Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 11

Wer das Klischee liebt, darf sich nicht wundern, wenn sich manches bestätigt – und anderes einem um die Ohren fliegt. So sehr ich in dieser Frau eine anbetungswürdige Person mit Temperament und Klasse  gesehen hatte, verblüffte mich ihr folgendes Verhalten. Als ich mich gegen Ende des Wochenendes endlich dazu aufgerafft hatte, bei ihr mit ein paar Zeilen im Messenger anzuklopfen, war sie kurz angebunden, der Chat verlief unerfreulich unverbindlich und abweisend.
Ich kam beim Gesprächsverlauf nicht mit und tauchte beinahe benommen daraus wieder auf, fühlte mich wie ein bedauernswerter Pudel nach einem sehr kalten Guss. Hatte ich alles richtig verstanden? Ihr hastig hingetippseltes Englisch war fehlerbehaftet, etliche auch einfache Wörter waren falsch geschrieben, manches ausgelassen, das Ganze in aller Eile hingefetzt, keine Frage. Keine Zeit, falscher Zeitpunkt, ein andermal, vielleicht, mal sehen, alles grad sehr kompliziert. Vor allem Letzteres konnte ich gut nachempfinden. Ich fühlte mich gekränkt, meinen mutigen Vorstoß nicht gewürdigt und wollte jetzt auch meine Ruhe haben. Zu viel Aufruhr für so wenige Worte.

Meinem Freund sagte ich, dass die Frau, die ich zu Interviewzwecken treffen wollte, recht eigenwillig sei, und es vielleicht gar nicht dazu komme. Er nahm es, wie beinahe alles, was meine Arbeit betraf, als gegeben hin und fragte nicht nach.
Meine Enttäuschung versuchte ich im Verlauf des Sonntagabends, so gut es ging, zu verbergen. Aber er kannte mich gut und wusste, dass etwas nicht stimmte. Sehr aufmerksam, versuchte er über Umwege herauszufinden, was mich beschäftigte, meinte wohl, meine gedämpfte Laune hätte etwas mit ihm zu tun. Ein Paradebeispiel von egozentrischem Weltbild, das sich dabei zeigte. Und anscheinend trieb ihn schlechtes Gewissen um und schließlich dazu, ein Gespräch zu beginnen, was mich sehr überraschte.

„Du, die Geschichte mit der Elli, also weißt du, das hat echt nichts zu bedeuten. Die ist einfach genauso lange wie ich im Büro festgesessen. Und dann haben wir was getrunken, weil alles so frustrierend war, eine Flasche vom guten Roten, die war noch vom Geburtstag von Sascha übrig, danach woanders was trinken gehen ja auch keine Option, und das ist ganz einfach das, was du letztens gerochen hast. Ein paar Gläser, sonst war nichts. Sie weiß ja auch, dass wir zusammen sind. Momentan ist es bei ihr eher schwierig, sie steckt mitten in der Trennung. Da hat es ihr gutgetan, dass ich ihr zugehört habe.“

An dieser Stelle dachte ich, es wäre wohl gut, ab jetzt sehr gut zuzuhören. Während ich mich gedanklich sehr weit, zu weit anscheinend, aus dem Fenster gelehnt hatte, war also eine andere Frau dabei, ihre Fensterläden für meinen Liebsten zu öffnen. Wenn nicht noch viel mehr.
Es war ja nicht so, dass mir das Thema Fremdgehen ein Buch mit sieben Siegeln gewesen wäre. Im Gegenteil, damit kannte ich mich bestens aus. Auch wenn die Konstellation, in die ich damals geraten war, allen Beteiligten bekannt und von der Ehefrau meines Sexpartners sogar ausdrücklich gewünscht gewesen war, wusste ich um die Planungen, die Organisation, also beispielsweise, dass Besuche des Verheirateten bei mir damals ausschließlich wochentags, zu Beginn manchmal samstags, aber niemals sonntags erfolgt waren, weil der Sonntag seiner Frau und den Kindern gehörte. So hatte es sich eingebürgert, dass der untreue Ehemann wochentags am frühen Abend nach der Arbeit immer für ein Stündchen zu mir kam, um hernach zu seiner Familie heimzukehren. Ein Zeitfenster jeden Samstag hatte er anscheinend, während das mit mir auch noch am Laufen war, für seine Neueroberung reserviert, aber ich war dann ja bald Geschichte und die Zeit, als er drei Frauen beglückte, nur eine sehr kurze. Ich war also der Annahme gewesen, dass die neue Gespielin rasch und nachhaltig meinen Platz eingenommen hatte und daher an einem Sonntag für mich der beste Zeitpunkt zum Chatten und für eine Verabredung mit ihr sei. Pustekuchen. Was immer ihr im Kopf herumging, ich war es jedenfalls nicht. Aber ich war schon wieder woanders mit meinen Gedanken. Und nun das.

Mein Liebster stotterte herum. Rechtfertigte sich für unzählige Abende, die er im Büro verbracht hatte in den letzten Wochen. Es wäre besser gewesen, er hätte nichts gesagt. Mit jedem seiner Sätze wurde mir klarer, warum sich unser Sexualleben seither auf ein Minimum reduziert hatte. Ich war mir jetzt sicher: Er ging fremd.

