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Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 5

Ich weiß nicht, was sie nach diesen Worten über mich gedacht, was sie anschließend über mich geredet haben. Vielleicht vermuteten sie auch, ich sei eine Edelprostituierte. Ich wollte mich nicht erklären, wollte mich nicht melden, einfach eine Zeitlang meine Ruhe haben.
Mein Freund jedenfalls meldete sich völlig aufgelöst und verzweifelt ein paar Tage später, telefonisch. Er bat um ein Treffen. Die Ungewissheit mache ihn fertig, er könne kaum noch schlafen, er möchte wissen, woran er sei, wer ich sei, er wisse gar nichts mehr.

Gut, soll sein, ich sagte zu. Wir vereinbarten als Treffpunkt der Einfachheit halber das Pub neben seinem Büro, wo ich vor dem allerersten Zusammentreffen schon auf ihn gewartet hatte. Er war bereits dort, als ich ankam, hatte anscheinend schon etwas getrunken, ein fast leeres Cocktailglas stand vor ihm, obwohl ich pünktlich war.
Er sah schrecklich aus, Ringe unter den Augen, fahle Haut, er grämte sich offensichtlich seit Tagen und Nächten.
Er stand auf, als er mich hereinkommen sah und entschuldigte sich beinahe sofort: „Du hast recht gehabt. Ich habe tatsächlich kurz überlegt, ob dir das gefallen würde. Und ob es mir gefallen würde. Es tut mir leid.“ Das entwaffnete mich sofort, und ich hatte Mitgefühl mit ihm, er war da in eine widerliche Situation geraten, und das nur wegen meiner promiskuitiven Anwandlungen. (Denn, um ehrlich zu sein, auch wenn wir, er und ich, noch keinen Sex gehabt hatten: Unbedingt gewollt hatte ich es, ich war also eindeutig bereit gewesen, zweigleisig zu fahren.)
Ich äußerte Verständnis, sagte ihm aber auch, dass mich diese Sichtweise sehr gekränkt hatte, diese Vereinbarung unter Männern über meinen Kopf hinweg, wenn auch von seiner Seite stillschweigend. Viel mehr Wut hatte ich klarerweise auf seinen Nachbarn, meinen mittlerweile Ex-Sexpartner, von dem hatte ich wirklich genug. Und das sagte ich meinem Freund auch unverblümt, was ihn zu freuen schien, ein bisschen zumindest. Er gestand mir, dass sie beide tatsächlich noch gerätselt hatten, was ich mit meinem letzten Satz gemeint haben könnte, bevor der Nachbar sich wieder zu seiner Familie verdrückt hatte.
Sie hatten natürlich beide gewusst, dass ich ein Studium an der Akademie der Schönen Künste abgeschlossen hatte, jetzt Freelancerin war, meine Zeit sehr frei einteilen konnte, manchmal reiste und von meiner Profession gut leben konnte: irgendetwas Künstlerisches, Kreatives. (Bei mir zu Hause fanden sich Werke aus meiner Studienzeit, vermutlich hatten sie den Schluss gezogen, dass sich auch mein Arbeitsleben so gestaltete und finanzierte, durch darstellende Kunst.) Ich war aber in der Beschreibung dessen, was mir derzeit mein Leben tatsächlich so ausgezeichnet finanzierte, bewusst immer vage geblieben, ich fürchtete mich vor den Filmen, die daraufhin in den Köpfen unweigerlich zu laufen beginnen würden. Aber nun ging es nicht mehr anders, das sah ich ein, die Karten sollten auf den Tisch.
Als ich gerade begonnen hatte mit meiner etwas verworrenen Erklärung, kam der Kellner, der uns schon die ganze Zeit während der Zubereitung unserer Bestellungen unter Beobachtung gehabt hatte, und unterbrach durch sein Erscheinen meine Worte. Er stellte die Drinks auf das Tischchen, und mein Freund lief in der Zwischenzeit rot an. Er war kurz vor der Explosion. Es muss ihn viel Überwindung gekostet haben, noch zu warten, bis der Kellner unseren Tisch wieder verlassen hatte.

„Du verdienst dein Geld mit… mit… Pornos???!!!!???“, rief er schließlich aus. Er konnte sich nicht mehr beherrschen, es war ihm egal, ob der Angestellte ihn hörte oder nicht. Dem fielen gerade die Augen aus dem Kopf und der Mund stand ihm offen. Ich war so damit beschäftigt, die Reaktionen der beiden zu beobachten, dass ich ganz vergaß, dass ich ja unterbrochen worden war und da vielleicht noch eine winzige Ergänzung angebracht wäre.
Er hatte offensichtlich die erste Hälfte meines Satzes gehört, dann hatte sein Gehirn ausgesetzt.
„Ja, ich arbeite für die Pornoindustrie. Als freie Schriftstellerin. Ich schreibe Pornos für Frauen. Die haben gerne eine gute Story mit viel Sex, anspruchsvollere Dialoge, exotische Settings auf der ganzen Welt, und ich verfasse die Drehbücher dazu. Das sind aufwändige Produktionen, natürlich mit kompletter Filmcrew. Und die Producer sind Vollprofis, die mich engagieren, wenn sie eine Idee haben, da gibt es jede Menge Meetings, Vorbesprechungen. Und die bezahlen gut. Manchmal fliege ich vor einem neuen Projekt sogar zu den Schauplätzen, um mir ein Bild zu machen, damit ich auch weiß, wovon ich schreibe.“

Manchmal ist es doch gut, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Das gilt für ihn, meinen Freund, und auch für mich, die mit der Klarstellung meinen Brotberuf betreffend so lange hinter dem Berg gehalten hatte. Ich hatte mich vor der Reaktion gefürchtet, aber so, nach dieser Vorgeschichte, machte sich einfach nur Erleichterung breit, bei beiden.
Der Kellner sieht mich zwar bis heute an, als ob ich das achte Weltwunder wäre, wenn wir hie und da einen Beislbesuch dort machen, aber mein Freund und ich haben unseren Spaß dabei, ihn im Ungewissen zu lassen.

Ach ja, und Sex haben wir inzwischen auch miteinander. Mein Freund und ich. Nicht der Kellner und ich. Oder mein Freund, der Kellner und ich.
Wenn ich mir das so überlege - das wäre aber zumindest ein guter Titel für ein neues Filmdrehbuch: „Mein Freund, der Kellner und ich“.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 16003

Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 4

Ach, Isabella, du skrupelloses Wesen. Wie kannst du nur denken, ich würde einen Mann kennenlernen wollen, der eine feste Beziehung sucht, und von Anfang an planen, ihn zu betrügen. Vorsätzlich, bewusst und ohne jegliche Moral. Einfach nur, um ausstehende oder unterversorgte Bedürfnisse zu befriedigen, einen Unschuldigen hintergehen, belügen, demütigen.
Isabella, du täuschst dich in mir. So bin ich nicht. Ich werde diesen anderen Mann, deinen Nachbarn, kennenlernen, so weit folge ich deinem Plan. Aber dann werde ich deinen Ehemann abservieren, sobald ich weiß, ob mir der Unbekannte gefällt, und du kannst selbst zusehen, wie du dir wieder eine ungefährliche Geliebte für deinen Göttergatten heranziehst, damit du deine Ruhe hast und gleichzeitig sein Appetit gestillt wird. Ich verstehe dich ja, du willst verheiratet bleiben, nicht nur wegen der Kinder, und du willst nicht tagtäglich Sex mit ihm haben. Gut, den letzten Punkt kann ich eigentlich nur halb nachvollziehen. DAS kann er von mir haben. Oder konnte, wenn mir der andere gut gefällt. Jetzt geht es nur noch um Ehrlichkeit. Dein Mann hat mir nie etwas Böses gewollt, er hat direkte, offene Worte verdient. Und sogar, als er mit der Dritten zu turteln (und mehr) begonnen hat, hat er mich eingeladen, mir ein Bild von der Neuen zu machen. Ich bin es ihm also schuldig, reinen Tisch zu machen. Aber zuerst muss ich mir den von dir gepriesenen Single-Mann ansehen, den du, durchtriebene Isabella, mir zusätzlich zugedacht hast. Ich gebe doch nicht fünfmal besten Sex die Woche auf, für nichts und wieder nichts. Ich bin zwar nicht die Unmoralischste aller Frauen, aber dumm bin ich auch nicht.

Zwei Tage später. Ich habe mir das gut überlegt, so gut es eben möglich ist, in meiner Situation. Um keinen Verdacht zu erregen, habe ich mit Isabellas Mann wie gewohnt mein Schäferstündchen genossen. Er muss jetzt heim zur Familie, und ich muss jetzt die Weichen stellen für mein zukünftiges Leben. Ich werde mich aus dem alten verabschieden, ich werde nicht mehr lange in den Armen eines Mannes stöhnen, der mich nicht liebt. Ich werde mit diesem oder (falls es nicht klappt) einem anderen Mann eine ganz normale Beziehung führen, der Sex wird grandios sein, weil Liebe im Spiel sein wird, zärtliche Hingabe, Seelenverbundenheit und was weiß ich noch alles. Hatte ich ja noch nie. Aber jetzt: Die Spiele mögen beginnen.

Ich habe mich so gekleidet, wie es die meisten gebildeten Männer mögen. Nicht zu aufdringlich, aber die Erotik kommt auch nicht zu kurz. Nichts Schreiendes, dafür Andeutungen, Vorfreuden auf vielleicht Mögliches. Dann warte ich auf Isabellas Nachricht. Sie will ihn anrufen und fragen, wie lange er heute noch arbeiten wird, ihn also unter einem Vorwand aus dem Bürogebäude herauslocken, damit ich nicht ewig in der Bar nebenan warten muss. Sehr rücksichtsvoll von ihr. Schließlich sind sie Nachbarn und er wird sich nichts dabei denken. Sie meint dann, er solle besser schnell nach Hause kommen, eine Erwähnung von Geräuschen aus seiner Garage oder Ähnliches wird es wohl tun, dass er gleich im Büro zusammenpackt und sich rasch auf den Weg nach Hause macht. Und ich sause nach Isabellas Verständigung aus der Bar nebenan und kreuze seinen Weg, der Rest wird sich schon ergeben. Auf mein gutes Aussehen war immer noch Verlass, und ich gelte als Improvisationstalent. Wir werden sehen.

