Kategorie-Archiv: Johannes Tosin

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War Talk

Was sagt der Offizier im Krieg?
Sagt er: „Ich habe Angst.“
Das wäre wahr, aber es würde dem Feind in die Hände spielen.
Sagt er vielleicht: „Wir sind stark? Ich habe keine Angst.“
Damit würde er die Moral des Feindes schwächen.
Dass er sagt, er habe keine Angst, ist natürlich eine Lüge.
Doch das Einzige, worum es geht, ist zu gewinnen.
Und der Offizier setzt dazu alles ein, was möglich ist.
Er sagt: „Wir sind bereit.“

 

Der Blick zum linken Teil des Commonwealth-Kriegsfriedhofs am 5. April 2023, Nahaufnahme

Der Blick zum linken Teil des Commonwealth-Kriegsfriedhofs am 5. April 2023, Nahaufnahme

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Kleinode - nicht nur an die Freude | Inventarnummer: 24012

Nach drei Minuten

Die Zeit bewegt sich nicht mehr.
Sie kann nicht rückwärtsgehen,
und eigentlich kann man sie auch nicht anhalten.
Zeitraffer und super slow motion.
Der Erpel im Flug bewegt ganz langsam seine Flügel.
Unsere Liebe ist nach drei Minuten vergangen.

Der Erpel auf dem Steg am Wörthersee-Nordufer am Morgen des 24. März 2023

Der Erpel auf dem Steg am Wörthersee-Nordufer am Morgen des 24. März 2023

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 24011

Der Mann, der über den Himmel schreitet

Ich schreite über den Himmel.
Obwohl ich kein Vogel bin, kann ich das.
Ich nehme die Farbe des Himmels an.
Hellblau bei Tag, schwarz in der Nacht,
rot und orange, wenn die Sonne sich erhebt und senkt.
Somit bin ich unsichtbar.
Daher weiß niemand, dass ich der Mann bin, der über den Himmel schreitet.

Zweig mit drei braunen Blättern vor dem Himmel mit Wolken

Zweig mit drei braunen Blättern vor dem Himmel mit Wolken

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: fantastiques | Inventarnummer: 24010

Trockenfutter

Der schwarze Kater aus der Nachbarschaft läuft unserer hübschen Katze Lady Strange über den Weg. „Hallo Süße, was frisst du denn gern?“, fragt er. „Trockenfutter“, sagt sie. „Da hast du aber Glück“, sagt er, „Gestern haben wir das beste Trockenfutter der Welt geliefert bekommen.“ Lady Strange sieht ihn an. „Und, magst du nicht vorbeikommen? Sagen wir morgen Vormittag?“ „Okay“, sagt Lady Strange.

Am nächsten Vormittag huscht Lady Strange ins Haus des schwarzen Katers. „Wir haben einen Whirlpool“, sagt der Kater. „Magst du ihn mal ausprobieren?“ „Ich weiß nicht“, sagt Lady Strange. Sie wundert sich, warum der Kater einen weißen Bademantel trägt. Er braucht doch gar keinen, denkt sie. Er hat doch Fell. Da kommt ihr eine Idee. „Du, sag mal“, äußert sie, „bist du eigentlich kastriert?“ „Nächste Woche habe ich Termin“, antwortet der schwarze Kater.

Die Katze Lady Strange im Juni 2022 im Garten

Die Katze Lady Strange im Juni 2022 im Garten

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24007

Was soll ich dir sagen?

Ich weiß nicht,
was soll ich dir sagen?
Nie geht es gerade,
sondern immer in Schleifen.
Gut oder schlecht, wichtig oder unwichtig,
Stückwerk.
Immer ist da jemand, der dich braucht.

Die goldene Bogenschützin auf der Heckscheibe

Die goldene Bogenschützin auf der Heckscheibe

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 24004

 

10 Jahre verdichtet.at

10. Oktober 2023

Die Online-Literaturplattform verdichtet.at gibt es jetzt seit 10 Jahren. Wie schnell doch die Zeit vergeht! Sie wird von Carmen Rosina und Michaela Swoboda betrieben. Die Damen leisten gute Arbeit. Sie können mit Fug und Recht sehr zufrieden damit sein. Für Autoren ist verdichtet.at ein Geschenk. Alle Texte werden fehlerlos lektoriert. Sehr unterschiedliche Menschen lesen darin. Augenscheinlich sind es viele. verdichtet.at eine hohe Reichweite. Freuen wir uns auf die nächsten 10 Jahre!

Johannes Tosin

Auf dem Mars

Wir schreiben das Jahr 2059. Ich sitze vor meinem Piccolo Computer im Marshabitat. Es ist 17:48 Uhr, um 18 Uhr wird eine Nachricht der Bodenstation eingehen. Übermorgen wird die Fähre eintreffen, die mich zur Erde zurückbringen wird. Dann habe ich die drei Jahre Marsaufenthalt hinter mir und eine Stange Geld auf dem Konto.

Hier lebe ich gemeinsam mit Anja, Maria, Hermann und Olaf. Die vier sind zwei Paare, aber nicht, wie man vielleicht denken würde, je eine Frau mit einem Mann, sondern Anja und Maria sowie Hermann und Olaf. Ich bin das klassische fünfte Rad am Wagen. Außerdem bin ich hier gezwungenermaßen Vegetarier.

„Beep – beep – beep.“ Das ist meine Nachricht! „Hallo, Herr Randolph, hier ist Maren.“ „Ah, Maren, das freut mich sehr!“ Man muss immer nett sein, denke ich. „Das ist schön, Herr Randolph, aber ich muss Ihnen leider etwas Unerfreuliches mitteilen.“ „Oje, Maren, so schlimm wird es wohl doch nicht sein.“ „Ich fürchte doch, Herr Randolph. Wissen Sie, übermorgen wird keine Fähre bei Ihnen eintreffen.“ „Was, wie, warum denn nicht? Wann denn dann?“ „Gar nicht, Herr Randolph.“ „Das kann doch nicht sein! Weshalb denn nicht“ „Sparmaßnahmen.“ „Sparmaßnahmen?“ „Genau, Herr Randolph, aber ich habe auch eine gute Nachricht für Sie, Sie erhalten Ihr Geld weiter pünktlich an jedem Monatsletzten.“ „Aber kann es hier ja nicht ausgeben.“ „Es tut mir wirklich leid, Herr Randolph. „…“

Jetzt werde ich bis zu meinem Ableben nur noch diesen roten Planeten sehen, das Habitat, die Gewächshäuser für Gemüse, die zwei Rover, das Labor und den Fitnessraum mit dem Tischtennistisch, wo mich niemand mitspielen lässt. Keiner führt so ein elendiges Leben, wie ich es tue.

Der Marsmensch mit Augenklappe in seiner fliegenden Untertasse und 20

Der Marsmensch mit Augenklappe in seiner fliegenden Untertasse und 20

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 23160