Der Fliesenleger – aus der Wiener Häuslbauer-Serie mit max, dem Bauherrn

„Guten Tag“, sagte der rotgesichtige Dicke am Gartentor, „guten Tag, ich bin der Fliesenleger!“ max war sehr verwundert. Er hatte auch allen Grund dazu – weder hatte er einen Fliesenleger bestellt, noch war seine Baustelle auf diesen vorbereitet. Weil nämlich der Installateur noch nicht ganz fertig war. Seit drei Wochen versprach dieser schon am „nächsten Samstag“ zu kommen und alles anzuschließen. Dabei war es nur mehr die Dusche und das WC – „das müsste doch im Handumdrehen fertig sein“, sagte max halblaut.

„Soso“, meinte der Fliesenleger, „es ist also schon wieder dieser Installateur. Der Kerl ist unzuverlässig, das kommt vom Saufen. Aber wieso soll ich dann heute Fliesen legen?“

„Das weiß ich auch nicht“, sagte max, „seit Wochen warte ich schon auf das Klo, es ist ja nimmer lustig, dauernd in die Büsche zu gehen!“

Der Fliesenleger sah sich um: „Ich sehe aber keine Büsche“, sagte er.

„Weil mich der Gärtner auch im Stich gelassen hat“, klagte max, „aber im Frühjahr kommen welche!“

„Bis dahin kann ich nicht warten“, sagte der Fliesenleger, „Sie entschuldigen schon!“ Er ging zur Hecke des Nachbarn und verrichtete dort sein kleines Geschäft. Fido, der Hund von max, kläffte ihn deshalb an, denn das war seine Ecke. Dann hob auch er dort demonstrativ das Haxerl.

„So, jetzt zu Ihnen“, sagte max zum Fliesenleger, „wieso sind Sie da – ich weiß nix davon.“

„Das wird ja immer schöner“, sagte der Fliesenleger, „Der Franz hat mich geschickt.“

„Welcher Franz?“, fragte max, „Ich kenne mehrere Fränze.“

„Na, der Elektriker“, sagte der Fliesenleger, „und jetzt lassen Sie mich endlich anfangen, ich habe meine Zeit nicht gestohlen!“

„Ich auch nicht“, sagte max, „aber ich hab ja noch nicht einmal Fliesen.“

„Das möchte ich auch stark hoffen“, sagte der Fliesenleger, „weil die hab ich im Auto!“

„Sagen Sie, spinne ich jetzt oder was“, knurrte max gereizt, „ich warte hier seit einer Stunde auf den Polier, der Installateur hat mich im Stich gelassen, dafür kommt ein Fliesenleger mit Fliesen, von denen ich nix weiß.“

Der Fliesenleger holte einen verknitterten Zettel aus der Latzhosen-Brusttasche: „Baustelle Kirchenweg 6, Samstag 18. November, 8 Uhr, WC fliesen“, las er laut vor, „also wer spinnt jetzt?“

max atmete heftig und zählte halblaut bis zehn. Dann schaltete er sein Hirn ein: Ja, er hatte vor etwa einem Monat den Elektriker gefragt, ob er einen zuverlässigen Fliesenleger kenne, und dieser hatte ihm versprochen, einen vorbeizuschicken. Vielleicht hieß er sogar Franz, der Elektriker. Gut. Aber woher die Fliesen? Erst gestern hatte max mit seiner Elli gestritten, weil sie das WC bunt wollte und er streng weiß mit kobaltblauen Listelli. „Das sieht doch aus wie ein Internats-Waschraum!“, hatte sie verächtlich gerufen. Dann war er zornig auf die Baustelle gefahren und hatte auch dort übernachtet, um frühmorgens gleich mit dem Polier wegen der Stützmauer zu reden. Tatsache war, dass keine Fliesen gekauft waren.

„Wieso haben Sie Fliesen mit?“, fragte max daher nochmal.

„Weil man ein Klo nicht mit Schaumrollen tapezieren kann, Herrgott nochmal!“, schrie der Fliesenleger, „und fangen Sie jetzt nicht auch noch an, mich zu nerven!“

„Wer nervt Sie noch?“, fragte max perplex. „Na, Ihre Frau natürlich“, knurrte der Fliesenleger, „geschlagene drei Stunden hat sie gestern Fliesen ausgesucht und mich nicht weggehen lassen. Ich hab geglaubt ich dreh durch, also sowas von hysterisch. Die weiß ja überhaupt nicht, was sie will – den ganzen Baumarkt hat sie auf den Kopf gestellt. Aber die drei Stunden schreib ich Ihnen auf die Rechnung!“

max entspannte sich – ja, so war seine Elli. „Ist das Ihr Auto, was da vorne abgeschleppt wird?“, fragte der Fliesenleger – und max rannte schon schreiend hinter dem Kranwagen her. Der Fliesenleger sah ihn dann in ein vorbeifahrendes Taxi hüpfen, schüttelte den Kopf und begann abzuladen.

Der Waschraum ist sehr schön und rosa-weiß gesprenkelt geworden. Die hellblau-goldenen Abschluss-Leisten haben Elli sogar ausgezeichnet gefallen. Und dass der Fliesenleger die paar fehlenden Handgriffe des Installateurs gleich selbst erledigt hatte, trug ihm ein schönes Trinkgeld ein.

Aber die Frau vom Kirchensteig Nummer 6, gleich vorne um die Ecke, die denselben Elektriker hat wie max, grüßt seitdem Elli, diese hundsgemeine, falsche Fliesenleger-Kidnapperin, nicht mehr. Und jedesmal beim Duschen hebt sie die Faust in deren Himmelsrichtung und knurrt Bösartiges!

Robert Müller

www.verdichtet.at | Kategorie: es menschelt| Inventarnummer: 21072