Ich nippe nervös an einem Longdrink mit Grünzeug. Isabellas Nachricht ist eingetroffen, ich zahle sofort nach Erhalt. Der Kellner sieht mich fragend an. Ich schüttle den Kopf. Nonverbal reicht oft völlig.
Dann ziehe ich langsam meinen Mantel an, den ich absichtlich gleich neben mir auf dem Hocker abgelegt habe, lasse ihn offen, behalte durch die großen Fenster das Haus nebenan im Auge. Da sollte er jetzt auftauchen. Und schon schwingt wie geplant diese gebannt beobachtete Türe auf, heraus tritt ein großer, dunkelhaariger Mann im Business-Outfit, eine lederne Laptoptasche unter den Arm geklemmt, einen Autoschlüsselbund in der anderen Hand haltend, und ich stürme mit einem Sprintstart aus der Bar hinaus ins Licht der Straßenlaterne.
Weil mir nichts Besseres einfällt, gebe ich die Verwirrte. Wie passend. Ich bleibe abrupt vor ihm stehen und sehe ihn verblüfft an. Er sieht sehr gut aus, erinnert mich an einen Schauspieler. Und seine Stimme ist sehr tief, warm und klingt fragend. Warum fragend? Ja, weil er etwas von mir wissen möchte, aber ich stehe völlig neben mir. Ich murmle etwas Entschuldigendes, er scheint sich Sorgen zu machen, denn diese Fürsorglichkeit in der Stimme, die fehlte vorhin noch. Vielleicht sollte ich mich besser auf den Inhalt des Gesagten konzentrieren. Jawohl. Konzentration.

Ist aber schwierig, denn ich bemerke, wie meine Beine mir den Dienst versagen. Ich schwanke bereits gefährlich auf meinen nicht zu hohen Absätzen, als er mir seinen freien Arm anbietet, den mit der schlüsselhaltenden Hand, denn die Laptoptasche unter dem anderen sollte wohl besser nicht zu Fall kommen. Ich aber auch nicht, und darum bemüht er sich sehr, mich zu stützen, auch ohne seine hilfreiche, aber anderweitig besetzte Hand zu benutzen. Haben Sie schon einmal versucht, jemanden, der gerade einen Kreislaufkollaps erleidet, mit einem Arm zu stützen, dessen dazugehörige und dringend benötigte Hand durch einen Schlüsselbund gehandicapt ist? Eben.

Wir gehen beide zu Boden, ich zuerst, er fällt auf mich drauf. Seine teure Laptoptasche fliegt in elegantem Bogen in eine Pfütze. Die Schlüsselfaust landet beinahe auf meinem Kopf. Der Mann liegt auf mir, in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Und bei mir lichten sich die Nebel wieder, sodass ich diese besondere Situation endlich wahrnehmen kann. Er erhebt sich, zuerst ein Knie vorsichtig auf den Asphalt gesetzt, dann ganz edler Ritter, mein Befinden erkundend. So kniet dieser wundervolle Mann vor mir und ich liege ihm zu Füßen. Kann es einen besseren Start in eine romantische Beziehung geben?

Wohl kaum. Ich hatte ihm versprochen, da er wirklich dringend nach Hause musste (irgendetwas sei mit seiner Garage nicht in Ordnung), ein andermal mit ihm zusammen auf einen Drink in die Bar zu gehen, ich müsse ihm genau erzählen, wie ich hierhin geraten sei. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf, er meine Handynummer und in der Folge diese neue, ersehnt umfassende, hoffnungsvolle Beziehung ihren Anfang.

Drei Tage später der ersehnte Anruf, heute ginge es sich endlich aus, er könne einmal etwas früher als sonst Schluss machen in der Arbeit (das Los der Führungskräfte, niemals vor 20 Uhr nach Hause…) und würde sich sehr freuen, mich in der Bar zu treffen.

Ich war etwas früher dort als er, derselbe Kellner hatte Dienst. Er setzte wieder sein Fragegesicht auf, und ich nickte Richtung Karte, in die ich mich vertiefte, um nicht mit ihm reden zu müssen. Auf die Tür, herein der Mann! Er war schon wieder meine Rettung, diesmal vor der Neugierde des Servierpersonals.
Der Abend verlief freundlich, angenehm, ich war angetan von seiner zuvorkommenden Art und seinem Charme. Falls Isabellas Mann so etwas draufhatte, hatte er es gut versteckt. Der war eher der direkte Typ. Das konnte man meiner neuen Bekanntschaft wiederum kaum nachsagen. Er bemühte sich sehr, auch bei den folgenden Treffen, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, er wolle mir an die Wäsche oder sonst wohin. Er wollte mir wohl das Gefühl geben, mich als Person zu schätzen und nicht nur als die attraktive Frau, die ich nun einmal auch war.

Nun ja, irgendwie ist es mir etwas peinlich, aber da meine neue Bekanntschaft zwar aufmerksam und als vollendeter Gentleman, aber ansonsten wenig offensiv Richtung körperliche Begegnung auftrat, konnte ich mich auch nach den weiteren, ähnlich verlaufenden Treffen nicht aufraffen, Isabellas Mann abzuservieren oder ihm auch nur anzudeuten, dass da etwas anderes im Entstehen sein könnte.

Es war mir bedeutend lieber, ein Treffen mit dem neuen Traumprinzen gesättigt und entspannt zu absolvieren (da eine gute Stunde davor hochbefriedigt von Isabellas fremdgehendem Ehegespons), als danach zu lechzen, wann er denn endlich seine starke Hand gen meine Oberschenkel bewegen wollte (überflüssig zu erwähnen: Er wollte bisher nicht).

So konnte das noch ein Weilchen weitergehen, wenn es nach mir ging. Auch kannte ich die Gepflogenheiten bei Anbahnung „ernsthafter“ Beziehungen nicht wirklich, vielleicht gehörte das wochenlange Beschnuppern einfach dazu? Bei mir war das immer irgendwie anders gelaufen: zuerst gemeinsam ins Bett, auf die Rückbank, auf den Teppichboden oder sonst wohin, dann sehen wir weiter.
Außerdem forderte mich zur gleichen Zeit mein Langzeitgeliebter wie nie, er konnte gar nicht genug von mir bekommen, und so hatte ich nicht wirklich das Gefühl, etwas zu vermissen, mit meinem anscheinend eher sexscheuen Traumpartner in spe.

Auf anderer Linie entwickelte sich unsere Beziehung prächtig. Wir gingen gemeinsam ins Kino, mochten die gleichen Filme, wir gingen schick essen und bevorzugten ähnliche Speisen, wir schätzten die selben Autoren und verfluchten die gleichen Parteien. Wir hatten ähnliche Interessen, Kunst, Reisen, Geldverdienen, bis auf das Sexuelle natürlich, dazu konnte ich nichts sagen. Noch nicht.

Langsam begann ich mich zu fragen, wie lange das noch so weitergehen sollte, zwei Monate waren ins Land gezogen, es ging mittlerweile auf Weihnachten zu, und noch immer keine Bescherung in Sicht.
Schließlich kamen die Feiertage heran, und mein eifriger Gespiele warnte mich vor: Sexreduktion aufgrund der familiären Verpflichtungen, Feiertage waren immer Mangeltage in dieser Hinsicht, als Geliebte eines Verheirateten eine ärgerliche Selbstverständlichkeit. Aber damit war jetzt Schluss. Schließlich hatte ich einen Freund. Und der musste jetzt seinen Mann stehen, ich war zu allem bereit.

Warf mich in ein sexy Weihnachtsmannkostüm mit Strapsen, hüllte mich nur notdürftig in meinen Mantel und läutete am dritten Weihnachtsfeiertag an seiner Haustüre. Ausgehungert, da beinahe tägliche Sättigung ge- und nun seit ein paar Tagen entwöhnt, wollte ich es wissen.
Ich schoss alle Bedenken in den Wind, die mich die Wochen davor zu großer Zurückhaltung bewogen hatten. Ich hatte meinen Freund bisher nur selten zu Hause besucht, und das sollte auch so bleiben, so lange ich mit meinem direkt neben ihm wohnenden Liebhaber noch nichts geklärt hatte. Eine „Entdeckung“ der sich anbahnenden ernsthaften Beziehung wollte ich natürlich nicht riskieren. Obwohl ich gerade ihm, dem permanent Fremdgehenden, keinesfalls Rechenschaft schuldig war, das verstand sich von selbst.

Mein Freund machte mir die Tür auf, immerhin hatte ich mich telefonisch angekündigt und er sich gefreut.
Als er mir galant aus dem Mantel half, fielen ihm beinahe die schönen blauen Augen aus seinem edlen Kopf. Er sah auf meine Beine, die hohen Schuhe, in mein Dekolleté, seitlich auf meinen Hintern, dann auf meinen rotgeschminkten Mund, meine schwarzbestrumpften Schenkel und hatte den Mund offenstehen. Das nutzte ich gleich, um ihm einen Zungenkuss angedeihen zu lassen, der saftiger nicht hätte sein können. Unser erster übrigens, kaum zu glauben. Mir gefiel das gut, ich machte munter weiter, er wich dabei zurück. Na warte, du entkommst mir nicht! Ich bekam ihn am Hosenbund zu fassen. Ich neckte ihn, rieb mich an ihm, drängte die meinen zwischen seine kräftigen Oberschenkel. Ich spürte etwas Hartes, sehr weit rechts, unerwartet. Es war eine Fernbedienung, schnell in die Hosentasche gesteckt, als er mich an der Türe gehört hatte.

Was soll ich noch erzählen? Am besten alles, jetzt bin ich schon dabei.

Es ist nicht schön, was jetzt kommt. Und ich bin nicht stolz darauf. Ich wurde sanft zur Seite geschoben, bei den Schultern festgehalten wie ein kleines Mädchen, und er redete beruhigend auf mich ein: nicht alles zerstören, was wir uns aufgebaut haben, nicht immer nur das Fleischliche uns lenken lassen, schöne Verbindung, gedankliche Harmonie, Gleichklang der Seelen. Blablabla. Ich wurde wütend: „Sag doch gleich, dass du keinen hochbekommst!“

Er war getroffen, widersprach aber nicht. Ich kam in Fahrt, deutete Richtung Nachbarhaus: „Dein Nachbar, das ist ein Kerl! Der vögelt seine Frau jeden Sonntag, seine Freundin immer samstags und seine Geliebte die restlichen Tage der Woche, manchmal auch zwei-, dreimal hintereinander, und das seit Jahren!“

Ach ja, eine Frau, die keinen Sex bekommt, ist nicht zu unterschätzen. Sie kann jetzt nicht mehr aufhören. Es wird immer schlimmer: „Und weißt du, wer diese Geliebte ist? Dreimal darfst du raten!“

Er sah mich an, lange und unbewegt. Ich nickte nur. Er drehte sich um und ging ins Wohnzimmer zurück, holte sein iPhone und tippte darauf herum. Er schaute mich an und hielt es ans Ohr, dann näher an seinen Mund: „Ah, hallo, gut, dass ich dich erwische, tut mir leid, am Feiertag, aber es ist wichtig, kannst du kurz zu mir herüberkommen? Ich brauche dich schnell, da gehört etwas geklärt.“

