Im finstern Wald,
da wohnt ein altes Weib
mit einem schönen Garten.
Und wenn’s im Frühjahr nicht zu kalt,
hat sie dort Zwiebel und Salat.
Sonst braucht man von ihr nichts erwarten.
Das eine sag ich euch.Einmal, da stiehlt der Nachbar ihr
ein wenig von dem grünen Zeuch.
Sein Pech, die Alte war schon munter,
als in den Beeten er herumgezischt,
mit einem Messer.
Da hat sie ihn erwischt.
Hätt’ er’s im Geschäft gekauft,
wär’s für ihn besser.Die Alte aber, und ich will nicht lügen,
fordert für diese Tat das erste Kind,
sollt’ er mit seiner Frau einmal eins kriegen.Die Wahrheit lässt sich nicht verbiegen,
warum nicht gar!
Das Schicksal will’s,
schon übers Jahr geschieht’s,
dass diese eine Tochter kriegen.Die Zeit verrinnt, der Alten Wille
ward durchgesetzt.
In ihrem Garten wächst jetzt Dille.
Die Eltern waren bass entsetzt.Die Greisin sperrt das junge Wurm,
weil’s ihr zu schön,
in einen Turm.Da kam, nach einer guten Weil,
ein Prinz vorbei.
Der hört das Mädchen singen,
und denkt, der müsst ich mal ein Blümchen bringen.Da sieht er, wie ’ne alte Frau,
emporklettert an diesem Bau,
hinauf zu jener schönen Maid,
so flink und rasch, es is’ ’ne Freud.
Und wisst ihr auch, wie dies geschah?
Entlang an ihrem langen Haar!Der Prinz, kaum ist er noch zu halten,
und, wie er’s gehört hat von der Alten,
he, du, ich will dich ja nicht drängen,
ruft er hinauf,
lass doch dein Haar mal runterhängen.Nur leider bleibt die Zeit nicht stecken,
ich sag euch, es ist zum Verrecken!
Nix da, mir zieht’s die Augen ausernand’,
schon winkt sie ab mit einer Hand.
Heut wird’s nichts mehr, ich bitt’ dich, geh!
Und was du willst, das weiß ich eh!Das ist wirklich unerträglich!
Hinaufklettern scheint echt unmöglich.
Doch was ihn so irre stiert,
die hat sich glatt die Haar rasiert!Und zu sich selber sagt der Prinz,
du bist verrückt, du spinnst!
Dann jammert er, zum Herzerweichen,
da bleibt mir nur noch eins, mich schleichen.
Und sein Blick erhebt vom Boden
sich enttäuscht zu ihr nach oben.
Mit der Glatze und dem Schopf!
Was bin ich für ein armer Tropf!
Jetzt ist wirklich alles hin,
Das gibt’s ja nicht! ’Ne Punkerin!
Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)
www.verdichtet.at | Kategorie: let it grow| Inventarnummer: 25120

