Danach

Völlig erschöpft haben wir uns jeder auf seine Seite plumpsen lassen. Ich betrachte dich lange. Du atmest noch schwer. Wie viele Jahre sind schon vergangen, die wir uns geliebt haben? Du sagst nichts. Liegst nur still da. Wie immer. Alles ist, wie immer. Und ich? Jetzt soll ich mich mit der Erinnerung an die Vergangenheit begnügen und muss feststellen, dass sie mir zusehends entgleitet. An die Zukunft will ich erst gar nicht denken. Wir sind beide älter geworden. Ziemlich älter. Nebeneinander sozusagen. Und man kann nichts dagegen tun, als zusehen. Ohnmächtig zusehen. Du sagst immer, denk an das Jetzt.

Alles andere kommt von allein. Aber wie viel Gegenwart braucht man eigentlich? Ich habe bisher ausschließlich von der Vergangenheit gezehrt. Du doch auch? Ich betrachte die Dellen auf deiner Haut, deinen Beinen, deinem nackten Bauch. Mein Gott, wo ist das alles hin? Die Jugend? Die Anmut und Grazie? So sagt man doch? Und ich? Trockene Haut. In Falten. Bleich und fahl. Die Haut über den Knien wird runzelig. Ebenso an den Ellenbogen. Wo sind meine Haare geblieben? Und von den Ringen unter den Augen reden wir beide schon gar nicht. Du bewegst dich nicht.
Aber ich liege da, starre an die Decke und die Gedanken beginnen zu kreisen. Meine Hand liegt auf deiner Hüfte. Schläfst du? Bald werden wir uns bloß noch um das Private kümmern müssen. Was bedeutet schon unser Leben jenseits des Privaten? Irgendein Insekt fliegt da herum. Soll heißen, niemand braucht uns mehr.
Indirekt bedeutet es, abhängig sein. Von der Politik, dass sie die Pensionen nicht verramscht. Von der Medizin meinetwegen, der klassenhaften, dass sie uns wieder hinkriegt, wenn was kaputt geht. Aber was ist das schon gegen jene Abhängigkeiten, denen man nicht zu entkommen vermag? Den Ängsten? Der inneren Verelendung? Da hilft dir kein Schwein.

Ich habe kein Vergnügen an der Gegenwart, ganz einfach, weil ich sie nicht bestimmen kann. Ja, mit der Vergangenheit ist das was ganz anderes. Sie ist mir eher dienlich, ist knetbar, dehnbar, interpretierbarer als die Gegenwart. Ich kann sie in eine bestimmte Richtung erscheinen lassen. Die Gegenwart, ach, die ist eben gegenwärtig. Viel zu realistisch. Unbrauchbar für einen Träumer wie mich. Die Vergangenheit ist mir Vehikel, ist das Transportmittel meiner persönlichen Eindrücke geworden, Tendenzen meiner Umwelt erkennen zu können. Jetzt drehst du dich um.
Hast du schon geschlafen? Aber du lächelst ja. Komm, spiel mir nichts vor! Die Gegenwart kann noch nichts dazu sagen. Sie ist einfach nur da – und –auch gleich wieder weg. Und immer so fort. Aber die Vergangenheit? Begehbar – ja, mein Treppenhaus ist sie mir, die Vergangenheit, mit ihren dunklen Winkeln, ihren Freuden, ihren Leiden, aber doch – immerhin – vertraut. Ich kenne sie, wie meine eigene Westentasche.
Das kann ich von der Gegenwart nicht behaupten. Die ist ja permanent neu. Du atmest jetzt ruhiger. Deine Augen sind geschlossen. Ich decke dich sanft zu. Schläfst du jetzt? Du sagst gar nichts. Ich werde auch versuchen zu schlafen. Im Schlaf vergesse ich auf mich. Bin nicht mehr so wichtig. So angestrengt bemüht, alles auf die Reihe zu kriegen.