Keine drei Minuten später war Isabellas Ehemann da. (Er sagte mir später, er hätte mich in der Auffahrt schon zuvor gesehen gehabt, bei meiner Ankunft bei seinem Nachbarn, durch sein Vorzimmerfenster.)
Er sah mich an, als wollte er mich gleich aufessen, auf der Stelle, mitsamt der schönen Weihnachtsmannverzierung. (Vermutlich war auch er auf Entzug, viel zu brav bei seinen Familienangelegenheiten, und mehr als einmal Sex pro Woche ließ sich seine Frau auch dann nicht abtrotzen.) Schließlich blickten sich die beiden Männer wortlos an, mein zurückhaltender, wenn nicht lustloser Freund brach das Schweigen: „Also, wenn das stimmt, was sie (er warf mir einen kurzen Blick zu, als er das sagte) behauptet, das muss ich deiner Frau sagen. Wir sind befreundet, das bin ich ihr schuldig.“

Wie wir beide da lachten, mein Liebhaber und ich! Schließlich beruhigten wir uns und klärten meinen Freund auf, den armen Toren. Dann war ich an der Reihe mit meinem Folge-Geständnis: Isabellas Plan kam zur Sprache, ihr Mann schien kaum schockiert, nur etwas nachdenklicher als zuvor; aber mein Freund, für den stürzte eine Welt ein in diesem Moment.
„Kein Grund für Dramatisierungen“, meinte der Nachbar. „Und wozu das schöne Kostüm verschwenden?“ Glühend blickte er mich an. Dann, an seinen Rivalen, der eigentlich keiner war, gewandt: „Ich zeige dir, wie sie es gerne mag. Sieh es als nachbarschaftlichen Freundschaftsdienst. Dann muss ich ohnehin wieder hinüber, wir bekommen gleich Besuch von meiner Schwiegermutter. Und du kannst dann in Ruhe weitermachen.“

Ich war entsetzt, was er sich herausnahm, und im ersten Moment sprachlos. Für meinen Freund musste das ein furchtbarer Affront sein. Doch wie erstaunt war ich, als ich seinen sich rasch verändernden Gesichtsausdruck beobachtete: Erwartbare Wut erkannte ich zuerst, den Impuls, dem unverschämten Nachbarn eine zu verpassen, damit der sein vorlautes Maul hielt. Aber dann, ein Zweifel, eine Spur von Aufhellung, und so sehr mich das überraschte: Anscheinend war er im Begriff, sich das mit diesem „Angebot“ ernsthaft zu überlegen. Ich schaute meinem Freund direkt in die Augen, er wich meinem Blick aus:
Scheinbar war Isabella wieder einmal auf dem besten Weg, ihren Willen zu bekommen.

Doch da regte sich etwas in mir, Widerstand, ein Gefühl, es diesmal nicht geschehen lassen zu können; wer war ich denn, mir von dieser Frau meine intimsten Entscheidungen abnehmen zu lassen? Die beiden Männer, bei denen schien ihr das ganz gut zu gelingen, sie plante und lenkte, und alle tanzten nach ihrer Pfeife. Die beiden sollten ruhig weiterträumen. Nein, lieber doch nicht. Damit war jetzt Schluss: Klare Worte waren angesagt.

„Ihr habt es wohl nicht ganz, ihr zwei!“, fuhr ich die beiden Männer an. Mein Freund protestierte, spielte das Unschuldslamm, schließlich sei der unmögliche Vorschlag ja von seinem perversen Nachbarn gekommen und nicht von ihm. Ich unterbrach ihn sofort: „Vergiss es! Ich weiß genau, dass du es in Erwägung gezogen hast!“ Und an den Nachbarn gewandt: „Und du zisch ab zu deiner Frau, was soll denn das??? Ich bin doch nicht dein Spielzeug!“
Ich kam in Fahrt, plötzlich standen mir da Parallelen zu meiner Arbeit vor Augen, und wie sehr ich dabei stets darauf bedacht war, den Klischees zu entkommen: „Und außerdem, ihr zwei Helden, was glaubt ihr eigentlich, womit ich mein Geld verdiene? Ihr habt mich nie genau danach gefragt. Dreimal dürft ihr raten…“

Ich war so in Rage, dass ich keine Antwort abwartete; sie waren ohnehin so baff, dass da noch ein Weilchen nichts gekommen wäre.
Dann drehte ich mich um, zerrte meinen Mantel vom Garderobenhaken und stürmte hinaus. Was glaubten die eigentlich? Und Isabella, der würde ich auch bald einmal meine Meinung sagen müssen.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 15137

Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 3

Niemandem konnte ich mich anvertrauen, selbst die aufgeschlossensten Bekannten hätten das nicht verstanden. Ich verkehrte in Künstlerkreisen, und da war man einiges gewöhnt. Ein verheirateter Liebhaber fiel da nicht weiter ins Gewicht. Ungewöhnlicher schon, dass die Ehefrau diesen Ehebruch aktiv betrieben hatte, mich also eingeladen hatte, es mit ihrem Mann zu treiben, möglichst oft, damit ihr Eheschiff in ruhigeren Gewässern fahren oder sogar ankern konnte.
Aber diese andere Frau, die er nun zusätzlich beglückte, das hätte keiner verstanden. So hielt ich lieber gleich den Mund, ich wollte ja keine Skandalprotagonistin und damit im Mittelpunkt des Geredes sein. Keiner wusste, wie sich mein Sexualleben oder das meines Gespielen gestaltete. Letzteres war sogar mir ein Rätsel. Es war ja nicht so, dass er seine wochentäglichen Besuche bei mir reduzierte oder gar einstellte, nein, lediglich der Samstagsbesuch wurde zur Seltenheit, sonntags war ohnehin von Beginn an seine Frau an der Reihe. Ich war schon so gewöhnt an diesen Rhythmus, dass ich nichts Besonderes dabei fand, die Wochentagsfrau zu sein, während meiner Meinung nach die andere zur Samstagsfreundin geworden und seine Ehefrau die Sonntagsdame geblieben war.
Wo er die Energie hernahm, war mir schleierhaft. Die anstrengende Arbeit auf der Baustelle, die Kurzdusche, dann der Katzensprung in meine Wohnung, anschließend heim zu Frau und Kindern. Er war zufrieden, wollte es genau so und nicht anders.

Ich jedoch begann mich umzusehen, denn anscheinend kam eine Zeit des Zweifels für mich, ob ich ewig so weitermachen wollte. Die Wochenenden ausschließlich alleine zu verbringen, war kein Vergnügen mehr. Ging ich aus, sah ich Paare, die gemeinsam ihre arbeitsfreien Tage genossen. Rief ich eine Freundin an, so kam es nur in Ausnahmefällen zu einer zweisamen Unternehmung mit ihr, denn am Wochenende war Beziehungspflege mit dem jeweiligen Partner angesagt. Ja, wir kamen alle in das Alter, in dem solche Dinge wichtig wurden, und ich war es leid, offiziell als das arme Singlewesen zu gelten, das hie und da zu einer Veranstaltung mitgenommen wurde. Dem Junggesellen vorgestellt wurden, solche, die diesen Status gerne verlieren wollten, und welche, die sich recht wohl in ihrer Rolle fühlten und auf schnellen Sex aus waren. Die letzte Gruppe interessierte mich überhaupt nicht, so einen hatte ich schon. Montags bis freitags, für eine gute Stunde am frühen Abend.

Ich begann, mich zu entziehen. War während der Woche zuerst einmal nicht da, dann schaltete ich das Telefon aus. Hörte die Sprachnachricht ab, antwortete aber nicht darauf. Er hatte keine Ansprüche und das konnte er ruhig bemerken. Dieses Spiel betrieb ich zuerst an einem Tag der Woche, dann an einem zweiten, bis er schließlich Lunte roch und mich zur Rede stellte: Magst du nicht mehr?

Doch, das Eine wollte ich schon. Aber das andere, damit Verbundene eben nicht mehr. Kein Warten auf den Auftritt des Figaro. Kein Wochenende ohne Kontakte. Die nicht zielgerichtete Zärtlichkeit begann mir zu fehlen, und dass mir jemand in der Früh einen Kopfpolster wegzog. Immer alleine schlafen, niemals jemanden zum Reden haben am Abend, das wollte ich nicht mehr. Ich wollte einen Freund. Einen richtigen Partner. Es war so weit. Unsere Liaison neigte sich dem Ende zu.

Ich musste es ihm sagen, und seiner Frau ebenfalls. Die andere war mir egal. Vielleicht würde sie mit Freuden die freiwerdenden Tage übernehmen. Sie wirkte nicht so, als wäre sie eine Kostverächterin.
Ich vertraute auf die Schläue seiner Frau, die ich schon früher bewundert hatte. Vielleicht würde sie es mir sogar abnehmen, dieses schwierige Gespräch mit ihm zu führen. Also los.
Diesmal wollte ich sie vorwarnen und nicht einfach vor ihrer Haustüre stehen. Beim letzten und einzigen Mal, als es dazu gekommen war, hatte sie mir vor dem Gehen noch ihre neue Handynummer gegeben, man könne ja nie wissen, hatte sie gemeint. Auch damit hatte sie recht.

Ich schrieb ihr ein SMS des Inhalts, dass wir uns treffen sollten, am liebsten recht bald, zu einem Spaziergang vielleicht. Sie rief zwanzig Minuten später zurück und meinte, die Kinder jetzt zu einer Freundin gebracht und daher Zeit für unser Gespräch zu haben.

Sie kam mir auf dem Kiesweg entgegen und sah besser aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Frischer, ausgeruhter und irgendwie munterer. Vermutlich waren ihre Kinder aus dem anstrengendsten Nicht-Schlaf-Alter heraußen. Ich kannte mich bei so etwas ja nicht so gut aus, aber das musste eine Plage sein, das Munterbleiben in der Nacht, mit einem kleinen Schreihals auf dem Arm.
Sie war wie bei unseren vorangegangenen Gesprächen direkt und keineswegs verlegen, nicht so ich.
Es gebe wohl Gesprächsbedarf, meinte sie, und ich bejahte. Gut, dass ich gekommen sei, sagte sie gleich. Sie hätte ohnehin wieder einmal mit mir reden wollen.

Nichts solle verkompliziert werden, war ihre Meinung, und sie war dafür, die Dinge gleich beim Namen zu nennen. Ich sagte, für mich sei es Zeit zu gehen, diese Viererkonstellation zu verlassen. Sie schien irritiert. Ihr Mann habe recht zufrieden und ausgeglichen gewirkt, als er morgens aus dem Haus gegangen sei, ob er schon davon wisse? Ich verneinte.
Daraufhin bat sie mich, noch ein wenig zu warten, bis es einen geeigneteren Zeitpunkt für diese Eröffnung gab. Oder ob ich bereits jemand anderen im Auge hätte, weswegen ich diesen Schritt andachte, und es deswegen eilig hätte?

