Verlorene Seelen oder Der Mann im Mond

Im lautlosen Dunkel der tiefschwarzen Nacht
ist er es, der über uns Menschen wacht.
Von silbernem Sand glitzert sein Rücken,
der sich sacht unter prüfenden Himmelszeltblicken
aus der hellgelben Sichel löst, der blanken,
um die sich Sterne als Lichtblitze ranken,
wie ein hohler Kern aus der schützenden Schale,
in die er sich schmiegte. Bei fahlem Licht sich wohlig wiegte.

Mit zwei glühenden Perlen die Welt beäugend,
den funkelnden Rücken vor Hingabe beugend,
sodass seinem Blick kein Kummer entkommt,
und hat er sich noch so krumm gemacht.
Und während er schon mit viel Geschick
die schmale Sichel mit Perlen bestickt, in Silbergrau,
da rollt die Strahlenfrau ihr Abendrot ein
und lacht, weil die Arbeit vollbracht.

Nun ist es perfekt, das Glitzermeer,
zufrieden und stolz blickt er umher.
Schnell fegt er noch den schimmernden Hof,
bevor er sich auf das Silberlicht schwingt,
zur Erde hinabschießt, das Mondlicht bringt
für alle, die ihn schon wimmernd erwarten,
die rastlos irren, in leeren, vernarbten
Hüllen jagen, nach dem einen Körper, in den sie passen,
wie die Hand in den Handschuh. Und erst dann gibt die liebe Seele Ruh.

Claudia Lüer

Diesen Text können Sie hier auch hören, gelesen von der Autorin.

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