Ich sehe zur Decke. Liege so da und starre an die Decke. Dort ist ein dunkler Fleck. Schon lange. Den kenne ich gut. Hat die Form eines, ich weiß nicht, jedes Mal anders. Vielleicht einer Fledermaus? Ach! Man sollte schon einiges ausbessern. Aber, naja, hat Zeit. Was auf mich lauert, ist das Unbekannte, das Gefährliche, Unberechenbare. Es liegt in der Zukunft, im Heute vielleicht schon? Im Morgen? Was wird sein? Vielleicht ist alles gar nicht so furchtbar, wie ich es mir vorstelle? Wer weiß? Jetzt atmest du regelmäßig. Ja, du bist eingeschlafen. Ich weiß es. Ich kenne dich ja lange genug. Ich kenne alles an dir. Du bist Teil von mir geworden. Wir sind eins. Auch in Gedanken.

Bei dir ist alles immer so einfach. Du bist viel mehr du selbst. Bist du selbst. Lebst deine Natur. Ich beuge mich vorsichtig über dein Gesicht und küsse dich sanft. Aber ich? Tief in meinem Innersten, der Brutstätte meiner Zwistigkeiten und Widersprüche kämpfen die unsinnigsten Mächte zwischen dem Hang zur Nüchternheit, dem Profanen und der Besessenheit, denen ich ausgeliefert bin auf Gedeih und Verderb. Für das Übersinnliche? Für den Mythos? Für das Rituelle? Ich habe es mir immer schon schwer gemacht. Andere suchen nach Hülsen, in die sie ihre traurige Wirklichkeit verpacken und darin kaschieren. Das bring ich nicht fertig. Mir sieht man sofort an, dass ich leide. Ich kann nichts verbergen. Vielleicht leide ich bloß am Neid, andere hätten mehr Glück als ich?

Und dann ist da das Wetter. Natürlich! Dem kann ich leicht die Schuld für meine eigenen Unzulänglichkeiten in die feuchten Schuhe schieben. An der Alpennordseite so wie im Norden – am Morgen, genau!, das ist jetzt – können, und auch im Osten – das sind wir hier – noch leichte Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen das Leistungsniveau herabsetzen.
Na bitte! Von irgendwoher müssen meine Kopfschmerzen ja kommen. Schwach wirksame Bioreize. Bei mir sind sie immer stark. Und gereizt bin ich auch immer! Da lieg ich einfach untätig herum und starre an die Decke. Und du schläfst seelenruhig, weißt nicht, was in mir vorgeht.
Der Zwang zu allgemein gültigen Wahrheiten und deren Vermittlung sowie die Anstrengungen, sich gegen einseitige Ratschläge mittelbarer Erkenntnisse wehren zu müssen, setzen mir immer häufiger zu. Daraus analog auf ein sich in Wirklichkeit Darstellendes zu schließen, in dem ich womöglich als klinischer Fall gehandelt werden könnte, verursacht mir Unbehagen. Es ist eine Fliege, die da herumschwirrt. Ich glaube nicht, dass ich in der Lage wäre, meinen derzeitigen Zustand noch komplizierter zu beschreiben.
Und du kannst so unbekümmert vor dich hindösen, während es in mir kocht und gärt. Du jammerst ja auch, dass du das Leben im Hamsterrad der Bürokratie nicht mehr erträgst. Tagaus tagein dieselben blöden Fragen beantworten. Das Gesumse von diesem Tier geht ziemlich auf die Nerven! Täglich die gleichen Auskünfte geben. Irgendwann muss Schluss sein damit. Verlogene Politik redet uns ein, wir hielten das locker bis fünfundsechzig aus. Statistisch gesehen hätten wir dann noch fünfundzwanzig Jahre Ruhegenuss. Schöner Genuss! Ich bin so aufgekratzt und es ist ungerecht, dass du einschlafen kannst und ich nicht. Das sollte kein Vorwurf sein, mein Liebes. Aber du hast es ohnehin nicht gehört. Mein Gott, so nimm mich mit, ins Traumland!

Während ich meine Arme über meiner Brust verschränke, denke ich, ich belüge mich gerne damit, dass dieses Leben jenseits der Pensionsberechtigung doch noch nicht zu Ende ist und träume davon, dass es vielleicht eine zweite, ja eine dritte Karriere für mich gibt. Spinn nicht, sagst du dann immer zu mir. Sei froh, dass du noch aufrecht gehen kannst, allein. Dass du manchmal auch so hart sein kannst!