Nein, keineswegs, versicherte ich ihr, und ich wollte sicher keine Schwierigkeiten machen, der Sex sei auch immer noch ausgezeichnet, aber ich hätte gerne eine Beziehung in meinem Leben, mir käme das alles zunehmend hohl und substanzlos vor, doch besondere Eile hätte ich nicht. Ich wollte sie nur darauf vorbereiten, dass sich vermutlich etwas ändern werde.
Sie seufzte irgendwie beruhigt, dann hatte sie einen nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Unser Nachbar, Liebes, der sucht eine Freundin. Ein sehr attraktiver Mann. Hat mir anvertraut, dass er es satt hat, jeden Abend alleine zu sein. Am Wochenende fällt ihm die Decke auf den Kopf. Am liebsten würde er durcharbeiten, damit er nicht merkt, wie einsam er ist. Der ist eine gute Partie. Ich würde ihn dir gerne vorstellen. Oder du versuchst ihn wie zufällig in der Nähe seiner Arbeit kennenzulernen, er arbeitet immer lange, bis nach 20 Uhr, danach könntest du ihm über den Weg laufen. Sein Büro liegt gleich neben einer kleinen Bar.“

So verließ ich die Frau mit einem Zettel in der Tasche und recht verwirrt. Hatte ich nun etwas erreicht oder nicht? War das jetzt so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte?

Kaum war ich in der Straßenbahn, erreichte mich ein SMS von ihr: Schätzchen, damit wir uns richtig verstehen: Ich meine natürlich zusätzlich, nicht stattdessen. Herzliche Grüße, Isabella.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 15114

Cowgirl im Kaukasus. Rindsdramolett in Versen

(aus dem Zyklus Antike Traumata, Folge 2, 2013/2014)

DRAMATIS PERSONAE
IO: rastlose Halbgöttin, von Göttervater Zeus vergewaltigt und in eine Kuh verwandelt (Kostüm: Kuhfell-Hotpants, Kuhglocke, angedeutete Hörner usw.), wird von Hera gejagt
PROMETHEUS: prominenter Feuerdieb, von den Göttern bestraft, im Kaukasus festgeschmiedet
OZEANIDEN: drei durchgeknallte Nymphen
Tiere: eine Kuh (= Io) und eine unsichtbare, aber hörbare Gelse (= Hera)
Ort der Handlung: Kaukasus-Gebirge
Geräusche: Surren einer Gelse
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Musik: Hits einbauen (z.B. „Mosquito“ – The Doors, „I.O.I.O.“ – Bee Gees, „Summer Nights“ – Grease)

E R S T E R   A K T

CHOR DER OZEANIDEN
Warum sind wir schon wieder hier?
Das, bitteschön, ist unser Bier!
Wir sind Ozeaniden, frank und frei –
Bei jedem Sau-Austreiben dabei.
Ob’s den Sterblichen gefällt, ist einerlei!

Geräusch: surrende Gelse ( = Hera)

IO
(verwandelt in eine Kuh, muhend)
Dieses verdammte Gelsen-Tier,
Seit tausend Jahren folgt es mir!
Wie sehr ich dieses Monster hasse,
Ich bring es um samt seiner Rasse!

Auftritt Ozeaniden
CHOR DER DREI OZEANIDEN
Stolze Io, verwandelt in eine Kuh,
Hör auf zu fluchen, gib eine Ruh!

IO
Ozeaniden! Schrecklich ist’s hier!
Wenn ich zumindest hätt ‘nen Stier
Oder ein Fass Gösser Bier,
Dann wär bedeutend wohler mir.

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Wir führen nur griechischen Wein,
Retsína, den hau’n wir uns rein!
Flüssig ist, was uns erregt,
Wasser wurde uns in die Wiege gelegt.
Unser Vater, sonst ein alter Falott,
Ist des Meeres mächtiger Gott.
Und jetzt ein attischer Toast
Wir heben die Gläser – Prost!

IO
Bei Zeus! Dieser harzige Rebensaft
Gibt weder Freude mir noch Kraft!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Kraft willst du? Dann soll Gras dich erfreuen!
Mahlzeit, Kuh! Gutes Wiederkäuen!

IO
Mich trifft der Ozeaniden Spott
Weil ich als Kuh durch Asien trott’.
Warum musste Zeus mich verwandeln!?
Jetzt ess’ ich Heu statt süßer Mandeln!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Liebe Io, red’ keinen Schund!
Du kennst sehr wohl des Übels Grund.
Es war dein One-Night-Stand mit Zeus  –
wir sagen heut nur: reu es, reu’s!
Hera ertappte euch – sie ist schlau -
Sah unterm Leintuch die Form einer Frau.
Da verzauberte Zeus dich flugs in ’ne Kuh
Und statt Gestöhne kam ein „Muh“.
Überrascht von Rinder-Anatomie
Witterte Hera gleich Sodomie.
Doch Zeus log: „Keine Sorge, Hera!
Die Kuh dient nur als Bettbeschwerer.
Und morgen geht’s an die Riviera!“
Die Göttergattin war zufrieden
Und Ios Schicksal war entschieden!

IO
Hera, diese alte Schlampe
Werft sie über Olympos’ Rampe!
Vergewaltigt hat mich Zeus, das Schwein,
Ich war nicht gefragt, er wollt’ nur rein!
Nicht rächen braucht Hera sich an mir,
Soll sie doch stechen ihren göttlichen Stier!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Sex ist Sex – frag den Klaus Kinski,
Frag Tiger Woods oder Lewinsky!

IO
Schlecht und hinkend der Vergleich!
Wir sind in Asien, nicht im Ami-Reich!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Egal. Hera hat eure Affär’ durchschaut.
Und grenzenlosen Zorn gestaut,
Jagt nun als Gelse deine Haut!

(Geräusch der nahenden Gelse/Hera, Io schlägt wild um sich)

IO
Dies Monster, es kommt aus den Reben!
(Io versucht vergeblich, die Gelse zu erschlagen.)
O shit! Schon wieder daneben!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Los! Flüchte auf den hohen Felsen
Und sieh dich vor – vor dieser Gels’n!
Hera mag den Bergwind nicht,
Sie hat ja – sagt man am Olymp – die Gicht.

IO
Okay, ihr Gscheiterln, ich werd’s probieren
Und erklimm die Felsen auf allen Vieren!

 
Z W E I T E R   A K T

(Prometheus, mit nacktem Oberkörper und gefesselt in Ketten an einem Felsen im Kaukasus)

IO
(langsam auf die Bühne kriechend, sieht Prometheus nicht sofort)
Seltsam! Was ist das für ein Rasseln?
Ist es der Lärm von tausend Asseln?
Von anderen Tieren kann’s nicht sein,
Denn dazu gäb’ es keinen Reim!
Das Geräusch kommt von drüben, shit!!
Ich glaub mich trifft ein Pferdetritt:
(erblickt Prometheus)
Was hängt denn da für einer?
Bist du Jesus oder der Müller Heiner?

PROMETHEUS
Prometheus bin ich!, dummes Rind.
Erkenn mich – oder hau ab geschwind!

IO
Ich seh der Stricke und Ketten viele
Stehst du vielleicht auf Fessel-Spiele?

PROMETHEUS
Ich häng’ hier in Ketten, hart bestraft
Seit Zeus mich als Feuerdieb entlarvt.
Im Herzen bin ich ein unbefleckter Titan
Daher, Fleckvieh, rühr mich nicht an!

IO
Was treibst du vor Kaukasus’ Rachen?
Mich deucht, du hast nicht viel zu lachen.
Stehst aufrecht da, umringt von Ketten –
Machst du auf Sado-Maso? Oder soll ich dich retten?

(Auftritt Ozeaniden)
CHOR DER DREI OZEANIDEN
Io, Rindvieh!, red keinen Scheiß!
Der da hängt in seinem Schweiß,
Das ist ein Held, bestraft von Zeus
Gequält zu werden von Flöh‘n und Läus!

IO
Was hat er denn nur verbrochen?
Kann er kein Moussaka kochen?

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Er gab den Menschen Strom und Feuer,
Doch das ist heute mehr als teuer.
Für unsere Götter war’s frivol,
Sie haben das Energie-Monopol
Und halten nichts von E-Control!

IO
Kann Prometheus, eigentlich
Nicht sprechen – selbst für sich?

PROMETHEUS
Etwas weh tut mir die Zunge
Und schlecht bestellt ist’s um die Lunge.
Schuld daran ist nicht das Rauchen,
Sondern der Vulkane Schmauchen.
Kann nicht sprechen, nur noch hauchen.

IO
Kannst du zuvor mir noch sagen:
Was tut man gegen Gelsen-Plagen?
Gibt’s hier keinen Anti-Moskito-Klee,
Oder einen Insekten-Spray?

PROMETHEUS
Du hast Sorgen, attische Kuh.
Ich schrei vor Qualen, du machst „Muh“!
Du rennst davon vor kleinen Mücken,
Ich kann seit Jahren mich nicht bücken!

IO
Erst hilf du mir, dann helf ich dir!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Io, schäm dich, das ist nicht fair.
Er ist gemartert, kann nicht mehr.

IO
Okay, okay – ich versuch es mal
Zu beenden seine gottgewollte Qual!
Muh, muh, muh!!!
(Die Kuh Io rüttelt an Prometheus’ Eisenkette.)

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Dein Maul ist stark – Io, mach weiter,
Aber heb dir keinen Bruch im Euter!

PROMETHEUS
Pass auf! Meinen Lendenschurz
Zu verlieren ist mir nicht schnurz!
Außerdem, ich werd nicht müde
Zu erinnern: Ozeaniden sind prüde.

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Lieber Prometheus, so schlimm ist’s nicht.
Wir sahen schon oft einen nackten Wicht!

PROMETHEUS
Haut ab und schlürft eure Klostersuppe,
Ich spiel hier nicht die Ausziehpuppe!

(Io reißt ihm den Lendenschurz entzwei bzw. die Hose runter, Prometheus fast nackt auf der Bühne.)

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Hoho, Prometheus – das Höschen ist runter!
Heut’ treiben wir es noch viel bunter.

IO
Nicht schlecht gebaut, der Götterjunge.
Schon feucht wird meine Rinderzunge.
(Io überhäuft Prometheus mit Küssen, muht dazu erregt.)

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Schaut euch das an – Io ist verrückt!
Und von Prometheus ganz verzückt.
Schon packt sie seinen schönen Leib,
Sie ist halt doch ein echtes Weib.
Wen wundert’s, dass auch Zeus sie wollte
Und in seinem Bette mit ihr tollte.
Aber jetzt ist der Prometheus dran,
Io stürzt auf ihn wie ein Orkan!
Zu hoffen bleibt, dass der Titan
Sich nicht infiziert – mit Rinderwahn!

