Erinnertes, Geschriebenes
Darüber geschrieben hast du ja schon oft. Zuerst vor einigen Jahren über die junge Frau, die du im August 2000 in der Jugendherberge in Waldhäuser beim Frühstücksbuffet gesehen hattest. Besonders fiel dir an ihr auf, dass sie eine schöne Hose im Hahnentrittmuster trug. Mehr wusstest du von ihr nicht und damals warst du noch viel zu schüchtern, sie anzusprechen.
Dann, 2001, Jana, die Gastschülerin, die du gerne einmal in ihrer Wohnung besucht hättest und der du eine Landkarte aus der schuleigenen Kartothek mitgebracht hättest, um mit ihr über Geographie zu sprechen. Im Jahr darauf war es Katerina, die Schwester eines Gastschülers, die dich in ihren Bann zog und nach der du dich bei einem gemeinsamen Spaziergang durch die Stadt umgedreht hast.
Aber vor allem war es Natalia, die sich im Spanischkurs neben dich gesetzt hat und dir ihre E-Mail-Adresse gegeben hat, bei der du aber eine Blockade verspürt hast, ihr zu schreiben. Später suchtest du nach ihr, aber du fandest nichts mehr, wie du es beschrieben hast.
Was war es, in diesen Begegnungen, das dich in den Bann zog? Und ist so etwas wie Liebe überhaupt möglich, auch ohne Kontakt, ohne Adressen, ohne Gespräche? Gibt es einen Menschen, der für dich vorbestimmt gewesen ist, oder verliert sich alles in Wahrscheinlichkeit oder Banalität?
Hättest du auch nur einmal die Möglichkeit, eine Karte zu schicken oder einen Gruß zu bekommen – wie viel würdest du dafür geben? Vielleicht einen Moment des Nachdenkens, des Was-wäre-wenn?
Ein, zweimal ist dir das Unmögliche schon gelungen. Und ob du daran aufbauen solltest? Das zu schätzen lernen, was du hast und das, was du schon erleben durftest?
Michael Bauer
www.verdichtet.at | Kategorie: ¿Qué será, será? | Inventarnummer: 25092