Meine Gedanken überfliegen die Annoncen eines fiktiven über der Steppdecke aufgeblätterten Karriere-Standards, den ich gleich wieder sinken lasse. In meiner Vorstellung falle ich schon bei der ersten Fragestellung des Einstellungsgespräches durch. Keine Ahnung, welcher Unterschied zwischen präpositionalen Verbartikeln und Präfix-Verben besteht und welcher amerikanische Autor den Roman Independence Day geschrieben hat, ganz zu schweigen davon, was das Goedel’sche Theorem besagt. Irgendwann hab ich davon gehört. Ich muss gähnen. Wann kommt endlich bei mir der Schlaf? Das würde nicht gefragt werden. Und solche Fragen wären der Einstieg. Sollte man mit Leichtigkeit beantworten können. Ja sicher doch.

Was ist nun in den letzten paar Wochen alles geschehen? Mir ist manchmal, als würde ich plötzlich immer wieder aus einem unglaublich langen Traum erwachen, durch den ich meine Kindheit und Jugend noch einmal durchlebt habe, auftauchen, an die Oberfläche des Lebens kommen. Ich sehe mich, ich sehe Bilder, mich mit meinen Schulfreunden herumbalgen, mit ihnen lachen. Ich höre aus dem Wohnzimmer Papas Geigenspiel, ein Motiv, welches er immer und immer wiederholt, bis es irgendwann verklingt. Die Mama, am Herd, wie sie stundenlang kocht, mit dem Gesicht zur Küchenzeile gewandt, sich nicht umsehend. Um mich steht der Kollegenkreis des Herrn Papa, riesige Gestalten, zu denen ich aufblicken muss, in ihre strengen Gesichter sehe, die starr sind, ohne Lächeln, und wie sie ihre Zeigefinger erheben, drohend und mahnend, wie Obelisken ausgestreckt, die in den Himmel zu ragen scheinen. Ein Dechant wird der Tür verwiesen, der mit hochrotem Gesicht davoneilt.
Meine jüngere Schwester, spindeldürr, stürzt eine Treppe hinunter und bleibt am Fuße derselben regungslos liegen. Die Mama, die sich fassungslos über sie beugt, versucht, sie aufzurichten, die Bleiche, Wasserleichenfarbige. Der allmächtige Herr Vater steht hinter ihnen, lacht sogar, mehr ein Grinsen, welches er mit einem seiner ziemlich beleibten Kollegen zu teilen versucht. Bin ich jetzt etwa kurz eingenickt? Ich höre dein leises Atmen. Hin und wieder ist ein Schnarchen dabei. Das willst du nicht hören, wenn ich es dir hinterher erzähle, ich weiß. Blöde Fliege! Aber ist wahr, ich kann es bezeugen. Hätte ich mein Handy hier, würde ich dich aufnehmen.

Über all dem, was ich mir so im Halbschlaf zusammenspinne, schwebt der verstorbene Bruder, den wir nie gesehen haben, von dem es eine blonde Locke gab, die man ihm abgeschnitten hatte, bevor er begraben worden war. Diese Locke lag in der obersten Schublade einer Kommode im Schlafzimmer, nahe bei seiner Taufkerze, Mutters geheimem Altar, ähnlich dem meinen in meinem Kleiderschrank, in dem ich meine Devotionalien aufgestellt habe. Ein altes Weihwassergefäß aus der elterlichen Wohnung, ein Kruzifix von der Großmutter. Die Fotos meiner Eltern. Still kniete sie immer davor und bedeckte ihr Gesicht mit einem Taschentuch.