(Leidenschaftliche Szene von Io und Prometheus.)


D R I T T E R   A K T

(Io und Prometheus in post-koitaler Umarmung. Geräusch: Gelse kommt wieder)

IO
Scheiß-Gelse! Ich sag’s ganz barsch:
Sie hat mich gestochen – in den Arsch!

PROMETHEUS
Und du hast mich gebissen – binde mich los.
Die Ketten sind lockerer seit fort ist die Hos’!

IO
O nein – gefesselt bist du mir recht.
Wie oft kriegt man einen tollen Hecht!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Was hier geschieht ist nicht okay!
Wir fordern die geweihte Eh’,
Bevor dies unsittlich Getue
Zerstört die gottgewollte Ruhe!

IO
Ach – haltet euer Maul da oben!
Wenn ihr wollt, zieht aus die Roben
Und schwebt herab, wir machen’s als Gruppe
Was die Götter denken, ist uns Schnuppe!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Sie verflucht die Götter – das geht zu weit,
Freundinnen, macht die Flügel breit!
Wir werden dich strafen und lehren
Den ganzen Kaukasus zu kehren.

IO
Eine Halbgöttin nimmt keinen Besen!
Putzt weder Kaukasus noch Tresen.
Doch nun zurück zu meinem Schätzchen
Jetzt gibt’s Amore – und keine Mätzchen!!

PROMETHEUS
Io! Die Ozeaniden greifen an.
Du bist ein Riesen-Blödian!
Konntest du nicht lösen zuerst die Kette
Bevor du dich hängtest an mich wie ’ne Klette?

(Die Ozeaniden attackieren Io.)

IO
Zu spät, die Schergen sind über mir,
Sie flattern herbei wie ein Vampir!

(Ein heftiger Kampf zwischen Io und den Ozeaniden entbrennt.)

IO
Muhh, muhh!
Lasst mich los, ihr perversen Engel!
Ich will ihn küssen, diesen Bengel!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Allzu frech sind deine Worte,
Dafür gibt’s keine Premierentorte!

(Io wird überwältigt und schreit muhend auf.)

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Haben wir dich am Krawattel!
Jetzt kriegst du einen Leder-Sattel,
Und reiten werden wir auf dir,
Du sexsüchtiges Rindertier.

(Io am Boden knieend, die Ozeaniden nehmen unaufgefordert auf Ios Rücken Platz.)

PROMETHEUS
Steigt ab – ihr seid zu schwer!
Io ist eine Kuh, kein Bär!

CHOR DER DREI OZEANIDEN
Was willst du eigentlich genau?
Zuerst beschwerst’ dich über diese Frau
Und jetzt willst ihr helfen? Amore, ciao!

PROMETHEUS
Reitet nicht fort – was soll aus mir werden?
Ich möchte aufs Amt für Rinderbeschwerden!

IO
Geliebter Prometheus, ich muss weiter.
Mich drücken die Hintern schwerer Reiter.
Zum Bosporus zieh ich, so will’s die Geschichte,
Gegen das Schicksal sind wir arme Wichte.

(Die Kuh Io trottet davon, angetrieben von den drei Ozeaniden sowie der Gelse Hera.)

PROMETHEUS
Na toll – diese Visite hat’s gebracht,
Bin nicht befreit und jeder lacht.
Fast nackt steh ich in eiserner Kette
Bald knipsen mich Japaner,  jede Wette!
Ach, liebe Leute, streng genommen:
Unsere Zeit ist sehr verkommen.
Mit bleibt nur’s gestohlene Feuer,
Das spart Zünder, die sind teuer.
Götter, lasst klingen die Kastagnetten,
Ich rauch die letzte Zigarett’n!
In der Not werden „Falk“ zur Delikatesse
Rauchen geht gefesselt,  dafür reicht die Fresse!

(Prometheus windet sich in seinen Fesseln und steckt sich – artistisch, nur mit Zuhilfenahme seiner  Lippen – eine Zigarette an.)

E N D E

Bernd Watzka
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Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 2

Ich weiß noch genau, wie genüsslich er die Orange schälte, während er mir von seiner exotischen Eroberung erzählte.
Mich wunderte es nicht, dass er sich ein wenig umgesehen hatte. In letzter Zeit hatte ich sehr wenig Zeit für ihn gehabt, zumindest weniger als in den eineinhalb Jahren davor. Ja, so lange ging das damals schon mit uns! In dieser Zeit war ich recht erfolgreich gewesen, und ich vermutete, auch dank ihm. Ich sah alles in einem anderen Licht, ich war selbst ein freierer Mensch geworden, lebte für den Tag und nicht für das Morgen. Das tat mir und meiner Kunst gut, und so blieb der Erfolg nicht aus: Aufträge en masse, sogar im Ausland war ich mehrfach unterwegs, und ich lebte erstmals in meiner noch eher jungen Karriere ohne Geldsorgen und mit viel kreativem Spielraum mein mir selbst gewähltes Leben; nicht zuletzt als Geliebte eines verheirateten Mannes. Dessen Ehefrau war’s auch zufrieden, sie selbst hatte mir ja den Vorschlag unterbreitet, und so lief alles wie am Schnürchen. Zumindest bis zu jener postkoitalen Orange. Von da an wusste ich, es war eine andere im Spiel, eine zusätzliche Person, ja, ein Unsicherheitsfaktor in Bezug auf unsere gut funktionierende Ménage à trois.

Und es ließ mir keine Ruhe. Ich kam in einen Zustand des Besitzenwollens, der mir zuvor fremd gewesen war. Dass seine Frau Vorrang haben sollte, war von Anfang an klar gewesen, aber jetzt, diese Frau, von der er so schwärmte? Das musste ich erst einmal verdauen. So viele Fragen stellten sich auf einmal. Wie weit war er gegangen? Was wollte sie von ihm? Dasselbe wie ich? Wusste seine Frau davon?
Und so kam es, dass unsere Gespräche, statt sich wie bisher vorrangig um Sex zu drehen (denn das hatten wir in all diesen Monaten davor geschafft, bei seinen kurzen Besuchen fast ausschließlich beim Thema Nummer eins zu bleiben), in ein verhörartiges Beisammensein umschlugen, sehr zu seinem und meinem Missfallen.
Schließlich beschloss er, dem ein Ende zu setzen. Und zwar nicht seinen Treffen mit dieser aufregenden neuen Frau in seinem Leben (oder gar unseren Zusammenkünften), sondern unserer jetzigen unbefriedigenden Situation. Irgendwie schien er zu verstehen, dass das alles zu viel des Ungewissen war, mit dem ich plötzlich konfrontiert worden war, und so machte er einen folgenschweren Vorschlag.
Sie hätte nichts dagegen, mich zu treffen, meinte er. Sie sei clever und schön, spräche sehr gutes Englisch mit reizvollem Akzent, wir würden uns schon verstehen. Und obwohl ich nicht wusste, wohin das führen sollte, ließ ich mich darauf ein. Ein bisschen geschmeichelt fühlte ich mich wohl auch, denn ich hatte in diesem einen Fall einen Vorzug gegenüber seiner Frau: Mir wollte er zuerst das Vertrauen schenken, und ich sollte ihm dann auch mit meinen Ratschlägen weiterhelfen – ob er ihr das Ganze erzählen oder es lieber lassen sollte? Auch bei dieser Entscheidung sollte ich ihm zur Seite stehen, und er meinte, das ginge leichter, wenn ich wüsste, um wen es sich handelte und worum es eigentlich ging.
Höchstens am allerersten Tag meines Zusammentreffens mit diesem Mann war ich aufgeregter als an jenem weiteren, dem gemeinsamen Treffen mit „der Neuen“.
Da sein Haus aus naheliegenden Gründen als Treffpunkt ausschied und ich ein Treffen bei mir ausschloss (ich kannte die Frau schließlich nicht, und Vorsicht war geboten, meiner Meinung nach), ein Hotelzimmer überdies für alle Beteiligten nicht in Frage kam und sie eine geeignete Bleibe hatte, war der Ort des Geschehens rasch klar.
Er und ich fuhren erstmals zusammen mit seinem Auto hin, so viele Premieren auf einmal! Mir war das alles nicht recht geheuer. Doch mein Herz schlug sich wacker. Es setzte nicht einmal aus, als uns schließlich eine dunkle Schönheit die Haustüre öffnete, die zuerst mich, dann ihn freundlich anlächelte und anschließend mir Wangenküsschen und ihm einen dicken Schmatz auf den Mund gab.

Sie bat uns herein, ein Blumenduft umwehte ihren langen Rock, und ich wusste sofort, was er an ihr fand. Es war nicht nur ihr exotisches Äußeres, das ihn faszinierte. Ihr Gang war wiegend, einladend und herausfordernd zugleich. Es war ein Vergnügen, ihr zuzusehen, wie sie vor uns die Stiege hinaufging, während sie Nettigkeiten von sich gab, und alleine ihr zu folgen, war eine Sinnenfreude. Zum ersten Mal an diesem Tag war ich entspannt. Diese Frau führte nichts Böses im Schilde, sie war wie ich einfach nur scharf auf Lust, auf jede Menge davon. Und dafür hatte sie sich schließlich genau den Richtigen ausgesucht, eine schlaue Frau!
Wir setzten uns in bequeme Fauteuils, jeder in einen, und tranken Rotwein, während wir uns recht gut unterhielten. Sein Englisch war schlechter als unseres, dafür kannte er viele ihrer Geschichten schon, denn wie ich feststellen musste, redete er mit ihr wesentlich mehr als mit mir jemals, zumindest nach dem zu urteilen, was er alles von ihr wusste. Erstaunlich, wie anders als bei ihm und mir …
Was noch anders zwischen ihnen und uns beiden war, sollte ich auch bald erfahren.
Irgendwie veränderte sich die Stimmung, die beiden begannen eindeutig, heftiger zu flirten, und ich machte Anstalten, mich ins Erdgeschoß zu begeben, um den beiden ein paar exklusive Minuten zu gönnen. Anscheinend hatte ich mich mit dieser Konstellation sehr rasch zufrieden gegeben; wenn er bei ihr war, gehörte er ihr. Bei mir zu Hause hatte ich das Vergnügen. Bei seiner Frau daheim natürlich diese. Es war genug für alle da. Ganz einfach eigentlich.
Das wäre es vielleicht auch geworden, doch sie baten mich fast gleichzeitig zu bleiben.
Er meinte, er wolle offen sein, mich hätte doch immer so interessiert, was er mit ihr so anstelle. Und sie lächelte mich an und nickte bloß.
So kam es, dass ich Zeugin eines Liebesspiels der anderen Art wurde. Er kniete sich vor sie hin und stützte sich dabei mit einer Hand am Boden ab, während er mit der anderen behutsam ihren Rock entlang hinauf strich, sodass ich die Haut ihrer angespannten Oberschenkel unter dem Stoff hervorblitzen sehen konnte. Immer weiter drang er vor, und schließlich verschwand er mit seinem Kopf unter ihren luftigen Stofflagen. Ich sah ihr Gesicht, und ich sah Entzücken, ich spürte ihre Anspannung, hörte ihr Seufzen, ihre gehauchte Bitte, ihr doch moremoremore zu geben. Sah, wie sie ihn mit begierigen Händen am Hosenbund erwischte, wie sie ihm den Gürtel öffnen wollte, wie er abwehrend zurückwich und sie etwas bedauernd, wie mir schien, zurechtwies: no! Sie bekam nicht, was sie wollte, sie bekam es einfach nicht von ihm. Er nannte sie sein mousse au chocolat, er verwöhnte sie nach allen Regeln der Kunst. Ich wusste genau, wie er das machte - mit seinen geschmeidigen Lippen, seiner wendigen Zunge, seinen kräftigen Händen, fast spürte ich es selbst an und in meinem Körper, wie es schon so oft gewesen war. Dabei wurde mir heiß und heißer, das Schauspiel vor meinen Augen vermischte sich mit meiner Erinnerung an ihn und mich, und ich sah die verzückte Frau neben mir verschämt an. Sie blickte mir direkt in die Augen, wir saßen ganz nahe beieinander, und ich meinte zu sehen, wie sich ihre Pupillen verkleinerten, als ob ihr Blick sich in sie selbst zurückziehen würde. Sie nahm mich kaum mehr wahr, schloss ihre Augen halb und seufzte leise.
Er machte so lange weiter, bis sie aufgab, sich ihm hingab, voll und ganz, und sich schlussendlich doch gänzlich gesättigt zurücksinken ließ.
Er tauchte wieder auf und sah mich unverschämt grinsend an: Weißt Du, worauf ich jetzt Lust hätte? Auf Vanillecreme.

