Kategorie-Archiv: Bernd Remsing

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Die Sonnenbrille

Ich saß vor Angst erstarrt in meinen Bügeln,
steckte sie fest in vorgegeb’ne Löcher.
Um mich andre Brillen noch und nöcher.
Es galt, jede Bewegungslust zu zügeln.

Doch dann kamst du und alles drehte
im Kreise sich, bis du mich fasstest
Und aus den Löchern zogst und mich entrastest.
Ach, wie ich dir entgegenschwebte!

Beweglich wurde ich in meinen Achsen
Du zeigtest mir die Welt durch unsre Augen
Ich mühte mich, UV-Licht wegzusaugen
Wir konnten beide aneinander wachsen.

Du zeigtest mir den Sinn meiner Gelenke:
Gespreizt zum Flug an schönen Tagen,
an schlechten, ruhig zusammenschlagen.
All das waren die schönsten der Geschenke.

Von heut auf morgen hast du mich vergessen.
Es war schon warm, sie saß mit langen Beinen.
Und mir war klar, du wolltest dich mit ihr vereinen.
Mit ganzer Last bist du auf mir gesessen.

Unbeschreiblich, wie die Schmerzen stachen.
Nicht nur mich, du hast auch dich verraten.
Es gibt kein Wort dafür in allen Sprachen.
Der Schmerz so groß, dass meine Augen brachen.

Ich sehe wieder, doch durch der Risse Spalten
fällt Sonnenlicht, ich seh alles gebrochen.
Nur eines sei dir Schuft versprochen:
Meine Fassung, die hab ich behalten!

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

www.verdichtet.at | Kategorie: hardly secret diary | Inventarnummer: 24121

 

Sesselgedichte: Anna Lülja-Praun: Sessel für das Café Wintergarten, Wiener Hofburg, 1955/60

Dieser hier hat sicher sich
schon als Skizze so gefallen,
dass er flugs vom Pinselstrich
Rattan wurde und metallen.

Am Hofburg-Wintergarten-Tisch,
wo dünne Gläser zart erklangen,
sorgte er recht jugendlich,
dass Kongresse auch gelangen.

Wenn wir Lülja-Praun gedenken:
Es war ihre Art zu schenken,
deshalb hier dieses "Sonett".

Heute wirkt ihr Wurf naiv.
Heute woll’n wir’s exklusiv –
doch was gelingt uns noch so nett?

Grafik: Jannis Edelsbacher

Grafik: Jannis Edelsbacher

Bernd Remsing
http://fm4.orf.at/stories/1704846/

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www.verdichtet.at | Kategorie: möbliert | Inventarnummer: 24102

Sesselgedichte: Anna Lülja-Praun: Leichter Sessel, 1955

Und manchmal gab’s auch Fraun:
Anna Lülja-Praun
war eine, die nicht fragte
und zu bauen wagte.

Ihr Sessel hier – fast schon
reine Funktion –
und doch humane Schlichte
schrieb Design-Geschichte.

Grafik: Jannis Edelsbacher

Grafik: Jannis Edelsbacher

Bernd Remsing
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Sesselgedichte: Carl Auböck jun.: Korbsessel, 1953

Der Unterbau ist eine Stange, eine lange,
schwarzlackierte Eisenschlange,
die zum Grashüpfer sich schlingt,
von der Sitzschale beringt.

Modern und international
und doch aus Urzeitmaterial.
Bei beiden Auböcks kommt das vor:
Sie nehmen’s ernst, doch mit Humor.

Grafik: Jannis Edelsbacher

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Bernd Remsing
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Sesselgedichte: Roland Rainer: Sessel für die Stadthalle, 1952

Auch dies macht uns’re Meister aus:
„Wenn was gut ist, Mensch, dann klau’s!“
Der Sessel hier, Stadthalle:
Aalto spuckte Gift und Galle.

Darum bohrte Rainer Löcher,
bohrte Löcher noch und nöcher
in die Sessellehne rein –
damit ward der Sessel sein.

Doch wenn man sich’s genau anschaut:
Selbst die Löcher war’n geklaut.[1]

[1]Hans Coray: „Landi“, Schweiz 1938

Grafik: Jannis Edelsbacher

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www.verdichtet.at | Kategorie: möbliert | Inventarnummer: 24099

Sesselgedichte: Oswald Haerdtl: Fauteuil für das Café Arabia, 1951

Wien öffnete sich gar nicht gerne
nach dem Weltkrieg der Moderne.
Plötzlich, Neunzehneinundfünfzig:
Alles möglich, nur nicht zünftig!

Am Kohlmarkt im Arabia,
was trafen sich die Jungen da!
Und Desirée und Bertl
lobten Oswald Haerdtl.

Grafik: Jannis Edelsbacher

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Sesselgedichte: Josef Frank: Sessel für „Haus & Garten“, 1925

Franks Sessel, völlig unverziert,
sieht aus, als ob er meditiert.
Selbst einen Namen trägt er nicht,
das störte nur sein Gleichgewicht.

Er trägt nur Menschen, keine Namen,
doch können wir den Namen ahnen,
und so nannte ihn ein Kind:
„Bambusrohr im Wind“.

Grafik: Jannis Edelsbacher

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Sesselgedichte: Adolf Loos: Hotelsessel, um 1924

Ein Sessel ist ja ein Gestell
und man wirft, grad im Hotel,
Hose, Hemd und Überkleider
auf ihn drauf – sie knittern leider.

Loos hat das genau erfasst:
„Modern ist, was dem Menschen passt.
Und will er keine Schränke mehr,
müssen Kleider-Sessel her!“

Doch keinen der Hotelbetreiber
kümmerten die Knitterkleider.
Und so steh’n bis heute dumm
ihre Schränke leer herum.

Grafik: Jannis Edelsbacher

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Bernd Remsing
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Sesselgedichte: Dagobert Peche: Sessel mit überhöhter Rückenlehne, 1912/14

De Stijl strebte in Niederland
die Welt abstrakt zu setzen.
Bauhaus dann am Stadtesrand
traut Stahl noch und Gesetzen.

Nur Wien gab sich ganz dekorativ
und mit betonter Freche
errichtete dies Goldmassiv
Dagobert Peche.

Grafik: Jannis Edelsbacher

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Bernd Remsing
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