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Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 11

Wer das Klischee liebt, darf sich nicht wundern, wenn sich manches bestätigt – und anderes einem um die Ohren fliegt. So sehr ich in dieser Frau eine anbetungswürdige Person mit Temperament und Klasse  gesehen hatte, verblüffte mich ihr folgendes Verhalten. Als ich mich gegen Ende des Wochenendes endlich dazu aufgerafft hatte, bei ihr mit ein paar Zeilen im Messenger anzuklopfen, war sie kurz angebunden, der Chat verlief unerfreulich unverbindlich und abweisend.
Ich kam beim Gesprächsverlauf nicht mit und tauchte beinahe benommen daraus wieder auf, fühlte mich wie ein bedauernswerter Pudel nach einem sehr kalten Guss. Hatte ich alles richtig verstanden? Ihr hastig hingetippseltes Englisch war fehlerbehaftet, etliche auch einfache Wörter waren falsch geschrieben, manches ausgelassen, das Ganze in aller Eile hingefetzt, keine Frage. Keine Zeit, falscher Zeitpunkt, ein andermal, vielleicht, mal sehen, alles grad sehr kompliziert. Vor allem Letzteres konnte ich gut nachempfinden. Ich fühlte mich gekränkt, meinen mutigen Vorstoß nicht gewürdigt und wollte jetzt auch meine Ruhe haben. Zu viel Aufruhr für so wenige Worte.

Meinem Freund sagte ich, dass die Frau, die ich zu Interviewzwecken treffen wollte, recht eigenwillig sei, und es vielleicht gar nicht dazu komme. Er nahm es, wie beinahe alles, was meine Arbeit betraf, als gegeben hin und fragte nicht nach.
Meine Enttäuschung versuchte ich im Verlauf des Sonntagabends, so gut es ging, zu verbergen. Aber er kannte mich gut und wusste, dass etwas nicht stimmte. Sehr aufmerksam, versuchte er über Umwege herauszufinden, was mich beschäftigte, meinte wohl, meine gedämpfte Laune hätte etwas mit ihm zu tun. Ein Paradebeispiel von egozentrischem Weltbild, das sich dabei zeigte. Und anscheinend trieb ihn schlechtes Gewissen um und schließlich dazu, ein Gespräch zu beginnen, was mich sehr überraschte.

„Du, die Geschichte mit der Elli, also weißt du, das hat echt nichts zu bedeuten. Die ist einfach genauso lange wie ich im Büro festgesessen. Und dann haben wir was getrunken, weil alles so frustrierend war, eine Flasche vom guten Roten, die war noch vom Geburtstag von Sascha übrig, danach woanders was trinken gehen ja auch keine Option, und das ist ganz einfach das, was du letztens gerochen hast. Ein paar Gläser, sonst war nichts. Sie weiß ja auch, dass wir zusammen sind. Momentan ist es bei ihr eher schwierig, sie steckt mitten in der Trennung. Da hat es ihr gutgetan, dass ich ihr zugehört habe.“

An dieser Stelle dachte ich, es wäre wohl gut, ab jetzt sehr gut zuzuhören. Während ich mich gedanklich sehr weit, zu weit anscheinend, aus dem Fenster gelehnt hatte, war also eine andere Frau dabei, ihre Fensterläden für meinen Liebsten zu öffnen. Wenn nicht noch viel mehr.
Es war ja nicht so, dass mir das Thema Fremdgehen ein Buch mit sieben Siegeln gewesen wäre. Im Gegenteil, damit kannte ich mich bestens aus. Auch wenn die Konstellation, in die ich damals geraten war, allen Beteiligten bekannt und von der Ehefrau meines Sexpartners sogar ausdrücklich gewünscht gewesen war, wusste ich um die Planungen, die Organisation, also beispielsweise, dass Besuche des Verheirateten bei mir damals ausschließlich wochentags, zu Beginn manchmal samstags, aber niemals sonntags erfolgt waren, weil der Sonntag seiner Frau und den Kindern gehörte. So hatte es sich eingebürgert, dass der untreue Ehemann wochentags am frühen Abend nach der Arbeit immer für ein Stündchen zu mir kam, um hernach zu seiner Familie heimzukehren. Ein Zeitfenster jeden Samstag hatte er anscheinend, während das mit mir auch noch am Laufen war, für seine Neueroberung reserviert, aber ich war dann ja bald Geschichte und die Zeit, als er drei Frauen beglückte, nur eine sehr kurze. Ich war also der Annahme gewesen, dass die neue Gespielin rasch und nachhaltig meinen Platz eingenommen hatte und daher an einem Sonntag für mich der beste Zeitpunkt zum Chatten und für eine Verabredung mit ihr sei. Pustekuchen. Was immer ihr im Kopf herumging, ich war es jedenfalls nicht. Aber ich war schon wieder woanders mit meinen Gedanken. Und nun das.

Mein Liebster stotterte herum. Rechtfertigte sich für unzählige Abende, die er im Büro verbracht hatte in den letzten Wochen. Es wäre besser gewesen, er hätte nichts gesagt. Mit jedem seiner Sätze wurde mir klarer, warum sich unser Sexualleben seither auf ein Minimum reduziert hatte. Ich war mir jetzt sicher: Er ging fremd.

Nun war ich keine Frau, und zwar nie gewesen, die so schnell aufgibt. Und jammern fiel mir gar nicht ein. Ich stellte mich ahnungslos, hörte mir den Schmus an, den mir mein Liebster zu Gehör brachte, und dachte mir meinen Teil. Er schien erleichtert, dass ich nicht heftig auf seine Ausführungen reagierte, und wagte sich aus der Deckung: „Es kann schon sein, dass ich ihr gefalle. Na ja, bei ihr daheim ist es ja nur noch düster. Aber ich halte mich natürlich zurück, du kennst mich ja, mehr Annäherung kommt da nicht infrage für mich.“ An seinem Blick erkannte ich, dass er für das Gesagte nun gelobt werden wollte, was ich auch umgehend, beinahe reflexartig machte – wusste ich doch, er gehörte zu der Sorte Mann, die viel Bestätigung und Bewunderung braucht –, aber dann … ritt mich anscheinend der Teufel. Ich wollte es wissen: „Das ist sehr fein von dir, dass du ihre Situation nicht ausnutzt, ich kann mir schon gut vorstellen, dass du ihr gefällst. Und das nicht nur, weil ihr Mann anscheinend Geschichte ist. Aber ich möchte dich mal was fragen, rein theoretisch: Was wäre so schlimm daran, wenn du dich drauf einlassen würdest? Rein körperlich, versteht sich? Also sich zwischen uns nichts ändern würde? Was glaubst du, könnte so was gutgehen?“ Und ich blickte ihn fragend, dabei möglichst wenig herausfordernd an.

Er zögerte, schien seine Gedanken zu sortieren, bevor er den Mund aufmachte. Was dann kam, verblüffte mich abermals: „Ich weiß, dass du das könntest. Also einfach nur Sex haben, dann heimkommen und mich umarmen und das Ganze schön trennen. Aber ich kann das nicht. Ich bin nun mal so. Es tut mir leid, dass ich dir das nicht anbieten kann, eine offene Beziehung ist einfach nichts für mich. Ich will dich zwar an nichts hindern, was du möchtest, aber das kann ich einfach nicht. Ich dachte, wir hätten das am Anfang unserer Beziehung besprochen. Du hast ja ein viel wilderes Leben als ich geführt davor. Vielleicht fehlt dir da was …“ Er verstummte und schaute mich abwartend an. In mir stieg etwas auf, das mich ganz und gar erfüllte, ein sehr warmes, wohliges Gefühl. Ich hatte einen treuen Mann, einen zuverlässigen Partner, einen durch und durch aufrechten Gefährten gefunden. Ich schüttelte den Kopf, zuerst ein bisschen, dann energischer, bis er ihn mit beiden Händen festhielt. Ich küsste ihn auf den Mund, einmal, zweimal, und dann hörten wir gar nicht mehr auf damit, ich fühlte die Wärme seines Körpers, einen festen Oberschenkel zwischen meinen Beinen, sein vordrängendes Becken, und noch etwas, das sich energisch meinem Bauch entgegenreckte. Ein kleiner Tanz entstand, als wir uns gegenseitig auszogen, uns eines Kleidungsstückes nach dem anderen entledigten, und wir schwankten, uns umschlingend, in kleinen Drehungen gemeinsam Richtung Sofa. Dieser Mann, der beim Sex so genau darauf achtete, was mir guttat, was ich wollte, der meinen Körper und dessen Begehren so gut kannte wie keiner vor ihm, wusste genau, was er tat: Er legte mich auf den Rücken, streichelte sanft rund um meine Brüste, küsste und leckte sie zart an der Spitze und dann kräftiger, während seine rechte Hand den Weg zwischen meine Schenkel fand …, wo er sich viel Zeit ließ, meine Hügel und Täler zu umschmeicheln, zuerst ganz sanft zu streicheln, dann immer rhythmischer zu berühren, kreisend drum herum und darüber zu gleiten, sodass meine pulsierende, immer noch anschwellende Lust eins wurde mit seinen kundigen Bewegungen. Sein verheißungsvoller Penis präsentierte sich vor mir, stramm, mit glänzender Kuppe, stolz aufgerichtet zu voller Größe, ich streckte eine Hand danach aus und umfasste ihn so, bewegte sie rhythmisch, intensiv, wie er es am liebsten hatte.  Bis er genug davon hatte, weil er etwas anderes wollte, mich kurzerhand umdrehte, meine Hüften mit seinen Händen zu sich hinzog und langsam von hinten ganz in mich eindrang, kurz dort verweilte, wie um das Gefühl des völligen Umschlossen-Seins auszukosten, und mich dann mit zunehmendem Tempo vögelte, bis alles schließlich in einem wilden, atemlosen Ritt gipfelte, ich bemerkte seine steigende Erregung, er war wohl kurz davor, zu kommen, ein bisschen noch, mein Lieber, ein bisschen noch, und seine Hand fand meine bereite, erwartungsvolle Lieblingsstelle, dort bewegten sich seine Finger sanft, aber stetig, während er mit seinen Beckenbewegungen fortfuhr, deren Intensität steigerte, bis sich alles zu einem einzigen Mechanismus fügte, einem gut getakteten Motor gleich, der hin und her, auf und nieder, hinein und hinaus, uns beide dem entgegentrieb, was so allgemein in tausenden Liedern und Gedichten verklausuliert oder auch offen als ein total erfüllender, richtig geiler Orgasmus beschrieben wird.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20121

 




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 10

Was dachte sich die Frau? Und was wollte sie von mir? Es war unglaublich. Was als harmloser oder zumindest nicht mit Hintergedanken verfolgter Plan zur Sammlung von Ideen für meinen Porno begonnen hatte, entwickelte sich nun in eine Richtung, die mir gar nicht geheuer war. Ich muss sehr versunken gewesen sein in meine Überlegungen, denn ich schreckte richtiggehend auf, als mein Partner seinen Kopf bei meiner Arbeitszimmertür hereinsteckte. Er kam wie üblich gar nicht herein, wenn er mich vor dem aufgeklappten Laptop sitzen sah: „Hallo Schatz, du arbeitest auch noch so spät, fleißig, fleißig. Wie lange machst du noch? Ich stell mich mal unter die Dusche. Das war vielleicht ein Arbeitstag. Schön langsam wird es normal, dass ich nicht vor zehn rauskomme aus dem Irrenhaus. Bussi, bis nachher.“

Wie sonst auch manchmal hatte er die Antwort auf seine Frage gar nicht abgewartet. Aber ich wusste es ja selbst nicht: Ja, wie lange wollte ich eigentlich noch „machen“? Hm, da hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich war unruhig, unzufrieden, aber ich hatte noch nicht den Knopf gefunden, den ich drücken musste, um wieder ausgeglichen, optimistisch und fröhlich zu sein. So unbeschwert wie zu Beginn unserer Beziehung waren wir wohl beide nicht mehr, waren es auch kaum noch gewesen, als er vor einigen Wochen ins Management einer „systemrelevanten Firma“ aufstieg. Obwohl wir kaum zwei Jahre zusammen waren und erst seit ein paar Monaten gemeinsam mein Appartement bewohnten, erschien es mir wie eine Ewigkeit. Genau danach hatte ich mich ja eigentlich gesehnt: nach jemandem, der da war, beim Einschlafen, beim Aufstehen, beim Frühstücken; danach, ein unaufgeregtes, normales Leben zu zweit zu führen. Aber eben nur eigentlich. Denn mir fehlte das Ungestüme, das Unvorhergesehene, etwas, das mich packen und aushebeln sollte aus meinem Festgefahrensein. Und da war jetzt also diese Frau, diese Göttin, die etwas von mir wollte. War sie es, die ich wollte?
Betrug und Hintergehen waren nie mein Fall gewesen. Sollte ich meinem Freund sagen, was los war? Er hatte sich nach anfänglichem Schock – und dem Aufklären eines im Rückblick ziemlich lustigen Missverständnisses – damals zu Beginn unserer Bekanntschaft doch recht schnell mit meinem unkonventionellen Beruf angefreundet, akzeptiert, dass ich zu Recherche- und Inspirationszwecken oftmals herumstreunte und eben keinen normalen Bürojob hatte. Er wusste, dass ich mit Sex beziehungsweise dem Gustomachen darauf mein Geld verdiente. Und er hatte Respekt davor, dass mich andere für das bezahlten, was davor wohl irgendwann einmal in meinem Kopf gewesen sein musste. Dass er oder unser sexuelles Zusammensein dabei nicht thematisch „verwertet“ werden sollten, hatte er auch gleich zu Beginn der Beziehung einmal klargestellt. Dabei hatte ich schmunzeln müssen, aber insgeheim gedacht, keine Gefahr, mein Lieber, wirklich nicht.

Ich war unfair. Er bemühte sich. Aber Inspiration für ein Pornodrehbuch, hm, na ja, vermutlich zu viel verlangt vom eigenen Partner.
Drum … Warum nicht einmal schauen, was sich ergab mit ihr? Und es war Recherche, es war Ideenfindung, natürlich, und ich musste nicht lügen, wenn ich ihm davon erzählte, dass ich vorhatte, eine interessante Frau, eine flüchtige Bekannte von früher, zu besuchen, um Material zu sammeln für mein nächstes Drehbuch.

Er hörte ohnehin nur mit halbem Ohr zu, als wir uns in der Küche wiedertrafen, er noch mit nassem Haar, ich etwas aufgewühlt, aber entschlossen, ihn zumindest ansatzweise einzuweihen in meine unausgegorenen, ganz frischen Pläne. Er hatte allerdings einen Einwand, der durchaus berechtigt, mir aber noch gar nicht in den Sinn gekommen war: „Schön, eine alte Freundin, ja, sicher, das ist eine gute Idee. Aber wie machst du das, Social Distancing beim Besuchen? Da müsst ihr euch halt was einfallen lassen, ist das Haus sehr groß? Dann könntet ihr wohl Abstand halten. Euch fällt schon was ein.“
Ja, so war er, mein treuer Freund, mein akkurater Begleiter, analytisch, lösungsorientiert. Und er hatte recht. Wollte ich mich jetzt, gerade jetzt, mit einer Frau näher einlassen, die viel unter Leute kam, auch wenn sie als Model wohl gerade weniger zu tun hatte, jetzt, in der Phase, in der alles Spitz auf Knopf stand, wo möglichst jeder persönliche Kontakt vermieden werden sollte, der sich außerhalb der eigenen vier Wände ergeben könnte? Und bei allem Pragmatismus, was seine Vorschläge zum Abstandhalten bei ihr zu Hause betraf; eins konnte er natürlich nicht bedenken, was aber als weiterführende Frage bei mir im Kopf herumspukte: Vielleicht wollten wir dort nicht nur reden miteinander?

Die Tage vergingen, ich getraute mich nicht, mich bei ihr zu melden. Ich schob und schob und schob es hinaus. Um nicht gänzlich untätig zu sein, unterhielt ich mich am Telefon mit einer ehemaligen Schulfreundin. Wir trafen uns persönlich kaum, seit sie aufs Land gezogen war, hielten aber seit Jahren guten Kontakt. Sie war schon lange eingeweiht in meine Tätigkeit und die oftmals damit verbundenen Startschwierigkeiten. Auch stand sie mir als Erstleserin meiner Drehbuchgrundlage zur Verfügung, bevor ich das Skript abgab. Das Einzige, was mich an ihr etwas störte, war, dass sie sich stets recht bedeckt hielt, was ihre eigene Meinung betraf. Ihre Formulierungen wie „das finden sicher viele spannend …“ oder „allgemein wird das schon recht gut ankommen“ sagten nie etwas darüber aus, was sie gerne, lieber oder besser nicht bei einem Porno für Frauen sehen würde. Solche Rückmeldungen wären für mich sehr hilfreich gewesen, aber vermutlich wollte sie einfach nicht zu viel von sich preisgeben. Warum ich also ausgerechnet sie befragte, ob sie mir etwas Aufregendes zu erzählen hätte, das sich irgendwie ins Drehbuch einbauen ließe, weiß ich nicht mehr. Umso erstaunter war ich, dass sie tatsächlich eine Geschichte aus ihrem eigenen Erleben erzählte. Eigenartigerweise hatte auch diese sich im vergangenen Sommer zugetragen, wie die erotische Episode aus dem Schwimmbad, die mir meine andere Freundin wenige Tage zuvor anvertraut hatte. Gab es da eine Sehnsucht nach der Zeit „vor C“? Oder erschienen jene viel zu heißen, aber rückblickend unbeschwerten Sommertage im Jahr 2019 noch paradiesischer im Vergleich zum kühlen Krisenjahr 2020? Jedenfalls wurde  gerne zurückerinnert ins Vergangene, so viel stand fest.

Meine Schulfreundin begann zu erzählen, sehr umschweifend, ich machte mir währenddessen Notizen. Mein Smartphone hatte ich auf Lautsprecher gestellt, um mit beiden Händen tippen zu können, außerdem hatte ich die Sprachaufzeichnung aktiviert, falls ich später auch Details nachhören wollte. Es gab bisher wenig zu notieren für mich, vor allen Dingen kam eine endlose Beschreibung eines lauschigen Settings; ich kürze nun drastisch ab:
Es war ein heißer Tag, sie war mit dem Rad, einen Rucksack auf dem Rücken, an einen kleinen Bach gefahren und hatte es sich nach kurzem Erfrischen im Wasser neben dem Bachbett mit einem Buch auf einer Decke gemütlich gemacht. Sie lag im Halbschatten einer riesigen Weide, die ihre Zweige ins plätschernde Wasser hielt. Die Lesende lag auf der Seite und hatte dabei den Kopf auf eine Hand aufgestützt, in der Ferne hörte sie Traktorengeräusche. Da sie nicht mitten auf der Wiese lag und durch ihre Anwesenheit wohl kaum bäuerliche Arbeiten behinderte, ließ sie sich nicht stören und ignorierte das Tuckern, bis es näherkam und ein Mann ihr etwas zurief. Sie verstand nicht, was er wollte, das Plätschern war laut, der Motorenlärm verschluckte seine Worte …

Ihre Erzählweise war lähmend, ich wusste nicht, ob das irgendwie brauchbar sein könnte, hörte aber höflichkeitshalber weiter zu.

„Und dann dachte ich mir, vielleicht sollte ich doch etwas anziehen, denn ich lag ja ohne was an auf der Decke, aber da stand er auch schon da, der Jungbauer, und schaute mich an, ganz ungeniert. Er grüßte und meinte, dass er auch lieber sonnenbaden würde als Heu wenden, aber er mache jetzt eine Pause, ihm sei schon so heiß. Und ob ich was dagegen hätte, wenn er schnell mal ins Wasser hüpfte neben mir, das sei sein Lieblingsbadeplatz. Ich grüßte zurück und schüttelte den Kopf, da hatte er auch schon sein Leibchen ausgezogen und die Shorts abgestreift und ging nackt aufs Bachufer zu.“

Stopp, dachte ich, bitte, hör auf zu reden, ich will keine Jungbauernheimatromangeschichte erzählen, auch keinen Rosamunde-Pilcher-Verschnitt mit Erotikkomponente. Niederbayern statt Cornwall, verschwitzter Bauernsohn auf dem Traktor statt versnobter Landadelsspross auf dem weißen Hengst, nö, danke, beides nichts für mich … Irgendwie musste ich recht weit abgeschweift sein, einiges wohl überhört haben, denn für mich sehr unvermittelt beendete meine Schulfreundin ihren Bericht mit dem Satz: „Na ja, und nachdem wir es getan hatten, wollte er sofort nochmal.“

Hä? Wie bitte??? Ich wollte mir keine Blöße geben, nicht zugeben, dass ich anscheinend gar nicht mehr zugehört hatte, und pries insgeheim meine aktivierte Sprachaufzeichnungsfunktion. Bedankte mich sehr freundlich bei ihr und schüttelte innerlich den Kopf über meine Abgelenktheit, während ich  mich von ihr verabschiedete. Komplett unprofessionell, unglaublich. Warum nur, wieso, war mir der potente Prachtnaturbursche so was von egal? Ich war wohl auf Frau gepolt, momentan, und um ganz genau zu sein, auf eine bestimmte mit sehr dunkler Haut und einem anregenden französischen Akzent.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20120

 

 

 




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 9

Je weiter der Abend voranschritt, desto unsicherer wurde ich. Getroffen hatte ich diese Frau ein einziges Mal, unter sehr besonderen Umständen. Mein (inzwischen längst) ehemaliger Langzeitliebhaber hatte sie mir damals unbedingt vorstellen wollen, er war stolz auf seine Eroberung gewesen, und das völlig zu recht. Sie war bezaubernd, eine Erscheinung. Eine Frau, der zuzusehen, wobei auch immer, einen faszinierte, fesselte, alles andere vergessen ließ. Genauso war es mir ergangen, als ich sie das einzige und letzte Mal getroffen hatte. Wir zwei Frauen hatten uns nach diesem denkwürdigen dreisamen Abend zwar in einem sozialen Medium „befreundet“, das war von ihr ausgegangen, und gelegentlich auch schriftlich unterhalten, sie war, womit sich mein Exlover damals brüstete, wie ich im künstlerischen Bereich tätig und verdiente zusätzlich als Model für kleinere Firmen dazu. Besonders viel wusste ich tatsächlich nicht von ihr; ihr schriftliches Englisch war besser geworden, so viel stellte ich fest, mit Deutsch tat sie sich schwer, ihre Muttersprache war Französisch, was ich nur sehr rudimentär beherrschte. Aber nicht die möglicherweise auftretenden Sprachhindernisse  verunsicherten mich. Mein Englisch war brauchbar, auch mündlich, und es war mir inzwischen halbwegs egal, wenn sich der eine oder andere Fehler einschlich. Nein, das war es nicht. Es war genau jener Abend vor beinahe zwei Jahren, der mich vor dem vereinbarten Videochat-Zeitpunkt immer nervöser werden ließ. Meine Gedanken flogen dorthin, ob ich wollte oder nicht.  Was hatte sie damals mitbekommen von meiner Verfassung? Wie stand sie dazu? So eigenartig die damalige Situation, in der wir drei uns befanden, so aufregend war auch alles gewesen. Ich hatte später noch oft und lange darüber nachgedacht.

Und nun also das. In einem Anflug von Chuzpe hatte ich gemeint, ein Chat mit dieser unglaublichen Frau würde mir tolles Material einbringen für mein neues Pornodrehbuch. Tja, so einfach war es leider nicht. In der schlichten Anfangsbetrachtung hatte ich darauf spekuliert, dass sie mir ein aufregendes Sexabenteuer schildern würde, einfach so, und ich hatte den Verdacht, dass sie davon jede Menge erlebte. Aber es war etwas ganz anderes, mit einer Vertrauten über Erotik, Lust und Erfüllung zu reden, oder aber mit ihr, die mir doch fremd war, bis auf einen einzigen Berührungspunkt, und das war der Exlover – meiner, denn sie war, soweit mir bekannt war, noch mit ihm zugange.

Auch wenn meine Digitaluhr nicht tickte, so meinte ich doch, das Verrinnen der Sekunden und Nähertasten der Zeiger zu hören, bis der vereinbarte Zeitpunkt fast gekommen war: Ich machte mich frisch, legte etwas Make-up auf, ganz wie vor einem analogen Meeting, und klappte meinen Laptop auf. Ich war fünf Minuten zu früh dran, loggte mich ein, der Link zum Videochat  erschien am Bildschirm, und da war sie auch schon, der Kamera noch nicht gewahr, eben noch mit Eintippen beschäftigt, bis wohl mein Fenster bei ihr am Bildschirm aufpoppte, da sie den Kopf hob, mich anlächelte und begrüßte. Sie sah phantastisch aus, zurechtgemacht, frisch und strahlend, ganz wie in meiner Erinnerung. Ihr einladendes Lächeln erwiderte ich, und ich war froh, dass meine Internetübertragung seit dem ersten Lockdown ruckelfrei und reibungslos funktionierte. Denn was jetzt kommen sollte, wurde am besten nicht abrupt unterbrochen. Sie fragte mich frei heraus, was mich zu dem Chatvorschlag bewogen hätte, sie sei überrascht, positiv überrascht, wohlgemerkt, aber sie habe sich schon gefragt, was mir am Herzen liege, dass ich mich nach all der Zeit nach der einen Begegnung und nach der oberflächlich weitergeführten Internetbekanntschaft nun bei ihr gemeldet hatte. Ich hatte mir eine Menge Einstiegssätze zurechtgelegt und sogar laut vorgesagt, von passabel bis indiskutabel war alles dabei gewesen, aber nun hatte sie mit drei, vier Sätzen eine Punktlandung hingelegt, war bereits mitten im Thema. Drum redete ich auch nicht herum, aktivierte mein flüssigstes Englisch und legte los.

„Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du gleich dazu bereit bist, ich freu mich. Und ich will ehrlich sein: Ich brauche deine Hilfe. Ich weiß nicht, was du über meinen Beruf weißt, vermutlich hat dich unser gemeinsamer Freund ins Bild gesetzt, aber kurz gesagt, ich schreibe Pornodrehbücher, zu Beginn waren sie für Frauen gedacht, sie sind recht gut angekommen, jetzt soll es in dieser Richtung weitergehen, aber Paare ansprechen, also die Storys sind wichtig, die müssen passen. Und ich bin gerade bei der Ideensammlung, ich suche Inspiration, wenn du so willst. Das kann sein für ein einzelnes Kapitel eines Erlebnistagebuchs, dachte ich mir, oder auch ein kompletter Erzählstrang, ich weiß noch nicht, wie ich es verarbeite. Und ich dachte, du hast vielleicht Material für mich.“
Ich machte eine kurze Redepause, merkte, wie ich dadurch etwas verlegen wurde, auch gedanklich ins Stocken geriet. Sie nutzte die Stille, um mich – recht erstaunt, aber freundlich – zu fragen: „Wie kommst du ausgerechnet auf mich? Wir kennen uns doch kaum.“ Und sie lächelte, ein sehr vielsagendes Lächeln.
Ich fühlte mich ein wenig unter Rechtfertigungsdruck, versuchte zu erklären, dass ich sie für eine Frau mit einem recht abenteuerlichen, abwechslungsreichen und inspirierenden Sexualleben hielt, als mich ihr lautes Lachen unterbrach. „Meine Liebe, du hast ja keine Ahnung. Unser beider Freund, der ist zwar recht eifrig, aber doch ein wenig einfach gestrickt. Aber was erzähle ich dir da. Du kennst ihn ja. Jedenfalls ist er seit zwei Jahren mein Mann für gewisse Stunden. Da tut sich dann zwar einiges, aber ich bin weit davon entfernt, ein aufregendes Sexleben zu haben. Er ist ja verheiratet, wie du weißt, die Sache vertieft sich also auch nicht, und irgendwann beginnt das, was oberflächlich bleiben soll, sich auch ein wenig langweilig anzufühlen. Also nicht während wir es tun, aber in der Gesamtbetrachtung ist es nicht so, dass es immer knistert und bebt zwischen uns. Der Sex mit ihm ist gut, das weißt du ja selbst. Aber was das betrifft, kann ich dir wohl kaum mehr sagen als das, was du kennst.“ Sie schaute mir, sofern das möglich war von Bildschirm zu Bildschirm, tief in die Augen. Zumindest verweilte ihr Blick lange auf mir. Sie fuhr fort: „Und wenn du es ganz genau wissen willst: Das Aufregendste, was mir mit ihm widerfahren ist, ist bestimmt schon zwei Jahre her. Und das lag auch nur zum Teil an ihm.“ Mir wurde heiß. Sie sah mich wieder lange an. Ich war sprachlos. Sie meinte doch nicht … Doch, genau das meinte sie. Den Abend, den wir bei ihr im Haus verbracht hatten, er und ich. Als er sich vor meinen Augen vor sie hinkniete, ihren Rock anhob, eine selige Ewigkeit darunter abgetaucht war, ihren Körper zum Vibrieren brachte, ihren Mund zum Seufzen und Stöhnen; ihr flackernder Blick auf mich gerichtet, die ich den beiden gegenüber saß, aufgelöst, fassungslos. Als sie mich fixierte, während er sie   –  für mich unsichtbar, aber ich wusste genau, was er da machte, und wie er es machte  – mit seiner Zunge und seinen Lippen liebkoste, lockte, mit seinen kräftigen Fingern verwöhnte, ihr Begehren steigerte, sie in Ekstase versetzte, als sie tiefer in den Sessel rutschte, sie sich nur noch mit Mühe an den gepolsterten Armlehnen festklammerte; und den Blick konnte sie in all der Zeit nicht von mir lassen. Und ich den meinen nicht von ihrer Lust. So pur, so klar, so fern von Verstellung hatte ich selten etwas gespürt wie diese Lust. Sie hatte, in ihrer rohen Kraft, mich dazu bewogen, aufzugeben. Meine Kontrolle, meine Beherrschung, meinen Widerstand gegen eine solche Situation. Denn er, der Mann der Stunde, hatte noch mehr vor. Er war angeheizt, erregt, nicht befriedigt, er war einfach nur süchtig danach, uns beide zu haben. So sehr, wie ein Mann eine Frau haben kann. Es gab keine Abwehr mehr, es war zu spät. Und als sein Kopf aus ihren duftigen Stofflagen wieder zum Vorschein kam, als er ihr einen Kuss auf die Innenseite eines der entblößten Oberschenkel gab und mich gleichzeitig so unverschämt, so unverblümt fordernd, so furchtbar siegesgewiss ansah, konnte ich nicht anders. Ich ließ geschehen, was er wollte, was ich wollte, was sie wollte …

Oh.
Genau das meinte sie also. Sie hatte während unseres Videochats darüber kein weiteres Wort mehr gesagt. Und doch wusste ich genau, wo sie in Gedanken war. Und sie wusste alles über mich.

Dass ich längst nicht alles über sie wusste, sollten mir die kommenden Ereignisse zeigen. Doch davon soll später erzählt werden; besser der Reihe nach:
Unser Videochat hatte geendet, recht abrupt eigentlich. Sie hatte gesagt: „Oh. Ich glaube, du hast diesen Teil deiner Geschichte ganz gut im Kopf und brauchst meine Hilfe gar nicht mehr. Habe ich nicht recht?“ Und sie hatte mir zugezwinkert, hinreißend, wie einem Flirt, den sie bezaubern wollte, was ihr gelang, und sprach weiter, mit gesenkter Stimme: „Ich für meinen Teil muss mich jetzt etwas abkühlen. Aber es würde mich sehr freuen, unseren Austausch ein andermal fortzusetzen. Lass uns in Kontakt bleiben. Oder noch besser: Besuch mich bald. Du weißt ja, wo ich wohne.“ Sie warf eine Kusshand in den virtuellen Raum, und ihr Fenster schloss sich. Ich blickte auf den eben noch so belebten, nunmehr verwaisten Laptop und war perplex.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20118




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 8

„Es war schon so heiß an diesem Maitag, dass ich mit der Lara ins Freibad gegangen bin. Sie ist letztes Jahr noch so klein gewesen, konnte kaum laufen, ich hab sie keinen Augenblick aus den Augen gelassen, auch im Planschbecken nicht, obwohl sie Schwimmflügerl trug. Dann wollte ich mich auch mal ganz abkühlen und bin mit ihr ins Schwimmbecken, blieb aber dort, wo ich noch stehen konnte, und hielt sie hoch oder sie schwamm mit ihren Schwimmhilfen neben mir auf dem Wasser.
Weil ich so mit Lara beschäftigt war, bemerkte ich zu spät, dass …“

Sie redete weiter, in Gedanken ergänzte ich dabei das eine oder andere erotische Detail, je mehr sich die Geschichte entwickelte. Gut, damit konnte ich was anfangen. Ich musste  es eindeutig umformulieren, und Kleinstkinder am Beginn oder als Teil einer erotischen Geschichte … Na ja, eher nicht. Das sind doch die Stimmungskiller schlechthin. Die kleine Lara kam also klarerweise raus aus meinem künftigen Porno. Und sie war auch dem hinderlich, was ich hernach in der Umkleidekabine geschehen lassen wollte …

Aber der Grundgedanke und wie sich das Ganze weiterentwickelte, gefielen mir.
Als sie geendet hatte, bedankte ich mich sehr bei meiner langjährigen Freundin  und meinte, das sei schon ein ziemlich guter Einstieg in die Materie, sie habe mir sehr geholfen. Und dann, quasi übergangslos nach unserer Verabschiedung, kaum war das Meetingfenster am Bildschirm geschlossen, tippte ich auch schon für mein Ideenfindungsdokument in die Tastatur, was da notierenswert war:

Wasser umspült das üppig gefüllte Bikinioberteil und hebt die Brüste an. Die schmalen Bänder gleiten von den Schultern, tragen das Gewicht nicht mehr, der nackte Busen wogt sacht im Rhythmus der Wellen, die die Turmspringer am anderen Ende des Schwimmbeckens beim Eintauchen auslösen.

Der jüngere Mann auf der Stiege daneben will gerade das Wasser verlassen, bleibt stehen und kann seinen Blick vom Dargebotenen nicht abwenden. Geht schließlich doch ein paar Schritte die Stiege hinauf, um das Becken zu verlassen. Die Ausbuchtung in seiner Badehose ist nicht zu übersehen. Er wird dessen gewahr, dreht sich rasch wieder um und kehrt ins Wasser zurück, beschämt zur Seite blickend, aber doch auch dorthin, wo noch immer freigelegt ist, was ihn so fasziniert.

Ihr Blick folgt ihm, er ist bereits ein Stückchen weggeschwommen und kommt nach seiner Kehre am Ende des Bassins zurück in ihre Richtung. Sehr langsam knotet sie die Bänder des Bikinioberteils neu, nicht besonders fest, und schaut ihm in die Augen, als er näherschwimmt. Er verwirft diesmal den Versuch, das Wasser zu verlassen, sofort, und schwimmt noch einmal retour, von ihr weg. Sie stößt sich vom Beckenrand ab und holt ihn auf einer Nebenbahn ein, lächelt ihn an, er errötet. Dann lächelt er ebenfalls, und hat er gerade genickt? Eine Weile schwimmen sie nebeneinander, hin und her, her und hin, und schließlich richtet er seine ersten Worte an sie: „Ich bin jetzt genug geschwommen, und du?“

Statt einer Antwort verlässt sie das Wasser, er geht dicht hinter ihr die Stiege hinauf. Am Weg zur Umkleidekabine fällt kein Wort. Er sieht sich kurz um, ob er von ihr oder jemand anderem abgehalten wird, und schlüpft dann zu ihr in die Umkleide. So schnell sind kaum jemals nasse Badeteile zu Boden gegangen …

Ja, es war eindeutig besser, Lara aus dem Plot ganz zu entfernen. Denn wohin mit ihr im Fall des Falles?

Ich driftete gedanklich schon wieder ab. Ich musste mich von der Alltagslebenswelt der Klientel fernhalten, das schien mir klar. Keine störenden Faktoren, Erotik rules! Aber dieses Setting hatte immerhin Potenzial. Nun ging es darum, möglichst viele solcher Geschichten zu sammeln, auszubauen und in eine Story einzuweben, die nicht allzu hanebüchen zusammengezimmert wirkte. Frauen waren dabei wesentlich kritischer als Männer, und das Niveau musste immer stimmen.

Weitere Ideensammlung war angesagt; und ich geniere mich nicht zu erwähnen, dass ich auf der Suche nach Verwertbarem nicht heikel bin. Ich verabredete per Message einen Videochat für den späten Abend, mit der Gespielin einer meiner größten Inspirationsquellen: der Freundin meines Exliebhabers.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20117




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 7

„Mein Freund, der Kellner und ich“ war ein sagenhafter Erfolg; in den nordeuropäischen Ländern war er ein ganzes Jahr lang Spitzenreiter bei den Bezahl-Porno-Downloads gewesen, hatte sich auch danach laufend sehr gut verkauft und erlebte nun gerade ein neues Hoch. Und das erstaunlicherweise nicht nur, wie für dieses Genre naheliegend, überwiegend bei Frauen, sondern mit beinahe gleich hohem männlichen Käuferanteil.  Das Management der Filmproduktion vermutete, es lag an den Ausgangsbeschränkungen, die die Menschen ins häusliche Verbleiben zwangen und gemeinsam lebende Paare vermehrt dazu brachten, ihre Sexualität zusammen zu erforschen, zu erweitern und auszuleben. Was bot sich da als Einstieg oder Aufwärmrunde besser an als ein gut gemachter „Porno für Frauen“, der auch Männer gewaltig auf Touren brachte? Eben. Die Logik der Filmproduzenten war stringent: Nachschub musste her, scharfe Ware für Paare, mit Niveau, aber bitte schnell.

Na ja, um ehrlich zu sein, das mit der flotten Textproduktion war nicht so mein Ding. Pech nur, dass ich als Autorin genau damit mein Geld verdienen sollte. Auch hatte ich mich auf meinen Drehbuchlorbeeren anscheinend zu gut ausgeruht und schon länger nichts Einschlägiges mehr geschrieben, konnte ich doch bequem von den weiterhin sprudelnden Filmeinnahmen leben. Ich war eindeutig außer Übung, uninspiriert außerdem. Was passierte schon in meinem Leben? Aber dies war ohnehin ein Anfängerinnenfehler, nur im eigenen Teich zu fischen, was Ideen betraf. Oft ging ich aus, um Szenen und Eindrücke zu sammeln, beobachtete flirtende Singles und spann deren Geschichten dann in meiner Fantasie weiter. Doch nun die ganze Zeit, bis auf den täglichen Spaziergang, daheim zu verbringen, förderte nichts Neues, Spannendes zutage. Und genau das war gerade gefragt, fürs dürstende Publikum, für jene, denen es ebenso erging wie mir. Eine vertrackte Situation.

Und dann, inmitten eines Videochats mit einer sehr vertrauten Freundin, kam mir die Idee: Wo derzeit beinahe alles digital passierte, war vielleicht meine Ideenquelle auch hier zu finden? Ich lenkte das Gespräch auf erotische Fantasien, auf sexuell aufgeladene Stimmungen, und fragte sie, ob ihr nicht irgendetwas einfiele, das ich ins künftige Drehbuch einarbeiten könnte. Sie lachte laut, wirkte plötzlich sehr fröhlich und meinte, gerade gestern habe sie an eine Situation im Frühsommer vor einem Jahr gedacht, als so ziemlich alles noch völlig anders war. Ich war ganz Ohr.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 20116

 

 




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 6

„Mein Freund, der Kellner und ich“ schlug ein wie eine Bombe. Die Producer waren überwältigt, hingerissen, fast demütig in ihrer Begeisterung für mein Drehbuch. Keine Frage, in Kürze würden die Dreharbeiten beginnen, mein Honorar war fürstlich.
Gemunkel in Insiderkreisen zufolge wollte sich das Filmstudio diesmal mindestens einen „richtigen“ Star leisten, dem Casting sollte ich unbedingt persönlich beiwohnen. Es ging alles Richtung höchster Professionalisierung, High-Quality-Performance, und natürlich war „es“ noch immer im Mittelpunkt, das schöne Thema Sex in möglichst vielen Variationen.

Ich flog also nach Reykjavík, keine Ahnung, warum gerade diese Skandinavier so viel Wert auf qualitativ hochwertig gemachte Pornos legten, jedenfalls fand sich dort immer ein offenes Ohr und eine offene Tür für besondere Projekte wie dieses.

Die Geschichte war ein Verwirrspiel um männliche Zwillinge, das liest sich jetzt, wo ich es zu beschreiben versuche, etwas banal, aber es waren viele Spannungsmomente enthalten. Die Protagonistin kommt ewig nicht darauf, dass sie von zwei verschiedenen Personen beglückt wird, nur anhand der leicht differierenden Vorlieben und Sexpraktiken findet sie schließlich die „grausame“ Wahrheit heraus, nämlich dass sie ihr Freund und sein (klarerweise eineiiger – dies aber nicht im doppelten bzw. halben Wortsinn zu sehen…) Zwillingsbruder zur Närrin gehalten haben, wie sie es auch schon mit mehreren Frauen zuvor gemacht hatten. Sie sinnt auf Rache, und so startet der zweite Teil der erotikgetränkten Story.

Aber genug davon, darum geht es hier (noch) nicht, zumindest nicht im Detail. Es war mir schleierhaft, warum ich mir diesmal unbedingt die Schauspieler beziehungsweise angehenden Pornodarsteller beim Casting ansehen sollte, denn normalerweise kam vor dem Verfassen des Drehbuchs ein Besuch des Settings, da die Story glaubhaft wirken sollte. Mit der Auswahl der Darsteller hatte ich bisher noch nie zu tun gehabt. Irgendwie machte mich das auch ein wenig verlegen. Wie konnte man jemandem, der „es“ später tatsächlich vor der Kamera tun sollte, bei einem Bewerbungsgespräch ansehen, ob er „es“ auch gut draufhatte? Tja, wir würden sehen.

Mein Freund sah der Sache auch mit gemischten Gefühlen entgegen, einerseits freute er sich für mich, dass das Drehbuch so außerordentlich gut angekommen war, mein Zusammentreffen mit männlichen Hormonbomben en masse war ihm aber irgendwie suspekt. Er hätte mich sogar gerne nach Island begleitet, aber das fand ich dann doch etwas lächerlich, wenn er mit dort aufkreuzen sollte. Das war meine Arbeit, das gehörte diesmal eben dazu, und dieser Aufenthalt fand ohne ihn statt. Zudem war auch er gerade geschäftlich unterwegs, weshalb ein angedachter anschließender Islandurlaub auch terminlich schwierig geworden wäre. Punktum, ich flog alleine.

Vom Flughafen Keflavík wurde ich abgeholt und ins hochpreisige Hotel gebracht. Dort sollten auch die Bewerbungsgespräche stattfinden, in einem extra für das gesamte Filmteam gebuchten Flügel des Hotels, der, wie man mir unverzüglich mitteilte, normalerweise Konferenzen vorbehalten blieb. In diesem „besonderen Fall“ wolle man aber sehr gerne eine Ausnahme machen, meinte der etwas zu joviale Hotelmanager, der extra geholt worden war, mit einem schiefen Lächeln und mich abschätzendem Blick.
Da erst dämmerte es mir, dass er in die Besonderheiten dieses Castings eingeweiht worden war. Das musste vermutlich sein, denn andere Hotelgäste sollten ja nichts mitbekommen und keinesfalls gestört werden. Weiters vermutete ich stark, dass er mich für eine der sich bewerbenden Darstellerinnen hielt, und da wurde mir seine ans Gönnerhafte grenzende Vertraulichkeit plötzlich unangenehm.

Ich stellte also klar, dass ich der Filmcrew angehörte und nun auf mein Zimmer gebracht werden wollte, in meinem hochnäsigsten Englisch, das ich ab diesem Moment für den Rest des Aufenthalts extra für ihn bereithielt.
Er war kurz sprachlos, erfing sich aber rasch wieder, bedeutete einem Angestellten, meine beiden Koffer zu übernehmen, und wies mir den Weg zum Lift.
Oben angekommen, war ich verblüfft über die Üppigkeit der Einrichtung meiner Räumlichkeiten, Prunk war gar kein Ausdruck dafür. Dies war mit Abstand das feinste, aber gleichzeitig auch überladenste aller Zimmer, die ich jemals bewohnt hatte.
Nach einer kurzen Rast läutete mein Smartphone und Laura, die Assistentin des Producers, wollte wissen, ob ich gut angekommen sei, und versicherte sich, dass der heutige Abendtermin auch bei mir in Ordnung ging. Dann sagte sie noch, es hätten sich in den Vorrunden schon einige Bewerber hervorgetan, aber die Endauswahl sollte am besten recht rasch vonstattengehen, am liebsten sei ihnen eine Entscheidung noch heute.

Das sah ich auch so, je früher, desto besser. Außerdem war noch Zeit für ein kleines Nickerchen, es könnte ein langer Abend werden, wenn auch die Entscheidung über die gesamte Besetzung gleich gefällt werden sollte. Reykjavík wollte ich mir dann morgen ansehen, nach (zumindest teilweise) getaner Arbeit.

Gut, dass ich geruht hatte, denn kaum hatte mein Wecker geläutet, ging es Schlag auf Schlag: der nächste Anruf, es sei ein gemeinsamer Imbiss für die Mitarbeiter vorbereitet, in dem Raum, in dem kurz darauf auch das Casting stattfinden würde.
Das Buffet war großzügig, der Raum hell und stilvoll eingerichtet, wir begrüßten uns freundlich, die meisten hier kannte ich. Das Kamerateam bestand aus zwei Personen, dann die Beleuchter, die Assistenten, wir waren ein Grüppchen von ungefähr zehn bis zwölf Personen, und auch die Assistentin des Producers kam nun dazu, der Chef selbst wollte sich erst nach dem Casting blicken lassen. Laura war seine rechte Hand, und er vertraute ihr vollkommen. Sie hatte schon in unzähligen Filmen den Blick aufs Ganze bewiesen, und er war mit ihrem Gespür bisher glänzend gefahren. Sie begrüßte mich als Erste und meinte, allen nochmals erklären zu müssen, wer ich war, obwohl nur zwei Personen neu im Team waren. Ich fühlte mich geehrt, das gebe ich zu.
Nach dem Imbiss und ein bisschen Smalltalk begaben wir uns zu unseren Sitzplätzen und erwarteten die ersten Bewerber.
Die Männer sollten zuerst an die Reihe kommen; sie mussten außer einem attraktiven Äußeren und den unabdingbaren anatomischen Voraussetzungen auch schauspielerische Qualitäten zeigen können, denn besonders die Doppelrolle des Freundes/Kellners wollte differenziert dargestellt sein. Alle waren daher gebeten worden, zwei oder drei kleine Filmausschnitte mitzubringen, mit denen sie Einblick in ihre bisherigen Arbeiten geben konnten.

Es erschien ein Hüne, ein sehr großer Mann mit einnehmendem Äußeren, er trug ein Muskelshirt, sicherlich sollte man gleich sehen, was er zu bieten hatte. Vielleicht sogar ein bisschen viel für den Protagonisten, der ja eigentlich ein „normaler“ Mann sein sollte und kein Chippendale-Typ, zumindest hatte ich dieses Bild beim Schreiben der Geschichte in meinem Kopf gehabt.
Er stellte sich vor, Laura schien sehr eingenommen von seiner Sprechweise, er hatte einen leichten Akzent, aber das stellte an sich kein Auswahlkriterium dar. Es war schon öfter der Fall gewesen, dass unsere Darsteller synchronisiert wurden, sogar in ihrer Muttersprache, das war kein Problem und hob meist die Tonqualität. Wie mir früher bereits gesagt worden war, wurde ohnehin alles, wirklich jede Szene, im Studio nachbearbeitet, jedes Seufzen, jedes Stöhnen, nichts blieb, wie es „in Action“ tatsächlich gewesen war.

Aber zurück zu unserem ersten Kandidaten, er wurde nach Filmausschnitten gefragt, er reichte den Stick hinüber, der Beamer wurde angeworfen, und auf dem Riesenbildschirm, wie er wohl ansonsten für Konferenzschaltungen gebraucht wurde, erschien der Mann in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit, vollkommen nackt und bereits erregt, wie unschwer zu erkennen war. Er näherte sich einer erwartungsvollen Blondine von hinten, sie hatte ihm ihr Hinterteil einladend entgegengereckt, und er ging gleich zur Sache.
Wir vom Filmteam sahen uns kurz gegenseitig an, es war eine absurde Situation. Doch was hatte ich erwartet? Wir saßen da im Halbrund vor ihm, er stand in der Mitte und blickte wie wir auch – er sichtlich stolz – auf den Bildschirm. Einige Minuten und zwei blonde Orgasmen später endete der Film, der uns alle ganz schön ins Schwitzen oder zumindest zum Erröten gebracht hatte.

Er grinste uns breit an und sagte nichts. Es war an Laura, das Wort zu ergreifen:
„Ähm, well, dear, sehr schön. Danke. Haben Sie noch weitere Filme, andere Ausschnitte vielleicht?“
Er nickte begeistert: „Ja, von vorne noch und Oralsex beidseitig und dann noch ein wenig…“
Laura unterbrach ihn: „Ich meinte ja eher eine Rolle, wo Sie sprechen, etwas schauspielern, damit wir eine Vorstellung haben…“
Er schien verwirrt: „Ich habe noch nie viel geredet in Pornos. War irgendwie keine Zeit dafür.“
Ich musste innerlich lachen, der Mann hatte Humor. Staubtrocken, aber das gefiel mir.
Auch Laura schien sich ein Lächeln kaum verkneifen zu können. „Nun ja, dieser Film ist anders. Wir legen Wert auf die Interaktion der Charaktere, es ist recht anspruchsvoll. Sie müssten zwei verschiedene Männer darstellen, und man sollte beim Sex erkennen, dass es zwei unterschiedliche Liebhaber sind. Trauen Sie sich das zu?“
Er nickte eifrig: „Ja, das kann ich sicher. Ich kann alles machen, was Sie mir sagen, glauben Sie mir.“ Dabei wirkte er so aufrichtig bemüht, dass den weiblichen Anwesenden, die sich gerade erst wieder gefasst hatten, gleich wieder heiß wurde, einschließlich mir. Dann folgte noch eine Auflistung der Filme, in denen er Haupt- oder Nebenrollen gespielt hatte, es waren etliche mit für Brancheninsider sehr klingenden Titeln dabei.
Dem war kaum etwas hinzuzufügen, und so wurde er gebeten, im Nebenraum Platz zu nehmen, dort waren Getränke und Häppchen vorbereitet, er sollte dort warten, bis die beiden Mitbewerber fertig waren.

Der zweite Bewerber war ein gutaussehender Mittdreißiger, ein richtiger Schauspieler mit abgeschlossenem Studium, allerdings doch in letzter Zeit etwas erfolglos, was das Finanzielle anging, und außerdem, wie er uns gleich zu Beginn des Gesprächs mitteilte, hatte ihn seine Freundin wegen eines reichen Knackers verlassen, und nun war ihm „alles egal“. Er hatte sich entschlossen, es jetzt mit Pornos zu versuchen, das stellte er sich „super“ vor, Geld zu bekommen für etwas, was er „sonst sowieso auch machen würde“, wie er das ausdrückte. Zudem könnte sogar seine Ex dann sehen, was ihr entgehen würde, so einen wie ihn bekäme sie nicht mehr, er sei nämlich „eine Granate im Bett“. Dann zwinkerte er noch Laura und mir zu, oje. Der Filmausschnitt, den er mitgebracht hatte, war eher unaufregend, es war ein Mitschnitt von einer Theateraufführung, wo er unter anderem auf einer kleinen, schwach beleuchteten Bühne nackt tanzte, nachdem er zuvor einen philosophischen Monolog über die Vergänglichkeit ausgebreitet hatte.
Laura bat ihn, ebenfalls nebenan Platz zu nehmen, und weiters per Telefon darum, den nächsten Kandidaten erst in ein paar Minuten hereinzuschicken.

Nun wieder unter uns meinte sie zu den anderen: „Ihr wart bei der Vorauswahl dabei. Das hier sind die besten drei. Seid ihr euch sicher??? Ich weiß nicht recht, das ist doch ein Scherz, oder nicht? Der Erste, ja, eventuell, der hat auch eine Menge Erfahrung, aber wie ist denn der Zweite da hereingerutscht? Wisst ihr etwas, was ich nicht checke?“

Ich war froh, dass sie gefragt hatte, mir waren dieselben Fragen auf der Zunge gelegen. Die Antwort kam aus einer unerwarteten Ecke, von einem Kameramann nämlich, der meinte:
„Der ist auf ausdrücklichen Wunsch der Frau unseres Producers in der Endrunde dabei. Sie ist ein Riesenfan, seit sie ihn im Theater gesehen hat. Sie hat gemeint, wenn wir was Anspruchsvolleres drehen wollen, mit richtigen Charakteren statt Sexmaschinen, ist er unser Mann.“
Laura seufzte. Solche Einmischungen liebte sie gar nicht. Allerdings gab ihr das eben Gehörte schon zu denken. Wenn selbst die Frau des Chefs, die als sehr speziell und kritisch galt, ihn für begabt hielt, war es wohl besser, ihn nicht gleich abzuschreiben. Irgendwie kam mir sein Name jetzt auch bekannt vor, oder aber ich täuschte mich.

Nun, der Dritte im Bunde wurde hereingebeten, er war eine Überraschung, da eher kleingewachsen, etwas älter, mit beginnender Lichtung am Haupt und sehr angenehmer, sonorer Stimme.
Er hatte die meiste Erfahrung von allen, er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Selbst ich hatte seinen Namen schon gehört. Er wurde von allen nur der „Master of Wide Shot“ genannt, und es gab eine Menge Klamauk-Sex-Filmchen, wo er von Weitem sein Glück bei der Holden versuchen durfte, das war zwar spaßig anzusehen, aber wohl nicht ganz das, wonach wir suchten. Er untermalte seinen sagenhaften Ruf gleich mit einem Filmausschnitt aus dem bekanntesten Werk: „Kein Weg ist zu weit – mach die Beine breit“ lautete die nicht besonders gelungene Übersetzung ins Deutsche. Er hatte durchaus seine Erfolge, aber seine besondere Gabe würde bei diesem Film wohl nicht so zur Geltung kommen können. Anderes Material hatte er jedenfalls nicht dabei.

Laura bat ihn ebenfalls nach nebenan und wandte sich dann an uns: „Also das war doch jetzt ein amüsanter Abschluss dieser Runde. Dem Scherzbold, der sich das ausgedacht hat, schulden wir was. Aber im Ernst, ob der noch etwas anderes draufhat, hat sich mir nicht erschlossen. Vielleicht ist er ja so auch ganz geeignet, und er wird immer nur auf das Eine reduziert?“ Sie sah uns fragend an, gar nicht so ihre Art. Sie schien verunsichert zu sein.

Es folgte eine intensive Besprechung, aus der wir tatsächlich sehr unschlüssig hervorgingen. Wer würde das Rennen machen? Ich war selbst gespannt. Der zweite Bewerber entsprach am ehesten dem Bild, das ich mir gemacht hatte, aber warum nicht einen älteren Mann nehmen? Der letzte Kandidat war sehr bekannt, aber eben nur für seine hervorstechendste Fähigkeit. Und der erste hatte viel Erfahrung, war aber eigentlich ein bisschen zu sehr „das Klischee“ von einem Pornodarsteller für diesen einen Film. Andererseits würde es besonders vielseitig zur Sache gehen, was das Ganze nicht einfacher machte…
Wer wäre Ihre Wahl gewesen?