Das war also der Unterschied. Seine Frau wusste nichts von der Neuen, und solange das so war, hatte er keinen Geschlechtsverkehr im eigentlichen Sinne mit ihr. Was für eine Heuchelei! Ich war sozusagen „genehmigt“ und daher fürs ganze Programm gebucht, und diese eine, neu Hinzugekommene musste sich gedulden, bis er sich daheim die Erlaubnis abgeholt hatte. Welchen Unterschied würde diese feine Grenze für seine Frau machen? Was dachte er sich? Gar nicht so viel, vermutlich, Männergedanken.
Die Zeit verging, unser „Dreier“, den ich aber nicht als solchen empfand, wiederholte sich in den darauf folgenden Wochen nicht. Wohl aber seine Fragen, was ich ihm raten würde, obwohl das ganz klar war: seiner Frau reinen Wein einschenken natürlich. Aber er war feige, feige und gleichzeitig fühlte er sich im Recht. Als ob das kein Betrug an seiner Frau wäre, was er da hinterrücks trieb, als ob ihr das egal wäre. Wäre es ihr egal?
Ich verlor schön langsam die Geduld. Ich billigte dieses Verhalten nicht. Seine neue Eroberung war mir da weniger wichtig, ich dachte, sie würde die Situation schon zu ändern wissen, wenn sie genug von seiner Hinhaltetaktik hätte, aber noch schien es für sie zu passen. Zumindest hörte ich nichts Gegenteiliges von ihm, mit ihr selbst hatte ich ja keinen Kontakt.
Wieder war Zeit vergangen, wieder löcherte er mich mit Fragen, was er tun sollte, falls ja, wann der richtige Zeitpunkt wäre, seine Frau in Kenntnis zu setzen, im Urlaub vielleicht, oder danach, kein Datum schien gut genug für dieses Vorhaben.
Schließlich reichte es mir. Mir tat die Frau leid, und ich hatte das Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein. Sie hatte mich fast zwei Jahre lang großzügig (wenn auch nicht ganz uneigennützig) teilhaben lassen an dem ihr Zugedachten, hatte uns niemals etwas in den Weg gelegt. Und was er nun machte, war so falsch, nicht mir gegenüber, da waren die Karten auf dem Tisch, aber ihr. Merkte er nicht, wie er mich gegen sich aufbrachte mit dieser Schwäche, die aus Egoismus resultierte?

Beim nächsten Treffen sagte ich ihm, ich sei jetzt zwei Tage lang nicht zu erreichen, da ich zu einer Projektbesprechung nach Berlin fliegen würde. So konnte ich mir ziemlich sicher sein, dass er bei der anderen sein würde, an zumindest einem dieser Tage. Um ganz sicher zu sein, ihn nicht versehentlich anzutreffen, wählte ich einen Tag, an dem er auf der Baustelle anwesend zu sein hatte, und ging zu seiner Frau.
Wieder ein erstes Mal, wieder eine Aufregung, die ich mir lieber erspart hätte, aber ich tat das einzig Richtige, dachte ich in diesem Moment, als ich an der Tür läutete.
Seine Frau war mehr als erstaunt, mich zu sehen. Natürlich erkannte sie mich wieder, sie bat mich schnell herein, ihr Mann war also sicher nicht da. Die Kinder waren auch nicht zu hören, sie hielten vielleicht ihren Mittagsschlaf. Ein guter Zeitpunkt also, um mit dem Grund meines Besuchs herauszurücken, doch die Worte wollten nicht so recht kommen. Ich plagte mich sehr mit diesem Verrat an ihm, als den ich mein Vorhaben nun plötzlich auch empfand.
Seine Frau half mir, indem sie mir klare Fragen stellte: Ob alles klar sei mit ihrem Mann? Ob ich genug von ihm hätte? Auf die erste Frage konnte ich nicht gleich antworten, ich verneinte aber die zweite. Sie seufzte und sagte: „Kindchen, wenn Du hier bist, warum ich glaube, so danke ich Dir vielmals. Aber ich weiß Bescheid. Ich weiß gerne Bescheid. Drum habe ich mich erkundigt. Und darüber hinaus hatte ich gestern einen ganz ähnlichen Besuch wie Deinen. Sehr hübsche und nette Person übrigens. Ich hoffe, Du kommst auch damit klar.“

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 14048

Zu dritt

Abends, wenn ich nach der Dusche in meinen Pyjama schlüpfe, dann trifft mich überraschend oft ein begehrlicher Blick aus vertrauten Augen. Nach all den vielen Jahren immer noch. Und ich freue mich und genieße unsere kleinen Rituale. Und vor allem, dass es wirklich wieder Freude macht. Es gibt da nämlich jemanden, der von außen Einfluss nimmt, nicht ausdrücklich zwar, aber dennoch unmissverständlich. Du bist das und du weißt es auch. Du bist dabei. In meinen Gedanken.

Er ist mein Mann, seit langer Zeit, und ich habe nie etwas bereut diesbezüglich. Er passt zu mir in vielen Facetten des Lebens. Er hat die Erwartungen erfüllt, keinen Raum gelassen für Bedürfnisse nach einem anderen. Bis vor kurzem war er mein Ein und Alles.
Dann warst du plötzlich da. So unvermutet, so umwerfend deutlich und doch zögerlich zugleich. Du warst angenehm unbeholfen. Ein wenig durcheinander, so wie ich. Das alles ganz und gar unpassend, ja geradezu unmöglich! Und obwohl du dich rasch wieder zurückgenommen hast, noch vor allem Konkreten, warst du längst in mein Herz eingezogen. Wo du ganz bestimmt niemals hinwolltest. Wie selbstverständlich du deinen Platz dort eingenommen hast. Ob ich das so gewollt habe? Kein Gedanke! Und doch bist du dort.

Später auf dem Sofa vor dem Kamin drückt er sich an mich. Seine warme Hand bahnt sich ihren Weg und prüft sanft, ob ich bereit bin. Und nimmt voll Staunen zur Kenntnis, dass da sehr viel mehr ist als nur Bereitschaft. Ich habe solche Lust auf dich. Auf ihn. Ich spüre seinen Atem in meinem Nacken und höre sein leises Stöhnen als er in mich eindringt.
Wie klingst du? Wie riechst du? Wie fühlt es sich an, wenn du in mich vorstößt? Wie bewegst du dich in mir, schneller, kräftiger, jünger als er? Absurd! Als wären es bloß technische Varianten des ewig Gleichen.

Du und ich können in keiner Weise mit diesem neuen Zustand umgehen. Ohnehin nicht mit dem Verbotenen, das lassen wir bleiben, aber auch nicht im Mindesten mit uns. Nicht mit dem Gefühlsaufkommen. Wir können nichts tun, außer uns beharrlich aus dem Weg zu gehen. Das ist möglich, auf den Zufall ist immerhin in seiner Nachlässigkeit Verlass. Aber wie unzureichend, wie furchtsam und kläglich enttäuschend verhalten wir uns! Ein einziges Misslingen und Scheitern. Wir treffen nicht den richtigen Ton, ich bin zu direkt und dir bleibt jedes Wort im Hals stecken; du findest keines, nicht ein einziges. Geht es dir wie mir? An Plaudern ist nicht zu denken, Beliebiges will mir nicht in den Sinn.
Du siehst die Versuchung, ich das Versäumnis. Also lassen wir es sein. Wir lassen es bleiben. Wie es ist. Wir lassen uns bleiben. Wo wir sind. Und mit wem wir sind.

Ich bin über ihm und schiebe ihm sanft mein Becken entgegen, wieder und wieder, mit den Malen dringlicher. Meine Augen halte ich geschlossen, nun bist du wieder da und hast den oberen schwarzen Spitzenbesatz von meinem BH ein wenig heruntergezogen, meine Brustwarzen liegen frei und du streichelst fahrig darüber, mit angefeuchteten Fingern.

Du bist es nicht, doch wärst du es, würden wir uns dabei ansehen, so lange, bis wir die Intensität der Eindeutigkeit nicht mehr aushielten. Du würdest bald meine Bewegungen stoppen und mich zu dir herunter ziehen. Wir drehen uns auf die Seite, klammern uns aneinander und lassen unsere Körper ein wenig rasten. Wir küssen uns. Und rücken kurz voneinander ab, nur um erneut unsere Blicke zu suchen, ein drängendes Sich-einander-Vergewissern. Bevor unsere Lippen sich wieder ihre maßlosen Freiheiten herausnehmen und eilige Ansprüche geltend machen.

Mir bleibt, von dir zu träumen. Das ist auch gut, schöner vielleicht, wer weiß? Die Realität zeigt sich ja bekanntlich immer von ihrer einzigen Seite. Hätte ich die Wahl, dann wärst du mir in echt bestimmt am liebsten, die Phantasie ist zwar üppig, aber auf Dauer trostlos in ihrer unerwiderten Absehbarkeit.

Er flüstert mir etwas zu und ohne ihn gänzlich aus mir heraus gleiten zu lassen, nehme ich wieder meine vorherige Position ein. Ich solle mich nicht bewegen, sagt er. Ich schließe die Augen und bin wieder bei dir, über dir, auf dir, mit weit gespreizten Beinen, rittlings. Den BH hast du mir ausgezogen und meine Brüste liegen locker in deinen Händen, die du mir entgegenstreckst. Du bist es, besser geht's doch nicht! Was will ich mehr? Was, bitte, will ich mehr?!

Du hast dir ein Kissen unter den Kopf geschoben, und deine begehrlichen Augen lassen sich nicht entgehen, was deine Hände mit mir machen. Eine Brust gibst du jetzt frei und greifst mit deiner rechten Hand zwischen meine Beine. In dieser Position liegt alles offen und voller Erwartung. Du massierst mich mit deinem Daumen, du weißt, dass es nicht zu nass sein darf, damit die Reibung nicht zu kurz kommt, aber trotzdem feucht genug. Und alles geht dann schnell bei mir. Bei dir. Bei ihm.
Meine Augen, die lasse ich zu, dann bleibst du da und noch eine Weile in mir.
Es war so gut mit dir. Du kommst doch wieder?

Benno Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 14008

Kenntnisse einer Ehebrecherin

Ja, ich habe ihrem Wunsch entsprochen und mit ihrem Mann geschlafen, und ich tue es noch.
Die Frau hat eine Überzeugungskraft, die ihresgleichen sucht, ihre Geschichte erzählte sie mir gänzlich unvermittelt, damit konnte ich wirklich nicht rechnen.
Nach einer Kosmetikparty im Bekanntenkreis kam sie auf mich zu, ein Glas Rotwein in der Hand, und fragte mich, ob ich gerne Single sei.
Ehrlicherweise – warum sollte ich lügen - antwortete ich, dass ich in den letzten beiden Jahren keinerlei Bedürfnis nach einer Beziehung gehabt hätte, dass mir aber der Sex schon ein wenig fehle, denn der Schnelle-Nummer-Typ mit Unbekannten bin ich nun wirklich nicht, die wenigen Male, wo das gepasst hatte, waren auch schon wieder ein Weilchen her.

Ein kurzes Strahlen überzog ihr Gesicht. Meine Worte schienen sie ermuntert zu haben, denn sie erzählte mir von ihrem Leben, das wohl eher nicht zu den mit Zuckerguss überzogenen gehört: wie sie und ihr Mann sich in einem Kinderdorf in der Steiermark kennen gelernt hatten, als Jugendliche, er seiner Verwandtschaft entzogen, die unfähig war, sich um ihn zu kümmern, und sie, der zu Familie und Geborgenheit nur „abwesend“ einfiel. So fanden sie einander und gaben sich den Halt, den beide so dringend brauchten. Und hier stand sie nun, auf halber Strecke dieses gemeinsamen Weges: Mutter von drei Kindern, verheiratet mit diesem Jugendfreund, mit einer großen Bitte.
Sie wolle nicht meine Freundin werden, das sei nicht nötig. Und dann erklärte sie mir den Grund ihres überraschenden Vorstoßes: Sie brauche dringend eine Frau, der sie vertrauen konnte und die ihr eine große Belastung vom Hals schaffen würde. Ihre Ehe sei in Gefahr, weil sie den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes nicht gerecht werden könne und wolle.
Ich konnte es irgendwie nachvollziehen: Der Frust auf beiden Seiten stieg, sie fühlte sich zunehmend überfordert. Dazu kam, dass sie fürchtete, er würde in andere, noch ärgere Verhaltensmuster zurückfallen, wenn sie nicht bald etwas unternahm. Sie konnte sich noch gut an seine Spielsucht-Phase erinnern, die sie damals fast in den Ruin getrieben hatte.
Nun versuchte sie also dem, was sie Sexsucht nannte, beizukommen, und ich sollte ihr dabei helfen.
Der ungewöhnlichste Vorschlag, den ich jemals in meinem Leben bekommen hatte, und zugleich der weitreichendste: Ich solle durch den Ehebruch ihres Mannes ihre Beziehung retten.

Ihren Mann kannte ich vom Sehen, er hatte schöne, sanfte Augen, ein jungenhaftes Lächeln und einen kräftigen Körper, er war auf einer Baustelle beschäftigt, so weit ich mich richtig erinnerte.
Drei halbwegs schlaflose Nächte später rief ich sie an. Ein Kennenlernversuch könnte ja nichts schaden. So bin ich eigentlich sonst nicht. Wirklich nicht.
Aber erstens war und bin ich niemandem Rechenschaft schuldig und zweitens war ich neugierig, eine unfreiwillige mehrmonatige Durststrecke hatte ich auch hinter mir, dies nicht zu vergessen.

Als es zwei Tage später an meiner Wohnungstür klopfte, war ich ein Nervenbündel. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen?
Ich hatte zwar mein schönstes „Darunter“ angezogen und mich zurechtgemacht, rechnete aber nicht wirklich damit, dass es heute schon zum intimen Teil kommen würde, falls überhaupt jemals.
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass es gar keinen anderen geben würde, kein freundliches Geplänkel, keine leeren Worte.
Er zog eine Packung Kondome aus seiner Jackentasche und eine Tube mit Gleitgel aus der anderen und meinte, es sei mir hoffentlich recht, dass er das gleich mitgebracht habe, immerhin wüssten wir ja beide, warum er hier sei, und er freue sich sehr, dass ich einverstanden sei, seine Frau habe gut gewählt, ich gefalle ihm.

Was danach folgte, macht mich nicht stolz, ein bisschen schäme ich mich dafür. Aber die ganze Situation machte mich unverfroren und enthemmt, ich stand völlig neben mir, und das war schön.
Es gab kein Streicheln, kein Kosen, jede Handbewegung diente nur der maximalen Erregung, der eigenen zuerst und dann der des anderen. Ein zielgerichtetes Sich-Aufgeilen, eine hastige Vorbereitung auf den Final Countdown.
Er zog mich ohne Umstände aus, sich selbst öffnete er nur die Hose. Dann nahm er mich wie eine Schaufensterpuppe (ich ohne Widerstand, wie starr vor Schreck) und drehte mich um, sodass ich zur Wand gedreht stand, drückte meine Handflächen gegen die kalte Mauer und sich selbst hart gegen meinen Hintern. Irgendwann hatte er den Gummi übergezogen, glücklicherweise, zu solchen Gedanken war ich längst nicht mehr fähig. Er umfasste mein Becken von hinten und hielt mich an den Hüften in festem Griff. Und dann folgte unser „erstes Mal“.
Alles war anders als ich es bisher kannte, ich war ganz bei mir und meiner Lust, konnte ihn nicht sehen, wollte das vielleicht auch gar nicht. Er stand ganz dicht hinter mir und dennoch zog er bei jedem Stoß mit den Händen mein Becken zu sich hin, ungeduldig, rhythmisch. Wie ein Trommelstakkato, das seine Wirkung nicht verfehlen konnte.
Meine Brustspitzen trafen im selben Rhythmus auf die kalte Mauer, was mir jedes Mal einen zusätzlichen Schauer über meinen Körper laufen ließ.
Plötzlich zog er sich zurück, drehte mich um und forderte mich auf: Zeig mir, was Du sonst machst, wenn Du alleine bist. Zeig mir alles, komm.
Und ich konnte wieder nicht anders: Ohnehin schon bis zum Äußersten erregt stand ich da, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, mit breiten Beinen vor ihm und legte Hand an mich. Ich war außer mir vor Lust und hörte seinen Hinweis: „Mit der anderen Hand, bitte …, so kann ich besser sehen.“
Die Wirkung auf ihn war anscheinend auch kaum geringer, er hielt es nicht lange aus, mir zuzusehen. Er hatte mein Stöhnen wohl genau richtig interpretiert, denn er drehte mich wieder um, ganz kurz bevor ich die Ziellinie alleine erreicht hätte.
Es fand sich sofort wieder, was vorher schon so selbstverständlich in einander geraten war, ohne Umschweife. Da brauchte es bei beiden nicht mehr viel, alleine das Eindringen brachte uns zum Finale.
Pur und gut, ohne Nachdenken sogar, hatte sich alles wie verselbständigt, beide Körper, die selbe Gier hatte uns erfasst, zuerst die ungezügelten Laute, danach Ruhe.
Wenige Worte, Rasten, ein Glas Wasser, nach einer halben Stunde ein da capo, an dessen Details ich mich nicht mehr so genau erinnere, es folgten danach unglaublich viele, wenn auch nicht an diesem Tag, so an den folgenden.

Die Geltube kam nicht zum Einsatz, bis jetzt nicht, und doch wollte er mir damit etwas sagen (darüber haben wir später kurz gesprochen, Sex war beinahe das Einzige, worüber wir uns unterhielten): Nötigenfalls bedürfte es meiner anfänglichen Lust nicht, es könnte auch anders laufen, ihm wären Tür und Tor geöffnet, und wenn er mich so, halb gegen meinen Willen, nehmen würde, dann wäre sein Ehrgeiz sicherlich, mich zum Höhepunkt zu bringen. Schließlich hätte er die Bestätigung, sozusagen das Einverständnis im Nachhinein, und ich müsste ihm verzeihen.
Unser Arrangement sah nämlich folgendermaßen aus: sein Ungestüm gegen meine Befriedigung.
Er konnte tun und lassen, was er wollte, solange ich an mein Ziel gelangte.
Ich gebe zu, manches Mal fühlte ich mich wie eine Nutte, die er besuchte, bezahlt mit Orgasmen statt mit Geld. Dann – selten - ich stellte mir die Frage: Ist das schlecht?
Und so spielten seine Frau und ich das Heilige&Hure-Spiel mit verteilten Rollen, während er in einer Person zwei Charaktere vereinen konnte: den geilen Bock bei mir und den freundlichen Gärtner zu Hause. Wenn er nämlich heimkam zu seiner Familie – seine Besuche bei mir erfolgten wochentags täglich, gleich nach der Arbeit – konnte er sich entspannt den Kindern widmen und sich später zu seiner Frau kuscheln, dem stand nun nichts mehr im Weg.
Dort hatte das Wilde nichts verloren. Sie hatte mir diesen Teil von ihm bereitwillig abgetreten.
Ihre Ruhe wurde nun nur noch an den Wochenenden gestört, so viel hatte er mir erzählt, mit ihr hatte ich ja ab dem Treffen mit ihrem Mann keinen Kontakt mehr, sie wollte das so.
Samstags kam er manchmal untertags zu mir, sonntags nie, da war sie an der Reihe.
Weil er nun keinen solchen Druck mehr verspürte, sexuell zu kurz zu kommen, war ihm das genug, er war zärtlich, liebevoll und behutsam, so wie sie es gerne hatte.
An den Montagen allerdings, so sagte er mir, konnte er tagsüber schon nur noch daran denken, wie er es mir heute besorgen würde. Die Arbeit brachte er zu Ende, eine Viertelstunde später klingelte er an meiner Türe.

