So ein Theater

Das Licht geht aus, und es wird still, es öffnet sich der Vorhang sachte.
Ein Geist erscheint, ein kleiner dicker, das Publikum, das lachte.
Der Mann im dritten Rang rutscht unruhig hin und her.
Der Abstand ist zum Vordersitz zu eng, da wird es schwer.

Vom Studium kehrt Hamlet unbeschwert zurück nach Haus.
Des Vaters Geist enthüllt, dass Bruder Claudius ihn ermordet hätt’, oh Graus!
Der Unhold wollt’ Gertruden gar zu Frau, und seinen Thron!
Wegen der Enge schmerzt das Knie jetzt teuflisch schon.

Nun also fordert Papas Geist den Sohn auf, diesen Mord zu rächen.
Doch Hamlet selbst verbirgt sich hinter seinen Schwächen.
Konfliktbeladen zögert er, die Rache zu vollziehen.
Der Mann im Publikum kämpft zusehends mit Schmerzen in den Knien.

Irrtümlich tötet Hamlet Ophelias Vater, den Polonius.
Ophelia wird irr, nimmt sich das Leben und macht Schluss.
Der Onkel Claudius verbirgt gekonnt stets seine Schuld.
Der Mann im Publikum verliert schon die Geduld.

Jetzt woll’n sie Hamlet gar nach England schicken,
doch dieser Plan, ihn dort zu töten, soll nicht glücken.
Stattdessen trinkt Mama Gertrude gift’gen Wein.
Am miesen Sitzplatz schläft das Bein des armen Mannes schließlich ein. 

Zu allem Übel müssen Hamlet und Laertes auch noch fechten,
doch Claudius reicht Giftschwerter anstatt der echten.
Die beiden Kontrahenden sterben an den Folgen dieser Klingen.
Der Typ im dritten Rang muss sich zum Zuhör’n zwingen.

Doch ehe Hamlet stirbt, macht er noch rasch den Claudius kalt
und bittet seinen Freund, der einzige der überlebt, Horatio halt,
erzähl doch, weil’s sonst keiner glaubt, du unsere Geschichte.
Das macht die Illusion von Schmerzfreiheit im Rang zunichte.

Der König Fortinbras fasst die Gelegenheit beim Schopf
und er ergreift die Macht. Die Hauptfiguren kostet es den Kopf.
Das Reich, das fällt ihm zu, ganz leicht und ohne Kampf.
Der Mann im Publikum, der kriegt im Wadl einen Krampf.


Copyright: Norbert Johannes Prenner

Copyright: Norbert Johannes Prenner

Norbert Johannes Prenner (Text und Grafik)

www.verdichtet.at | Kategorie: kunst amoi schau’n | Inventarnummer: 25155

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