Meine innere Einsamkeit hat sich einen imaginären Zuhörer erschaffen, den ich um Verständnis gebeten habe, mir die Erinnerungsknäuel entwirren zu helfen, um mich darin nicht noch mehr zu verfangen und gefesselt zu sein, als ich es ohnehin schon bin. Die eigene Haut war nicht imstande, mir noch Schutz zu bieten. Ich habe mich zu sehr selbst geliebt, mehr als andere, die meine Liebe notwendiger gebraucht hätten, und längst meine Zuneigung erbeten haben. Und es sind zwei Fliegen, ich werd verrückt! Und nichts davon habe ich bemerkt. Taub hab ich mich gestellt und mich aufgeführt wie ein kleines Kind, jedes Mal, wenn meine Wiesen um einen Baum beraubt, jedes Mal, wenn Teile jener Landschaft, die meine Erinnerungen am Leben erhalten haben, zuasphaltiert und -betoniert worden sind.
Es hätte Wichtigeres gegeben, sagst du immer. Ich müsste eben alles für schön befinden, das würde das Hässliche schon ersetzen können. Oder alles für gut befinden, um dadurch das Nichtgute zu ersetzen. Dass du immer so klug bist, hättest du jetzt gesagt. Ist nicht von mir, ist von Laotse. Tja. Aber so weit bin ich noch nicht. So weit bin ich noch nicht, dass ich in mir ruhe, ohne zu handeln. Dass ich belehre, ohne zu reden. Dass ich überzeuge, nicht zu besitzen. Irgendwann wollte man sein wie Jack Kerouac. Aber das hat heute keine Bedeutung. Die Vorbilder der Jugend sind verblasst, ebenso wie die Erinnerung daran.

Nach uns kräht kein Hahn mehr!, hat mir ein lieber Freund neulich geflüstert. Du hast gesagt, such dir andere Freunde. Wenn du wieder wach bist, werde ich dich daraufhin ansprechen.

Ich wundere mich immer wieder, worüber Schriftsteller so schreiben. Sind es wirklich die kleinen Aufmerksamkeiten, denen sich der begnadete Dichter widmet, den kleinen, alltäglichen Dingen des Lebens, so wie ich es hier liegend tue, in meiner Krisennotiz? Der Fleck an der Decke ist ein Wasserfleck. Gewiss. Über den täglichen Mord an einem Silberfischchen auf dem WC?

Die kleinen, alltäglichen Dinge des Lebens! Ich habe nicht gewusst, was an denen so wichtig sein soll? Mir hat man immer eingebläut, dass es um die großen Dinge ginge, um Karriere, um Selbstverwirklichung und solche Sachen. Mir fällt da so ein Kerl ein, der nie bitte und danke sagt. Der auch gesagt hat, man muss aus allem etwas machen, auch wenn es im Grunde nichts ist. Und man muss die anderen glauben machen, dass es etwas ist, sonst haben sie keinen Respekt vor dir. Ich will ganz gegen meine Natur versuchen, das einmal zu verstehen, vom eigentlichen Versuch halte ich besser Abstand.

Wenn es also um die kleinen Dinge des alltäglichen Lebens geht, dann auch um das Tropfen des Wasserhahnes aus der undichten Leitung im WC. Um den Gestank, der aus dem Auspuff der Dieselautos kommt. Um das Scheppern der Mülleimer, wenn sie von der Müllabfuhr um sechs Uhr morgens abgeholt werden. Dahinter verbergen sich die vielen kleinen Geschichten, die man lebendig erhalten soll? Ich weiß nicht.
Das ist die Aufgabe der Literatur? Jetzt sitzt eine auf meiner Hand, das gibt´s nicht! Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Das habe sogar ich bemerkt. Spektakulär wäre es nicht, was sie da erzählen, sagen manche über die Dichter. Keine hippen Dialoge, kein mitreißender Plot, doch verfüge manch ein Roman über das gewisse „Nichts“. Ein „Ich-Erzähler“ erlebt das Natürlichste auf der Welt, den Arbeitsprozess und – sein Scheitern daran. Beinah wie ich! Was heißt? Das bin ich!
Was auffällt, sei die präzise, unerhört dichte Prosa, die darüber berichtet, wie der arme Kerl im Laufe der Jahre an seinem Ehrgeiz, an seinem Engagement, seinem Idealismus langsam aber sicher zugrunde geht. An sich eine traurige, jedoch völlig alltägliche Geschichte. Schatz, du schnarchst! Niemand möchte meinen, dass so etwas thematisch was hergibt, und immer wieder wären die Leser darüber im höchsten Maße erstaunt, woher der junge Mann die Fähigkeit zur Darstellung dieser außergewöhnlich subjektiven Darstellung der Wirklichkeit nimmt, so jung, wie er ist. Warum werde ich nicht müde?, frag ich mich. Und da ist eines von den Ludern, ich sollte zuschlagen. Aber dann wachst du auf. Ich verscheuche das Biest mit der Hand.

