Fahrradlieder 2 - Columbina

 (frei nach Rilke)

Aus den schattigen Hallen des Händlers hab einst ich dich freigekauft
In einer auch mir dunklen Stunde
Frei nun, lehrtest du mich, was Freiheit doch ist
Lässig die tägliche Bedrängnis umspielend.
Nicht der buckligen Ölfresser eifernd sich wehren, nein!
In gelassener Ruhe spöttisch umkurven sie - nach Taubenart.

Du zeigtest mir die Wege der anderen Räder
Die in den Straßen sich finden
Und ewig dank ich dies dir.
Ach könntest du weiter mit mir
Die uns gewonnene Freiheit doch teilen
Wie bitter wird mir ums Herz
Wenn ich dich finde so grausam entseelt
Am Dachboden aufgebahrt,
Wo täuschend lebendig du liegst

Dann schreit es in mir:
Nein und nie und nimmer, sie ist nicht tot, wie kann Columbina denn sterben!
Nun reiß ich sie an mich, doch kraftlos fällt ihr
Das vordere Laufrad zu Boden.
Dass auch das Leben der Räder ewig nicht währt, wie könnt ich‘s nicht wissen,
Ich der’s so schmerzvoll erfahren. Doch hört und empört euch mit mir:
Nicht so, nicht auf die Weise,
nicht so zur Unzeit,
nicht aufgrund eines schnöden, billigen Schlampigkeitsfehlers aus Kostengründen der Produktion! Heilige Graziella,* lass mich ihn finden, den schurkischen Dämon, den schnöden Outsourcer, der solches verbrochen. An Columbinas Speichen, ich schwör‘s, werd‘ ich ihn rädern!
Tränen vergieß ich bis dahin über dich, Columbina, und dein viel zu früh
zerbrochenes
Ausfallende!

*Italienisches Klapprad

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 15139

image_print

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert