Zum Feiern haben wir nichts

Zum Feiern haben wir nichts, aber eine Flasche können wir ja trotzdem aufmachen. Zum Feiern haben wir wirklich nichts, aber deinen BH können wir ja trotzdem aufmachen. Zum Feiern haben wir nichts, egal, meine Hose können wir ja trotzdem, nein, deshalb aufmachen.

Dachgeschossstimmung.

Hör auf in meine Richtung zu äschern, hör auf mit dem Wind. Der Wind auf deiner Zunge, wenn wir uns küssen, der Wind und deine Asche, wenn wir. Ich wollte deine Einsamkeit sein. Aber der Winter ist in uns hineingekrochen. Und der Winter wird bleiben, unsere Lippen aufreißen, unsere Sprache aufreißen.

Lawinenstimmung.

Pünktlich um Mitternacht verrutschen, kurz nach Mitternacht versagen unsere Organe. Zum Feiern haben wir nichts. Zum Beerdigen genug. Wühlen in Hautfetzen, in dem, was noch übrig ist von dir am Morgen. Wühlen. Solange wühlen, bis ich dich spüre. Du hast mein Bett verwüstet.

Lattenroststimmung.

Ich schreibe dir einen Liebesbrief, du klemmst ihn dir zwischen die Schenkel. Da ist Platz für zwei. Da ist Platz. Mit jedem Schluck Wein werden meine Sätze glitschiger, meine Blicke schlittern in deine Richtung. In deinem Schoß warten warme Füllwörter. Lass uns um die Wette. Lass uns. Was hast du mir nur. Was hast du mir nur unter die Zunge. Unter die Zunge und hinein in meine Sprache geschoben, dass ich so hänge, in deinen Ästen hänge und raschle im Fallen, so laut.

Platzregenstimmung.

Meine erigierten Metaphern prallen ab, dringen nicht ein in dich, meine erigierten, meine verblasenen Metaphern. Zum Feiern haben wir nichts. Dein Lippenstift bröckelt in meine Grammatik hinein. Mir sind die Possessivpronomen ausgegangen. Alles, was du sagst, kann und wird. Alles, was du sagst, ist eine Startrampe. Mein Körper ist kein Tempel. Mein Körper ist ein Raumschiff. Du bist mein Houston. Wir haben ein Problem.

Erdrotationsstimmung.

Ich schenke ein. Da ist ein Loch. Ich trinke. Da ist ein Loch. Ich trinke aus. Da ist ein Loch. Der Wein versickert in meinen Nebensätzen. Wenn ich dich jetzt am Hals berühre, zerspringst du mir in zwei Teile. Und ich weiß nicht, will ich deinen Kopf oder will ich den Rest.

Klebstoffstimmung.

Zum Feiern haben wir nichts, aber eine Flasche zwischen Nicht-schlafen-Wollen und Nicht-schlafen-Können. Das geht sich schon aus. Ich erzähle von dir. Mit meinen Fingerspitzen. Dein Blues ist mein Rhythmus. Ich erzähle von dir. Ganz langsam nimmst du meine harte Prosa in den Mund. Ich widme dir alle meine Hangover, dein Herz schickt mich zum Friseur. Ich will, dass deine Haare an meiner Stirn kleben bleiben.

Lungenzugstimmung.

Wir schenken uns ein halbes Leben, schenken uns ein halbes Leben nach. Ich will, dass du mich verwechselst. Aus Versehen mit Liebe verwechselst. In meinen Sätzen treiben, in deinen Sätzen schmelzen Eisberge. Zum Feiern haben wir nichts.

Countdownstimmung.

Martin Peichl

www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 17167