habe ein Lieblingslokal. Gleichzeitig neben den neun anderen. Heute das eine, morgen das andere und für jedes das passende Outfit. Gestern zum Beispiel, war ich mit Nummer Sieben aus. Wenn ich Nummer Sieben treffe, dann trage ich immer roten Lippenstift. Nummer Sieben ist Franzose und wir haben gemeinsam Quiche gegessen. Nicht das romantischste  Essen, aber wir kennen uns ja auch schon lange.

Nummer Sieben wohnt direkt ums Eck von Nummer Zwei, dem Italiener. Ich habe immer ein bisschen Angst, dass sich die beiden begegnen. Oder noch schlimmer, dass ich mit roten Lippen dem Italiener am Weg zum Franzosen in die Arme laufe. Wie sollte ich das erklären? Ich versuche gleich viel Zeit mit allen zu verbringen, aber immer wenn ich einen meiner Lieblinge besuche, habe ich ein schlechtes Gewissen den anderen neun gegenüber. Also hab ich mir überlegt, einfach alle hintereinander zu treffen. Aber kann man mehrere Lieblingslokale gleichzeitig haben ohne fremd zu gehen? Und wie kann man es schaffen, alle an einem Abend zu sehen ohne dick zu werden? Verbringen wir dann wirklich mehr Zeit mit allen oder gar keine mehr mit keinem? Und ist das im Leben nicht generell so? Wenn wir als ganzes bei einer Sache sind, dann ist es egal, wenn wir zu einer anderen Zeit ganz bei einer anderen sind. Denn immerhin waren wir da. Und das wirklich. Wenn wir uns zerteilen, um es allen recht zu machen, gehen wir nur einem einzigen fremd, uns selbst. Also esse ich jetzt Vor-, Haupt- und Nachspeise zwar mit, aber nur noch für mich. Heute Franzose, morgen Italiener.
Et Pasta.

Anna Zemann
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