Wie wir uns schlussendlich entschieden haben? Das verrate ich nicht, ich bin ja keine Spielverderberin. Schauen Sie sich doch einfach den Film an, dann werden Sie es gleich wissen.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 16028




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 5

Ich weiß nicht, was sie nach diesen Worten über mich gedacht, was sie anschließend über mich geredet haben. Vielleicht vermuteten sie auch, ich sei eine Edelprostituierte. Ich wollte mich nicht erklären, wollte mich nicht melden, einfach eine Zeitlang meine Ruhe haben.
Mein Freund jedenfalls meldete sich völlig aufgelöst und verzweifelt ein paar Tage später, telefonisch. Er bat um ein Treffen. Die Ungewissheit mache ihn fertig, er könne kaum noch schlafen, er möchte wissen, woran er sei, wer ich sei, er wisse gar nichts mehr.

Gut, soll sein, ich sagte zu. Wir vereinbarten als Treffpunkt der Einfachheit halber das Pub neben seinem Büro, wo ich vor dem allerersten Zusammentreffen schon auf ihn gewartet hatte. Er war bereits dort, als ich ankam, hatte anscheinend schon etwas getrunken, ein fast leeres Cocktailglas stand vor ihm, obwohl ich pünktlich war.
Er sah schrecklich aus, Ringe unter den Augen, fahle Haut, er grämte sich offensichtlich seit Tagen und Nächten.
Er stand auf, als er mich hereinkommen sah und entschuldigte sich beinahe sofort: „Du hast recht gehabt. Ich habe tatsächlich kurz überlegt, ob dir das gefallen würde. Und ob es mir gefallen würde. Es tut mir leid.“ Das entwaffnete mich sofort, und ich hatte Mitgefühl mit ihm, er war da in eine widerliche Situation geraten, und das nur wegen meiner promiskuitiven Anwandlungen. (Denn, um ehrlich zu sein, auch wenn wir, er und ich, noch keinen Sex gehabt hatten: Unbedingt gewollt hatte ich es, ich war also eindeutig bereit gewesen, zweigleisig zu fahren.)
Ich äußerte Verständnis, sagte ihm aber auch, dass mich diese Sichtweise sehr gekränkt hatte, diese Vereinbarung unter Männern über meinen Kopf hinweg, wenn auch von seiner Seite stillschweigend. Viel mehr Wut hatte ich klarerweise auf seinen Nachbarn, meinen mittlerweile Ex-Sexpartner, von dem hatte ich wirklich genug. Und das sagte ich meinem Freund auch unverblümt, was ihn zu freuen schien, ein bisschen zumindest. Er gestand mir, dass sie beide tatsächlich noch gerätselt hatten, was ich mit meinem letzten Satz gemeint haben könnte, bevor der Nachbar sich wieder zu seiner Familie verdrückt hatte.
Sie hatten natürlich beide gewusst, dass ich ein Studium an der Akademie der Schönen Künste abgeschlossen hatte, jetzt Freelancerin war, meine Zeit sehr frei einteilen konnte, manchmal reiste und von meiner Profession gut leben konnte: irgendetwas Künstlerisches, Kreatives. (Bei mir zu Hause fanden sich Werke aus meiner Studienzeit, vermutlich hatten sie den Schluss gezogen, dass sich auch mein Arbeitsleben so gestaltete und finanzierte, durch darstellende Kunst.) Ich war aber in der Beschreibung dessen, was mir derzeit mein Leben tatsächlich so ausgezeichnet finanzierte, bewusst immer vage geblieben, ich fürchtete mich vor den Filmen, die daraufhin in den Köpfen unweigerlich zu laufen beginnen würden. Aber nun ging es nicht mehr anders, das sah ich ein, die Karten sollten auf den Tisch.
Als ich gerade begonnen hatte mit meiner etwas verworrenen Erklärung, kam der Kellner, der uns schon die ganze Zeit während der Zubereitung unserer Bestellungen unter Beobachtung gehabt hatte, und unterbrach durch sein Erscheinen meine Worte. Er stellte die Drinks auf das Tischchen, und mein Freund lief in der Zwischenzeit rot an. Er war kurz vor der Explosion. Es muss ihn viel Überwindung gekostet haben, noch zu warten, bis der Kellner unseren Tisch wieder verlassen hatte.

„Du verdienst dein Geld mit… mit… Pornos???!!!!???“, rief er schließlich aus. Er konnte sich nicht mehr beherrschen, es war ihm egal, ob der Angestellte ihn hörte oder nicht. Dem fielen gerade die Augen aus dem Kopf und der Mund stand ihm offen. Ich war so damit beschäftigt, die Reaktionen der beiden zu beobachten, dass ich ganz vergaß, dass ich ja unterbrochen worden war und da vielleicht noch eine winzige Ergänzung angebracht wäre.
Er hatte offensichtlich die erste Hälfte meines Satzes gehört, dann hatte sein Gehirn ausgesetzt.
„Ja, ich arbeite für die Pornoindustrie. Als freie Schriftstellerin. Ich schreibe Pornos für Frauen. Die haben gerne eine gute Story mit viel Sex, anspruchsvollere Dialoge, exotische Settings auf der ganzen Welt, und ich verfasse die Drehbücher dazu. Das sind aufwändige Produktionen, natürlich mit kompletter Filmcrew. Und die Producer sind Vollprofis, die mich engagieren, wenn sie eine Idee haben, da gibt es jede Menge Meetings, Vorbesprechungen. Und die bezahlen gut. Manchmal fliege ich vor einem neuen Projekt sogar zu den Schauplätzen, um mir ein Bild zu machen, damit ich auch weiß, wovon ich schreibe.“

Manchmal ist es doch gut, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Das gilt für ihn, meinen Freund, und auch für mich, die mit der Klarstellung meinen Brotberuf betreffend so lange hinter dem Berg gehalten hatte. Ich hatte mich vor der Reaktion gefürchtet, aber so, nach dieser Vorgeschichte, machte sich einfach nur Erleichterung breit, bei beiden.
Der Kellner sieht mich zwar bis heute an, als ob ich das achte Weltwunder wäre, wenn wir hie und da einen Beislbesuch dort machen, aber mein Freund und ich haben unseren Spaß dabei, ihn im Ungewissen zu lassen.

Ach ja, und Sex haben wir inzwischen auch miteinander. Mein Freund und ich. Nicht der Kellner und ich. Oder mein Freund, der Kellner und ich.
Wenn ich mir das so überlege – das wäre aber zumindest ein guter Titel für ein neues Filmdrehbuch: „Mein Freund, der Kellner und ich“.

Tina Fanta

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 16003




Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 4

Ach, Isabella, du skrupelloses Wesen. Wie kannst du nur denken, ich würde einen Mann kennenlernen wollen, der eine feste Beziehung sucht, und von Anfang an planen, ihn zu betrügen. Vorsätzlich, bewusst und ohne jegliche Moral. Einfach nur, um ausstehende oder unterversorgte Bedürfnisse zu befriedigen, einen Unschuldigen hintergehen, belügen, demütigen.
Isabella, du täuschst dich in mir. So bin ich nicht. Ich werde diesen anderen Mann, deinen Nachbarn, kennenlernen, so weit folge ich deinem Plan. Aber dann werde ich deinen Ehemann abservieren, sobald ich weiß, ob mir der Unbekannte gefällt, und du kannst selbst zusehen, wie du dir wieder eine ungefährliche Geliebte für deinen Göttergatten heranziehst, damit du deine Ruhe hast und gleichzeitig sein Appetit gestillt wird. Ich verstehe dich ja, du willst verheiratet bleiben, nicht nur wegen der Kinder, und du willst nicht tagtäglich Sex mit ihm haben. Gut, den letzten Punkt kann ich eigentlich nur halb nachvollziehen. DAS kann er von mir haben. Oder konnte, wenn mir der andere gut gefällt. Jetzt geht es nur noch um Ehrlichkeit. Dein Mann hat mir nie etwas Böses gewollt, er hat direkte, offene Worte verdient. Und sogar, als er mit der Dritten zu turteln (und mehr) begonnen hat, hat er mich eingeladen, mir ein Bild von der Neuen zu machen. Ich bin es ihm also schuldig, reinen Tisch zu machen. Aber zuerst muss ich mir den von dir gepriesenen Single-Mann ansehen, den du, durchtriebene Isabella, mir zusätzlich zugedacht hast. Ich gebe doch nicht fünfmal besten Sex die Woche auf, für nichts und wieder nichts. Ich bin zwar nicht die Unmoralischste aller Frauen, aber dumm bin ich auch nicht.

Zwei Tage später. Ich habe mir das gut überlegt, so gut es eben möglich ist, in meiner Situation. Um keinen Verdacht zu erregen, habe ich mit Isabellas Mann wie gewohnt mein Schäferstündchen genossen. Er muss jetzt heim zur Familie, und ich muss jetzt die Weichen stellen für mein zukünftiges Leben. Ich werde mich aus dem alten verabschieden, ich werde nicht mehr lange in den Armen eines Mannes stöhnen, der mich nicht liebt. Ich werde mit diesem oder (falls es nicht klappt) einem anderen Mann eine ganz normale Beziehung führen, der Sex wird grandios sein, weil Liebe im Spiel sein wird, zärtliche Hingabe, Seelenverbundenheit und was weiß ich noch alles. Hatte ich ja noch nie. Aber jetzt: Die Spiele mögen beginnen.

Ich habe mich so gekleidet, wie es die meisten gebildeten Männer mögen. Nicht zu aufdringlich, aber die Erotik kommt auch nicht zu kurz. Nichts Schreiendes, dafür Andeutungen, Vorfreuden auf vielleicht Mögliches. Dann warte ich auf Isabellas Nachricht. Sie will ihn anrufen und fragen, wie lange er heute noch arbeiten wird, ihn also unter einem Vorwand aus dem Bürogebäude herauslocken, damit ich nicht ewig in der Bar nebenan warten muss. Sehr rücksichtsvoll von ihr. Schließlich sind sie Nachbarn und er wird sich nichts dabei denken. Sie meint dann, er solle besser schnell nach Hause kommen, eine Erwähnung von Geräuschen aus seiner Garage oder Ähnliches wird es wohl tun, dass er gleich im Büro zusammenpackt und sich rasch auf den Weg nach Hause macht. Und ich sause nach Isabellas Verständigung aus der Bar nebenan und kreuze seinen Weg, der Rest wird sich schon ergeben. Auf mein gutes Aussehen war immer noch Verlass, und ich gelte als Improvisationstalent. Wir werden sehen.

Ich nippe nervös an einem Longdrink mit Grünzeug. Isabellas Nachricht ist eingetroffen, ich zahle sofort nach Erhalt. Der Kellner sieht mich fragend an. Ich schüttle den Kopf. Nonverbal reicht oft völlig.
Dann ziehe ich langsam meinen Mantel an, den ich absichtlich gleich neben mir auf dem Hocker abgelegt habe, lasse ihn offen, behalte durch die großen Fenster das Haus nebenan im Auge. Da sollte er jetzt auftauchen. Und schon schwingt wie geplant diese gebannt beobachtete Türe auf, heraus tritt ein großer, dunkelhaariger Mann im Business-Outfit, eine lederne Laptoptasche unter den Arm geklemmt, einen Autoschlüsselbund in der anderen Hand haltend, und ich stürme mit einem Sprintstart aus der Bar hinaus ins Licht der Straßenlaterne.
Weil mir nichts Besseres einfällt, gebe ich die Verwirrte. Wie passend. Ich bleibe abrupt vor ihm stehen und sehe ihn verblüfft an. Er sieht sehr gut aus, erinnert mich an einen Schauspieler. Und seine Stimme ist sehr tief, warm und klingt fragend. Warum fragend? Ja, weil er etwas von mir wissen möchte, aber ich stehe völlig neben mir. Ich murmle etwas Entschuldigendes, er scheint sich Sorgen zu machen, denn diese Fürsorglichkeit in der Stimme, die fehlte vorhin noch. Vielleicht sollte ich mich besser auf den Inhalt des Gesagten konzentrieren. Jawohl. Konzentration.

Ist aber schwierig, denn ich bemerke, wie meine Beine mir den Dienst versagen. Ich schwanke bereits gefährlich auf meinen nicht zu hohen Absätzen, als er mir seinen freien Arm anbietet, den mit der schlüsselhaltenden Hand, denn die Laptoptasche unter dem anderen sollte wohl besser nicht zu Fall kommen. Ich aber auch nicht, und darum bemüht er sich sehr, mich zu stützen, auch ohne seine hilfreiche, aber anderweitig besetzte Hand zu benutzen. Haben Sie schon einmal versucht, jemanden, der gerade einen Kreislaufkollaps erleidet, mit einem Arm zu stützen, dessen dazugehörige und dringend benötigte Hand durch einen Schlüsselbund gehandicapt ist? Eben.

Wir gehen beide zu Boden, ich zuerst, er fällt auf mich drauf. Seine teure Laptoptasche fliegt in elegantem Bogen in eine Pfütze. Die Schlüsselfaust landet beinahe auf meinem Kopf. Der Mann liegt auf mir, in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Und bei mir lichten sich die Nebel wieder, sodass ich diese besondere Situation endlich wahrnehmen kann. Er erhebt sich, zuerst ein Knie vorsichtig auf den Asphalt gesetzt, dann ganz edler Ritter, mein Befinden erkundend. So kniet dieser wundervolle Mann vor mir und ich liege ihm zu Füßen. Kann es einen besseren Start in eine romantische Beziehung geben?

Wohl kaum. Ich hatte ihm versprochen, da er wirklich dringend nach Hause musste (irgendetwas sei mit seiner Garage nicht in Ordnung), ein andermal mit ihm zusammen auf einen Drink in die Bar zu gehen, ich müsse ihm genau erzählen, wie ich hierhin geraten sei. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf, er meine Handynummer und in der Folge diese neue, ersehnt umfassende, hoffnungsvolle Beziehung ihren Anfang.

Drei Tage später der ersehnte Anruf, heute ginge es sich endlich aus, er könne einmal etwas früher als sonst Schluss machen in der Arbeit (das Los der Führungskräfte, niemals vor 20 Uhr nach Hause…) und würde sich sehr freuen, mich in der Bar zu treffen.

Ich war etwas früher dort als er, derselbe Kellner hatte Dienst. Er setzte wieder sein Fragegesicht auf, und ich nickte Richtung Karte, in die ich mich vertiefte, um nicht mit ihm reden zu müssen. Auf die Tür, herein der Mann! Er war schon wieder meine Rettung, diesmal vor der Neugierde des Servierpersonals.
Der Abend verlief freundlich, angenehm, ich war angetan von seiner zuvorkommenden Art und seinem Charme. Falls Isabellas Mann so etwas draufhatte, hatte er es gut versteckt. Der war eher der direkte Typ. Das konnte man meiner neuen Bekanntschaft wiederum kaum nachsagen. Er bemühte sich sehr, auch bei den folgenden Treffen, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, er wolle mir an die Wäsche oder sonst wohin. Er wollte mir wohl das Gefühl geben, mich als Person zu schätzen und nicht nur als die attraktive Frau, die ich nun einmal auch war.

Nun ja, irgendwie ist es mir etwas peinlich, aber da meine neue Bekanntschaft zwar aufmerksam und als vollendeter Gentleman, aber ansonsten wenig offensiv Richtung körperliche Begegnung auftrat, konnte ich mich auch nach den weiteren, ähnlich verlaufenden Treffen nicht aufraffen, Isabellas Mann abzuservieren oder ihm auch nur anzudeuten, dass da etwas anderes im Entstehen sein könnte.

Es war mir bedeutend lieber, ein Treffen mit dem neuen Traumprinzen gesättigt und entspannt zu absolvieren (da eine gute Stunde davor hochbefriedigt von Isabellas fremdgehendem Ehegespons), als danach zu lechzen, wann er denn endlich seine starke Hand gen meine Oberschenkel bewegen wollte (überflüssig zu erwähnen: Er wollte bisher nicht).

So konnte das noch ein Weilchen weitergehen, wenn es nach mir ging. Auch kannte ich die Gepflogenheiten bei Anbahnung „ernsthafter“ Beziehungen nicht wirklich, vielleicht gehörte das wochenlange Beschnuppern einfach dazu? Bei mir war das immer irgendwie anders gelaufen: zuerst gemeinsam ins Bett, auf die Rückbank, auf den Teppichboden oder sonst wohin, dann sehen wir weiter.
Außerdem forderte mich zur gleichen Zeit mein Langzeitgeliebter wie nie, er konnte gar nicht genug von mir bekommen, und so hatte ich nicht wirklich das Gefühl, etwas zu vermissen, mit meinem anscheinend eher sexscheuen Traumpartner in spe.

Auf anderer Linie entwickelte sich unsere Beziehung prächtig. Wir gingen gemeinsam ins Kino, mochten die gleichen Filme, wir gingen schick essen und bevorzugten ähnliche Speisen, wir schätzten die selben Autoren und verfluchten die gleichen Parteien. Wir hatten ähnliche Interessen, Kunst, Reisen, Geldverdienen, bis auf das Sexuelle natürlich, dazu konnte ich nichts sagen. Noch nicht.

Langsam begann ich mich zu fragen, wie lange das noch so weitergehen sollte, zwei Monate waren ins Land gezogen, es ging mittlerweile auf Weihnachten zu, und noch immer keine Bescherung in Sicht.
Schließlich kamen die Feiertage heran, und mein eifriger Gespiele warnte mich vor: Sexreduktion aufgrund der familiären Verpflichtungen, Feiertage waren immer Mangeltage in dieser Hinsicht, als Geliebte eines Verheirateten eine ärgerliche Selbstverständlichkeit. Aber damit war jetzt Schluss. Schließlich hatte ich einen Freund. Und der musste jetzt seinen Mann stehen, ich war zu allem bereit.

Warf mich in ein sexy Weihnachtsmannkostüm mit Strapsen, hüllte mich nur notdürftig in meinen Mantel und läutete am dritten Weihnachtsfeiertag an seiner Haustüre. Ausgehungert, da beinahe tägliche Sättigung ge- und nun seit ein paar Tagen entwöhnt, wollte ich es wissen.
Ich schoss alle Bedenken in den Wind, die mich die Wochen davor zu großer Zurückhaltung bewogen hatten. Ich hatte meinen Freund bisher nur selten zu Hause besucht, und das sollte auch so bleiben, so lange ich mit meinem direkt neben ihm wohnenden Liebhaber noch nichts geklärt hatte. Eine „Entdeckung“ der sich anbahnenden ernsthaften Beziehung wollte ich natürlich nicht riskieren. Obwohl ich gerade ihm, dem permanent Fremdgehenden, keinesfalls Rechenschaft schuldig war, das verstand sich von selbst.

Mein Freund machte mir die Tür auf, immerhin hatte ich mich telefonisch angekündigt und er sich gefreut.
Als er mir galant aus dem Mantel half, fielen ihm beinahe die schönen blauen Augen aus seinem edlen Kopf. Er sah auf meine Beine, die hohen Schuhe, in mein Dekolleté, seitlich auf meinen Hintern, dann auf meinen rotgeschminkten Mund, meine schwarzbestrumpften Schenkel und hatte den Mund offenstehen. Das nutzte ich gleich, um ihm einen Zungenkuss angedeihen zu lassen, der saftiger nicht hätte sein können. Unser erster übrigens, kaum zu glauben. Mir gefiel das gut, ich machte munter weiter, er wich dabei zurück. Na warte, du entkommst mir nicht! Ich bekam ihn am Hosenbund zu fassen. Ich neckte ihn, rieb mich an ihm, drängte die meinen zwischen seine kräftigen Oberschenkel. Ich spürte etwas Hartes, sehr weit rechts, unerwartet. Es war eine Fernbedienung, schnell in die Hosentasche gesteckt, als er mich an der Türe gehört hatte.

Was soll ich noch erzählen? Am besten alles, jetzt bin ich schon dabei.

Es ist nicht schön, was jetzt kommt. Und ich bin nicht stolz darauf. Ich wurde sanft zur Seite geschoben, bei den Schultern festgehalten wie ein kleines Mädchen, und er redete beruhigend auf mich ein: nicht alles zerstören, was wir uns aufgebaut haben, nicht immer nur das Fleischliche uns lenken lassen, schöne Verbindung, gedankliche Harmonie, Gleichklang der Seelen. Blablabla. Ich wurde wütend: „Sag doch gleich, dass du keinen hochbekommst!“

Er war getroffen, widersprach aber nicht. Ich kam in Fahrt, deutete Richtung Nachbarhaus: „Dein Nachbar, das ist ein Kerl! Der vögelt seine Frau jeden Sonntag, seine Freundin immer samstags und seine Geliebte die restlichen Tage der Woche, manchmal auch zwei-, dreimal hintereinander, und das seit Jahren!“

Ach ja, eine Frau, die keinen Sex bekommt, ist nicht zu unterschätzen. Sie kann jetzt nicht mehr aufhören. Es wird immer schlimmer: „Und weißt du, wer diese Geliebte ist? Dreimal darfst du raten!“

Er sah mich an, lange und unbewegt. Ich nickte nur. Er drehte sich um und ging ins Wohnzimmer zurück, holte sein iPhone und tippte darauf herum. Er schaute mich an und hielt es ans Ohr, dann näher an seinen Mund: „Ah, hallo, gut, dass ich dich erwische, tut mir leid, am Feiertag, aber es ist wichtig, kannst du kurz zu mir herüberkommen? Ich brauche dich schnell, da gehört etwas geklärt.“

Keine drei Minuten später war Isabellas Ehemann da. (Er sagte mir später, er hätte mich in der Auffahrt schon zuvor gesehen gehabt, bei meiner Ankunft bei seinem Nachbarn, durch sein Vorzimmerfenster.)
Er sah mich an, als wollte er mich gleich aufessen, auf der Stelle, mitsamt der schönen Weihnachtsmannverzierung. (Vermutlich war auch er auf Entzug, viel zu brav bei seinen Familienangelegenheiten, und mehr als einmal Sex pro Woche ließ sich seine Frau auch dann nicht abtrotzen.) Schließlich blickten sich die beiden Männer wortlos an, mein zurückhaltender, wenn nicht lustloser Freund brach das Schweigen: „Also, wenn das stimmt, was sie (er warf mir einen kurzen Blick zu, als er das sagte) behauptet, das muss ich deiner Frau sagen. Wir sind befreundet, das bin ich ihr schuldig.“

Wie wir beide da lachten, mein Liebhaber und ich! Schließlich beruhigten wir uns und klärten meinen Freund auf, den armen Toren. Dann war ich an der Reihe mit meinem Folge-Geständnis: Isabellas Plan kam zur Sprache, ihr Mann schien kaum schockiert, nur etwas nachdenklicher als zuvor; aber mein Freund, für den stürzte eine Welt ein in diesem Moment.
„Kein Grund für Dramatisierungen“, meinte der Nachbar. „Und wozu das schöne Kostüm verschwenden?“ Glühend blickte er mich an. Dann, an seinen Rivalen, der eigentlich keiner war, gewandt: „Ich zeige dir, wie sie es gerne mag. Sieh es als nachbarschaftlichen Freundschaftsdienst. Dann muss ich ohnehin wieder hinüber, wir bekommen gleich Besuch von meiner Schwiegermutter. Und du kannst dann in Ruhe weitermachen.“

Ich war entsetzt, was er sich herausnahm, und im ersten Moment sprachlos. Für meinen Freund musste das ein furchtbarer Affront sein. Doch wie erstaunt war ich, als ich seinen sich rasch verändernden Gesichtsausdruck beobachtete: Erwartbare Wut erkannte ich zuerst, den Impuls, dem unverschämten Nachbarn eine zu verpassen, damit der sein vorlautes Maul hielt. Aber dann, ein Zweifel, eine Spur von Aufhellung, und so sehr mich das überraschte: Anscheinend war er im Begriff, sich das mit diesem „Angebot“ ernsthaft zu überlegen. Ich schaute meinem Freund direkt in die Augen, er wich meinem Blick aus:
Scheinbar war Isabella wieder einmal auf dem besten Weg, ihren Willen zu bekommen.

