Schlagwort-Archiv: hin & weg

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Immer am Meer

Immer am Meer wird mein Herz so schwer.
Dann fühlt es sich an, als ob darin nur Ballast wär,
der sich aufgetürmt hat und an den Wänden drückt,
es in die Tiefe zieht und auf den Narben zwickt,
und ich lauf gebückt und mit gesenktem Blick rastlos umher,
kann mein Herz kaum noch tragen, weil sich der Kummer
in jeder Kammer durch die Täler frisst, in die Schluchten gräbt,
will an mir nagen, bis mein Herz vergisst zu schlagen.

Dann hilft mir das Meer und schlägt mit den Wellen
meinen Takt, so horche ich auf und sehe es an,
atme den Wind und fühle dann, wie es aufschäumt in mir,
sich in mir verströmt, und wie die Wellen durch mein Blut schnellen, meine Adern
anschwellen, und das Leben in mich schießt, alles fließt, Gefühle erwachen,
weil die Wellen mein Herz neu entfachen, es am Zipfel packen, daran rütteln,
es ausschütteln, bis mein Kummer weicht, klammheimlich
zu den Wolken schleicht, und ich atme auf.

Und bin federleicht.

Claudia Lüer

Diesen Text können Sie hier auch hören, gelesen von der Autorin.

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg und unerHÖRT!| Inventarnummer: 22096

Atlantik

Ich darf nicht immer tiefer sinken.
Deshalb muss ich auftauchen,
an die Oberfläche des Atlantiks.
Ich werde die Fische verlassen
und wieder Mensch sein.

Das Wasser hinter der Brücke

Das Wasser hinter der Brücke

Johannes Tosin (Text)
und
Michael Tosin (Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22084

Ode an eine Ionische Insel

Angesichts des attisch blauen Meers
Das Kefalonia
Die Krone der Ionischen Inseln
Umgibt
Meint man
Nach dem Genuss
Des süffigen Weins
Die antiken Götter
Verbergen sich
In den Zypressen- und Ölbaumhainen
Und haben uns
Im Auge

Und blickt nicht Odysseus selbst
Vom Enos
Auf das attische Blau
In dessen Dunst
Himmel und Meer verschmelzen?

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22092

Im Fischerdorf

Zu Füßen der Steilküste
Liegt Olhao
An den Ufern
Des Atlantiks

Und in der Nähe
Schmiegen sich römische Villen
An die Küste
Als stünde die Zeit
Seit mehr als zweitausend Jahren
Still.

Unterm Augusthimmel
Peitscht die Brandung
Gegen die Felsen

Für eine kurze Zeit
Trübt die Gischt
Die Sicht
Auf die Welt.

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22091

Gavdos

Ein südlicheres Eiland
Ein Eiland
Dem die Zeit entschwunden ist
Kennt Europa nicht

Gavdos weckt
So will ich sie nennen
Arkadische Gefühle
Wenn durch den brennend heißen Sand
Zum Strand ich stapfe
Agios Ioannis zu

Mystisch muten
Die Buchten an
Und wunderbar kitschig
Steigt Tag für Tag
Die Sonne über den Horizont
Und sinkt abends
Nicht minder kitschig
Hinter ihn

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22090

Folegandros

Eile?
Was ist das?
Fragst du
Die entrückt im Meer ruht
Als stiller Fels

Hellgrün hellblau
Leuchten die Sessel
Der Tavernen der Cafés der Bars
Hin und wieder
Räkelt eine Katze
Sich im Schatten

Hoch über Chora
Versinkt die Sonne
In der Ägäis
Wie für eine Postkarte

Hin und wieder trägt der Wind
Einen Hauch Musik her
Der zu lauschen
Sich selten lohnt

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22089

Algarve

Die Gischt
Schlägt
An deine Strände
Und stetig
Durchdringt der Fado
Alle Dinge
Selbst manches Tier
Die Menschen sowieso

Abends munden
Die Meerestiere
Zum schweren Wein

Und unter den Mandelblüten
Glaubt man sich
In einem irdischen Paradies

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22088

Alentejo

Hoffnung im Alentejo
Seinen großen Roman
Schrieb José Saramago dort
Wo die Fischer in ihren Booten
Auf einen Fang warten
Und dann und wann beißt ein Sargo
Ein Barsch

Tróia Comperta Pinheirinho
Heißen die Strände des Alentejo
Unbarmherzig
Blenden sie das Auge

Nach Westen nichts als Wasser
Der Große Teich
Und dennoch gibt es
Einige Menschen
Die des Schwimmens
Unkundig sind
Mein Ozean hat Fliesen
Sagen sie

Günther Androsch

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 22087

In der Nacht

In der Nacht komm ich zu dir als Wolkengespinst.
Aber ich kann dich nicht halten ohne Hände.
Und ich bleibe auch nicht bis zum Morgen,
kann ja keinen Kaffee trinken und nicht rauchen ohne Mund
und keine Zeitung lesen ohne Augen.

Leuchtende Lampions beim Hotel und Gasthaus Soleo in der Sommernacht

Leuchtende Lampions beim Hotel und Gasthaus Soleo in der Sommernacht

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 21121

Ins Nichts

„Deine Anwesenheit ist nicht länger erforderlich“,
sagte seine Freundin.
„Eigentlich war sie es auch nie.
Also, bitte, geh!“
Er öffnet von innen die Haustür.
Draußen war nichts.
Und dorthin ging er auch, ins Nichts.

Der Mann mit dem Heliumballon

Der Mann mit dem Heliumballon

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: hin & weg | Inventarnummer: 21084