Ganz im Gegenteil, denn voll Tagendrang überlege ich stattdessen, fieberhaft beinah, mein Krisenkonzept zu ergänzen und quasi einen Zusatz anzubringen, ob ich meinen Schuldgefühlen nicht vielleicht noch eins draufsetzen sollte, einen Mord gar?! Thema Nummer eins. Ich stelle mir vor, einen Mord verübt zu haben. Ja, vielleicht einen Mord verübt zu haben, mir anzumaßen, wie schon eben vorhin angedacht, in dem ich, auf dem WC in entspannt sitzender Position, völlig überlegen, rein physisch, dachte ich, einer wehrlosen Kreatur unter mir, einem kleinen Silberfischchen, mit dem rechten Daumenzeh auf einer der weißen Fliesen, auf denen es sich besonders gut vom Hintergrund abhebt, den Garaus gemacht zu haben, und ob ich diesem Umstand hernach literarische Bedeutung beimessen dürfte oder nicht?
Sie schnarcht ja schon wieder! Und ob ich, qualifiziert durch diese ruchlose Tat, diese als alltägliche erkannt zu haben und sie als solche überhaupt erwähnt und literarisch genutzt zu haben, schlicht und einfach bemerkt zu haben, ob ich also von nun an zu jenen sensiblen Menschen gezählt werden dürfte, wie all diese begnadeten Dichter? Das alles verwirrt mich.

Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Wo war ich stehen geblieben? Wenn? Wenn auch nur auf dem Gebiet der Krisenliteratur. Diesen Dichtern, denen die Weltöffentlichkeit daher, wegen ihrer genialen Darstellung solcher Banalitäten, die Fähigkeit zur totalen Innovation, endlich etwas Neues gefunden zu haben, äh, diesen Dichtern ihr Tun und Treiben andauernd und immer wieder so überschwänglich bestätigt würde?
Träum ich schon? Nein, da ist die andere Fliege! Schließlich wäre Innovation dringend vonnöten, in dieser liberalistischen Zeit. Wo ja doch jeder nur an sich selber denkt. Und ob ich eben durch diese Beschreibung des belanglosen Alltäglichen über die Maßen hinaus nun auch zur Kunst des Dichterischen befähigt wäre? Und nicht zuletzt durch das Formen barocker Satzgirlanden bewiesen hätte, so völlig aus dem Bauch heraus und eigenständig imstande zu sein, allerlei wirres Zeug und Spitzbübereien komponieren zu können, was in der Leserschaft gefragt wäre?
Langes Gähnen. Nämlich eigenständige Dichtkunst hervorbringen zu können, die in der Abbildung der Wirklichkeit wie auch in ihrer Darstellung eins zu eins dem entsprächen, was man landläufig so als Literatur bezeichnen könnte? Und die in ihrer Gestalt für den geübten Belletristen auch als solche nachvollziehbar sei und überhaupt? Was ist los?

Jetzt ist aber Schluss! Aufhören, bitte aufhören! Ich will ja schlafen. Bitte liebes Gehirn, lass mich auf der Stelle müde werden. Jetzt und gleich, ich flehe dich an. Nimm dir ein Beispiel an meinem alten Mädchen hier, das so unschuldig vor sich hin schlummert. Gnade! Und nimm mich in deine Arme, lieber Schlaf! Ich hab´s verdient! Das siehst du doch ein?

Norbert Johannes Prenner
(bearbeiteter) Romanauszug aus „Der Chronist“ – in Entstehung

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