Doch da regte sich etwas in mir, Widerstand, ein Gefühl, es diesmal nicht geschehen lassen zu können; wer war ich denn, mir von dieser Frau meine intimsten Entscheidungen abnehmen zu lassen? Die beiden Männer, bei denen schien ihr das ganz gut zu gelingen, sie plante und lenkte, und alle tanzten nach ihrer Pfeife. Die beiden sollten ruhig weiterträumen. Nein, lieber doch nicht. Damit war jetzt Schluss: Klare Worte waren angesagt.

„Ihr habt es wohl nicht ganz, ihr zwei!“, fuhr ich die beiden Männer an. Mein Freund protestierte, spielte das Unschuldslamm, schließlich sei der unmögliche Vorschlag ja von seinem perversen Nachbarn gekommen und nicht von ihm. Ich unterbrach ihn sofort: „Vergiss es! Ich weiß genau, dass du es in Erwägung gezogen hast!“ Und an den Nachbarn gewandt: „Und du zisch ab zu deiner Frau, was soll denn das??? Ich bin doch nicht dein Spielzeug!“
Ich kam in Fahrt, plötzlich standen mir da Parallelen zu meiner Arbeit vor Augen, und wie sehr ich dabei stets darauf bedacht war, den Klischees zu entkommen: „Und außerdem, ihr zwei Helden, was glaubt ihr eigentlich, womit ich mein Geld verdiene? Ihr habt mich nie genau danach gefragt. Dreimal dürft ihr raten…“

Ich war so in Rage, dass ich keine Antwort abwartete; sie waren ohnehin so baff, dass da noch ein Weilchen nichts gekommen wäre.
Dann drehte ich mich um, zerrte meinen Mantel vom Garderobenhaken und stürmte hinaus. Was glaubten die eigentlich? Und Isabella, der würde ich auch bald einmal meine Meinung sagen müssen.

Tina Fanta

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Kenntnisse einer Ehebrecherin Teil 3

Niemandem konnte ich mich anvertrauen, selbst die aufgeschlossensten Bekannten hätten das nicht verstanden. Ich verkehrte in Künstlerkreisen, und da war man einiges gewöhnt. Ein verheirateter Liebhaber fiel da nicht weiter ins Gewicht. Ungewöhnlicher schon, dass die Ehefrau diesen Ehebruch aktiv betrieben hatte, mich also eingeladen hatte, es mit ihrem Mann zu treiben, möglichst oft, damit ihr Eheschiff in ruhigeren Gewässern fahren oder sogar ankern konnte.
Aber diese andere Frau, die er nun zusätzlich beglückte, das hätte keiner verstanden. So hielt ich lieber gleich den Mund, ich wollte ja keine Skandalprotagonistin und damit im Mittelpunkt des Geredes sein. Keiner wusste, wie sich mein Sexualleben oder das meines Gespielen gestaltete. Letzteres war sogar mir ein Rätsel. Es war ja nicht so, dass er seine wochentäglichen Besuche bei mir reduzierte oder gar einstellte, nein, lediglich der Samstagsbesuch wurde zur Seltenheit, sonntags war ohnehin von Beginn an seine Frau an der Reihe. Ich war schon so gewöhnt an diesen Rhythmus, dass ich nichts Besonderes dabei fand, die Wochentagsfrau zu sein, während meiner Meinung nach die andere zur Samstagsfreundin geworden und seine Ehefrau die Sonntagsdame geblieben war.
Wo er die Energie hernahm, war mir schleierhaft. Die anstrengende Arbeit auf der Baustelle, die Kurzdusche, dann der Katzensprung in meine Wohnung, anschließend heim zu Frau und Kindern. Er war zufrieden, wollte es genau so und nicht anders.

Ich jedoch begann mich umzusehen, denn anscheinend kam eine Zeit des Zweifels für mich, ob ich ewig so weitermachen wollte. Die Wochenenden ausschließlich alleine zu verbringen, war kein Vergnügen mehr. Ging ich aus, sah ich Paare, die gemeinsam ihre arbeitsfreien Tage genossen. Rief ich eine Freundin an, so kam es nur in Ausnahmefällen zu einer zweisamen Unternehmung mit ihr, denn am Wochenende war Beziehungspflege mit dem jeweiligen Partner angesagt. Ja, wir kamen alle in das Alter, in dem solche Dinge wichtig wurden, und ich war es leid, offiziell als das arme Singlewesen zu gelten, das hie und da zu einer Veranstaltung mitgenommen wurde. Dem Junggesellen vorgestellt wurden, solche, die diesen Status gerne verlieren wollten, und welche, die sich recht wohl in ihrer Rolle fühlten und auf schnellen Sex aus waren. Die letzte Gruppe interessierte mich überhaupt nicht, so einen hatte ich schon. Montags bis freitags, für eine gute Stunde am frühen Abend.

Ich begann, mich zu entziehen. War während der Woche zuerst einmal nicht da, dann schaltete ich das Telefon aus. Hörte die Sprachnachricht ab, antwortete aber nicht darauf. Er hatte keine Ansprüche und das konnte er ruhig bemerken. Dieses Spiel betrieb ich zuerst an einem Tag der Woche, dann an einem zweiten, bis er schließlich Lunte roch und mich zur Rede stellte: Magst du nicht mehr?

Doch, das Eine wollte ich schon. Aber das andere, damit Verbundene eben nicht mehr. Kein Warten auf den Auftritt des Figaro. Kein Wochenende ohne Kontakte. Die nicht zielgerichtete Zärtlichkeit begann mir zu fehlen, und dass mir jemand in der Früh einen Kopfpolster wegzog. Immer alleine schlafen, niemals jemanden zum Reden haben am Abend, das wollte ich nicht mehr. Ich wollte einen Freund. Einen richtigen Partner. Es war so weit. Unsere Liaison neigte sich dem Ende zu.

Ich musste es ihm sagen, und seiner Frau ebenfalls. Die andere war mir egal. Vielleicht würde sie mit Freuden die freiwerdenden Tage übernehmen. Sie wirkte nicht so, als wäre sie eine Kostverächterin.
Ich vertraute auf die Schläue seiner Frau, die ich schon früher bewundert hatte. Vielleicht würde sie es mir sogar abnehmen, dieses schwierige Gespräch mit ihm zu führen. Also los.
Diesmal wollte ich sie vorwarnen und nicht einfach vor ihrer Haustüre stehen. Beim letzten und einzigen Mal, als es dazu gekommen war, hatte sie mir vor dem Gehen noch ihre neue Handynummer gegeben, man könne ja nie wissen, hatte sie gemeint. Auch damit hatte sie recht.

Ich schrieb ihr ein SMS des Inhalts, dass wir uns treffen sollten, am liebsten recht bald, zu einem Spaziergang vielleicht. Sie rief zwanzig Minuten später zurück und meinte, die Kinder jetzt zu einer Freundin gebracht und daher Zeit für unser Gespräch zu haben.

Sie kam mir auf dem Kiesweg entgegen und sah besser aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Frischer, ausgeruhter und irgendwie munterer. Vermutlich waren ihre Kinder aus dem anstrengendsten Nicht-Schlaf-Alter heraußen. Ich kannte mich bei so etwas ja nicht so gut aus, aber das musste eine Plage sein, das Munterbleiben in der Nacht, mit einem kleinen Schreihals auf dem Arm.
Sie war wie bei unseren vorangegangenen Gesprächen direkt und keineswegs verlegen, nicht so ich.
Es gebe wohl Gesprächsbedarf, meinte sie, und ich bejahte. Gut, dass ich gekommen sei, sagte sie gleich. Sie hätte ohnehin wieder einmal mit mir reden wollen.

Nichts solle verkompliziert werden, war ihre Meinung, und sie war dafür, die Dinge gleich beim Namen zu nennen. Ich sagte, für mich sei es Zeit zu gehen, diese Viererkonstellation zu verlassen. Sie schien irritiert. Ihr Mann habe recht zufrieden und ausgeglichen gewirkt, als er morgens aus dem Haus gegangen sei, ob er schon davon wisse? Ich verneinte.
Daraufhin bat sie mich, noch ein wenig zu warten, bis es einen geeigneteren Zeitpunkt für diese Eröffnung gab. Oder ob ich bereits jemand anderen im Auge hätte, weswegen ich diesen Schritt andachte, und es deswegen eilig hätte?

Nein, keineswegs, versicherte ich ihr, und ich wollte sicher keine Schwierigkeiten machen, der Sex sei auch immer noch ausgezeichnet, aber ich hätte gerne eine Beziehung in meinem Leben, mir käme das alles zunehmend hohl und substanzlos vor, doch besondere Eile hätte ich nicht. Ich wollte sie nur darauf vorbereiten, dass sich vermutlich etwas ändern werde.
Sie seufzte irgendwie beruhigt, dann hatte sie einen nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Unser Nachbar, Liebes, der sucht eine Freundin. Ein sehr attraktiver Mann. Hat mir anvertraut, dass er es satt hat, jeden Abend alleine zu sein. Am Wochenende fällt ihm die Decke auf den Kopf. Am liebsten würde er durcharbeiten, damit er nicht merkt, wie einsam er ist. Der ist eine gute Partie. Ich würde ihn dir gerne vorstellen. Oder du versuchst ihn wie zufällig in der Nähe seiner Arbeit kennenzulernen, er arbeitet immer lange, bis nach 20 Uhr, danach könntest du ihm über den Weg laufen. Sein Büro liegt gleich neben einer kleinen Bar.“

So verließ ich die Frau mit einem Zettel in der Tasche und recht verwirrt. Hatte ich nun etwas erreicht oder nicht? War das jetzt so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte?

Kaum war ich in der Straßenbahn, erreichte mich ein SMS von ihr: Schätzchen, damit wir uns richtig verstehen: Ich meine natürlich zusätzlich, nicht stattdessen. Herzliche Grüße, Isabella.

Tina Fanta

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