Nun war ich keine Frau, und zwar nie gewesen, die so schnell aufgibt. Und jammern fiel mir gar nicht ein. Ich stellte mich ahnungslos, hörte mir den Schmus an, den mir mein Liebster zu Gehör brachte, und dachte mir meinen Teil. Er schien erleichtert, dass ich nicht heftig auf seine Ausführungen reagierte, und wagte sich aus der Deckung: „Es kann schon sein, dass ich ihr gefalle. Na ja, bei ihr daheim ist es ja nur noch düster. Aber ich halte mich natürlich zurück, du kennst mich ja, mehr Annäherung kommt da nicht infrage für mich.“ An seinem Blick erkannte ich, dass er für das Gesagte nun gelobt werden wollte, was ich auch umgehend, beinahe reflexartig machte – wusste ich doch, er gehörte zu der Sorte Mann, die viel Bestätigung und Bewunderung braucht –, aber dann … ritt mich anscheinend der Teufel. Ich wollte es wissen: „Das ist sehr fein von dir, dass du ihre Situation nicht ausnutzt, ich kann mir schon gut vorstellen, dass du ihr gefällst. Und das nicht nur, weil ihr Mann anscheinend Geschichte ist. Aber ich möchte dich mal was fragen, rein theoretisch: Was wäre so schlimm daran, wenn du dich drauf einlassen würdest? Rein körperlich, versteht sich? Also sich zwischen uns nichts ändern würde? Was glaubst du, könnte so was gutgehen?“ Und ich blickte ihn fragend, dabei möglichst wenig herausfordernd an.

Er zögerte, schien seine Gedanken zu sortieren, bevor er den Mund aufmachte. Was dann kam, verblüffte mich abermals: „Ich weiß, dass du das könntest. Also einfach nur Sex haben, dann heimkommen und mich umarmen und das Ganze schön trennen. Aber ich kann das nicht. Ich bin nun mal so. Es tut mir leid, dass ich dir das nicht anbieten kann, eine offene Beziehung ist einfach nichts für mich. Ich will dich zwar an nichts hindern, was du möchtest, aber das kann ich einfach nicht. Ich dachte, wir hätten das am Anfang unserer Beziehung besprochen. Du hast ja ein viel wilderes Leben als ich geführt davor. Vielleicht fehlt dir da was …“ Er verstummte und schaute mich abwartend an. In mir stieg etwas auf, das mich ganz und gar erfüllte, ein sehr warmes, wohliges Gefühl. Ich hatte einen treuen Mann, einen zuverlässigen Partner, einen durch und durch aufrechten Gefährten gefunden. Ich schüttelte den Kopf, zuerst ein bisschen, dann energischer, bis er ihn mit beiden Händen festhielt. Ich küsste ihn auf den Mund, einmal, zweimal, und dann hörten wir gar nicht mehr auf damit, ich fühlte die Wärme seines Körpers, einen festen Oberschenkel zwischen meinen Beinen, sein vordrängendes Becken, und noch etwas, das sich energisch meinem Bauch entgegenreckte. Ein kleiner Tanz entstand, als wir uns gegenseitig auszogen, uns eines Kleidungsstückes nach dem anderen entledigten, und wir schwankten, uns umschlingend, in kleinen Drehungen gemeinsam Richtung Sofa. Dieser Mann, der beim Sex so genau darauf achtete, was mir guttat, was ich wollte, der meinen Körper und dessen Begehren so gut kannte wie keiner vor ihm, wusste genau, was er tat: Er legte mich auf den Rücken, streichelte sanft rund um meine Brüste, küsste und leckte sie zart an der Spitze und dann kräftiger, während seine rechte Hand den Weg zwischen meine Schenkel fand …, wo er sich viel Zeit ließ, meine Hügel und Täler zu umschmeicheln, zuerst ganz sanft zu streicheln, dann immer rhythmischer zu berühren, kreisend drum herum und darüber zu gleiten, sodass meine pulsierende, immer noch anschwellende Lust eins wurde mit seinen kundigen Bewegungen. Sein verheißungsvoller Penis präsentierte sich vor mir, stramm, mit glänzender Kuppe, stolz aufgerichtet zu voller Größe, ich streckte eine Hand danach aus und umfasste ihn so, bewegte sie rhythmisch, intensiv, wie er es am liebsten hatte.  Bis er genug davon hatte, weil er etwas anderes wollte, mich kurzerhand umdrehte, meine Hüften mit seinen Händen zu sich hinzog und langsam von hinten ganz in mich eindrang, kurz dort verweilte, wie um das Gefühl des völligen Umschlossen-Seins auszukosten, und mich dann mit zunehmendem Tempo vögelte, bis alles schließlich in einem wilden, atemlosen Ritt gipfelte, ich bemerkte seine steigende Erregung, er war wohl kurz davor, zu kommen, ein bisschen noch, mein Lieber, ein bisschen noch, und seine Hand fand meine bereite, erwartungsvolle Lieblingsstelle, dort bewegten sich seine Finger sanft, aber stetig, während er mit seinen Beckenbewegungen fortfuhr, deren Intensität steigerte, bis sich alles zu einem einzigen Mechanismus fügte, einem gut getakteten Motor gleich, der hin und her, auf und nieder, hinein und hinaus, uns beide dem entgegentrieb, was so allgemein in tausenden Liedern und Gedichten verklausuliert oder auch offen als ein total erfüllender, richtig geiler Orgasmus beschrieben wird.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20121