Einen Schlüssel wollte er gerne haben, das habe ich ihm aber immer verweigert.
Das ist das Einzige, was mir an Abweisung bleibt: einmal nicht aufzumachen, nicht zu Hause zu sein. Darauf muss ich achten, dass ich mir nicht alle Rückzugswege verbaue.
Noch bin ich die Geliebte, die Liebhaberin, alles ist das falsche Wort, er liebt mich ja nicht, er liebt es, mit mir Sex zu haben, das schon. Sexgespielin, ja, das trifft es schon eher.
Ich bin die, die jeden Wochentag zwei Stunden Zeit hat, sich auf ihn vorzubereiten, sich hübsch zu  machen, nur an ihn (beziehungsweise an Sex mit ihm) zu denken. Seine Frau ist noch viel zu sehr mit den Kindern beschäftigt, sie ist froh, wenn abends alle im Bett sind und Ruhe geben, und dann käme ihr Mann daher mit Ansprüchen? Ich verstehe sie gut.
Mir wird es langsam auch ein bisschen viel, und das, obwohl ich freiberuflich arbeite und niemanden außer mir zu versorgen habe.

Wie wird es weitergehen?
Werde ich einmal genug haben von Sex ohne Gefühle? Werde ich mir einmal einen „echten“ Partner wünschen, einen, der für mich da ist, auch wenn gerade keine Lustbefriedigung zu holen ist? Werde ich eine eigene Familie haben wollen, Kinder vielleicht?
Und sie, seine Frau: Wird sie einmal, wenn die Belastungen zurückgegangen, die Kinder größer und der Schlafmangel kleiner geworden sein werden, den dunklen, wilden Teil zurückhaben wollen von ihrem Ehemann? Wird sie die Leihgabe für beendet erklären, und wird sie es können? Werde ich es wollen, gewöhnt an tägliche Befriedigung ohne Verpflichtungen?
Und er, wird er sich wieder zurückreichen lassen, wie einen Spielball, an dem die Erste die Lust verloren hat, ihn darum der Nächsten weitergab, nur um dann draufzukommen, dass es ein besonderer Ball ist, den sie gerne wiederhätte?

All das habe ich zu Beginn nicht bedacht. Ich bin da hineingeraten, bin der Versuchung erlegen.
Noch sind wir nicht bei Zeiten der Entscheidungen.
Bisher ist fast nur Gutes geschehen: Ich bin höchst zufrieden mit seinen Leistungen und gehe viel entspannter durch mein Leben, habe nicht mehr das Gefühl, es drifte alles an mir vorüber, ohne meine Teilhabe.
Sie ist froh, ihre Ruhe zu haben und sich auf anderes, derzeit vor allem ihre Kinder, konzentrieren zu können.
Und er darf fast so viel Sex haben, wie er gerne möchte, und das auf vielfältige Weise, mit zwei Frauen, und keine ist ihm böse deswegen.

Wenn es anders wird, werden wir darüber sprechen müssen. Da kaum Gefühle im Spiel sind, noch nicht zumindest, und wir alle drei sehr rationelle Menschen sind, erhoffe ich mir unkomplizierte Lösungen.
Was ich bis dahin mache? Genießen - und vielleicht sollte ich dann ein bisschen später einmal meine Gedanken etwas ordnen, Inventur machen, alles aufschreiben.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13016

 

 

 

 

 

 

 

Ja, eh.

ja, wäre es denn nicht gescheiter, dem verbotenen einfach nicht zu entsprechen?
sozusagen

sich NICHT gegenseitig in die augen und herzen zu fallen?
sich NICHT wissen zu lassen, dass man alles für einander sein kann?
sich NICHT zu halten und zu spüren bis die luft fortbleibt?
sich NICHT mit warmen drängenden mündern zu liebkosen?
sich NICHT die verdammte und unmögliche sehnsucht aus den fiebrigen körpern zu greifen, küssen, saugen, lecken und stoßen?

ja, eh.

Stella X.

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13015

eine angst

es ist schade
dass ich dich womöglich niemals
an meine lippen
in meine finger und
zwischen meine beine
bekomme
man kann nicht alles haben

aber es schnürt mir den hals zu
vor beklemmung und angst
wenn ich mir vorstelle
dass deine augen mir plötzlich
ohne sehnsucht begegnen könnten

Stella X.

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13010

Der Hund und sein Herr

Ein Wummern an der Tür, es waren der Hund und sein Herr, und sie wusste schon beim Öffnen, dieser Besuch würde ihr Sehnen stillen.
Eine unbestimmte, nicht zielgerichtete Sehnsucht, die immer mehr gewachsen war in den letzten vier Jahren, seit ihr Mann weg war.
Zwar waren alle paar Monate Handwerksburschen vorbeigekommen, auf gute Arbeitsbedingungen hoffend, weil sie als alleinstehende Frau dafür bekannt war, aber die waren müde von der Walz, ausgehungert und ausgezehrt von der Mühsal der Wanderung, und nicht nur ein Mal hatte sie das Gefühl, das weiche Bett war ihnen wichtiger als ihre Gesellschaft.
Sie vermisste die Kunstfertigkeit des Verwöhnens und die erotische Finesse, und so hatten diese Kurzbesuche höchstens die Lust auf mehr geweckt.

Wie anders war dieser Mann! Ein wacher Blick, der sie sofort abschätzte und ihr gedanklich die Kleider vom Leib brannte. Und es schien ihm zu gefallen, was er da vor seinem geistigen Auge sah, denn er lächelte kurz, bevor er ihr sagte, er sei der Abgesandte und sie habe ihn wohl schon erwartet.

Erwartet war zu viel gesagt, eine Nachbarin hatte gemeint, es würden Kundschafter die Häuser inspizieren, die Vorhut der Truppen, und beurteilen, wie viele Soldaten dort beherbergt werden könnten.
Das war nun also scheinbar dieser Herr. Er meinte noch, eine abendliche Mahlzeit wäre gut, dann hätte er noch zu tun. Sie solle ihm den Schlüssel aushändigen und ruhig zu Bett gehen, er finde sich dann schon zurecht.
Weniger die Worte, sondern die Art, wie er sie sagte, gaben ihr Gewissheit: Er wollte das selbe wie sie, und das schon in dieser Nacht.

Der Hund hatte die ganze Zeit unverwandt seinen Herrn angesehen, mit einem hungrigen und ewig bettelnden Ausdruck in den Augen, sein struppiges Haar war nass und überhaupt fragte sie sich, was es denn mit diesem eigenartigen Gespann auf sich habe, der Herr, der ein so souveränes Auftreten hatte und von (den Umständen entsprechend) gepflegtem Äußerem war, und dieses abgerissene Tier.
Vielleicht hatte der Herr ihn aufgelesen, einen Streuner, den keiner haben wollte, ihn in irgendeiner Form gerettet, und das erklärte die Hingabe, mit der der Hund auf jedes Wort, jede Geste seines Herrn achtete. Er zeigte sich auch ihr gegenüber keineswegs aggressiv, wie es von diesem verwahrlosten Wesen vielleicht zu befürchten gewesen wäre, sondern eher unterwürfig und hatte sie sofort als ihm übergeordnet akzeptiert.

Sie bereitete das Essen, das hastig verschlungen wurde.
Geredet wurde wenig, sie fragte  ihn nicht, wo er noch hin wollte, so spät am Abend, und er fragte nicht nach ihrem Mann, oder ob es da jemanden gäbe.
Der Krieg verschluckte die Männer und spie sie anderswo wieder aus, und wenn sie besonderes Glück hatten, körperlich unversehrt. Wozu sich für so kurze Zeit im Gespräch vertiefen? Höchstwahrscheinlich würden sie sich niemals wiedersehen.

Nach der Mahlzeit verschwanden Herr und Hund und sie ging zu Bett, nicht ohne ihr schönstes Nachthemd angezogen zu haben und eine brennende Kerze neben dem Kopfhaupt zu platzieren, damit der Herr bei halb offener Kammertüre dann auch seinen Weg zu ihr fände, denn wenn dieser eine auch ziemlich hell schien, so waren manche Männer doch recht schwer von Begriff.

Sie dürfte kurz eingeschlummert sein, als ein leises Geräusch sie weckte.
Im schwachen Kerzenschein erkannte sie nicht gleich, wer sich da ihrem Bett näherte.
Mit einer Behändigkeit, die sie ihm nie zugetraut hatte, war der Hund auf ihre Liegestatt gesprungen, ein mächtiger Satz, und er war bei ihr. Zog die Bettdecke mit den Zähnen weg und kroch zwischen ihre Beine. Nun bereute sie fast, dass sie vorsorglich an freien Zugang gedacht hatte und so der Hund sofort an der Stelle war, die er offensichtlich anvisierte.

Sie war so überrascht, dass sie ganz vergaß, sich zu fürchten, vor Bissen oder anderen Verletzungen, und rasch stellte sie fest, dass das auch gänzlich überflüssig gewesen wäre.
Das männliche Tier zwischen ihren Beinen nämlich stellte sich überaus behutsam an und das Raue der Zunge und der viele Speichel erregten sie sofort. Der Hund leckte so hingebungsvoll, dass sie ernsthaft daran dachte, ob er durstig wäre und ihm heute schon jemand Wasser gegeben hatte. Vielleicht mochte er auch den leicht salzigen Geschmack, von dem er jetzt schon einiges abbekommen hatte.
Denn bei ihr brachen nun alle Dämme, sie war hingerissen von der sich riesig anfühlenden Zunge und der kräftigen Beständigkeit, mit der sie sich bewegte. Als ob er das schon öfter gemacht hätte, dachte sie noch, und dann überließ sie sich ganz ungeniert den sich steigernden Wonnen.
Kurz bevor sie gar nicht mehr recht bei Sinnen war, hörte sie Schritte vor ihrer Tür.

Der Herr stürmte in das Zimmer. „Jetzt sofort weg da!“ schrie er den Hund an. Dieser zog sich auf der Stelle zurück, im Rückwärtsgang, und blickte den Herrn mit geducktem Kopf an, scheinbar abwartend, ob er aus dem Zimmer gejagt würde.
Jener war aber schon mit ganz anderen Dingen beschäftigt, nämlich damit, sich den Gürtel zu öffnen und der Hose zu entledigen.
Kurz bevor sie sich seinem ihr heftig entgegendrängenden Körper ganz überließ, erhaschte sie noch einen Blick Richtung Tür, wo der Hund stand.
Der wandte sich zum Gehen, und im Halbdunkel sah sie die Umrisse seiner Rute, steil aufgerichtet in seiner viel zu weiten Hose.

Die Hasardeurin

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13008