Schlagwort-Archiv: Von Mücke zu Elefant

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Muskatnuss und Siebenschläfer

Eine reife Muskatnuss fiel auf sieben Siebenschläfer,
sodass alle erwachten
und die Muskatnuss zornig zum Teufel schickten.

Aus Versehen schickten sie einen der ihren
mit der Muskatnuss auf die Reise.
Die verbliebenen sechs Siebenschläfer heirateten sofort.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23128

Der Ameisengeneral

„Wohlan“, sprach der französische Ameisengeneral,
„wir müssen die Tore Londons erreicht haben,
bevor die Nacht hereinbricht!“

Und die Ameisenarmee zog los
und nahm im Küchenabteil des Eurotrains Platz.

Doch die Sonne ging bereits unter,
als sich der Zug endlich in Bewegung setzte.

Immer diese Unpünktlichkeit bei Feldzügen!

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23129

Der Drohnenflug

Dann kam die bittere Zeit des Drohnenflugs.
Joe starb auf einer Butterblume.
Henry während eines lupenreinen 1-A-Loopings.
Tom und Frank an der Küste der Bretagne.

Allein Allen konnte sich ins Bett retten
und zog voller Angst die Decke über den Kopf.

Ganz ehrlich: Ich möchte keine Drohne sein!

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23179

Die Amsel und der Wiedehopf

Die Amsel hat den Wiedehopf verlassen.
Da steigt der Wiedehopf in einen Panzer
und mäht 20 Pilze und Schwammerl nieder.

Die Ameisen hatten wenig zu lachen.
Dem Wiedehopf hingegen ging es rasch besser.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23130

Das Amselmännchen

Ich bin ein Amselmännchen. Gerade eben flog ich zu unserem Nest. Dort saß meine liebe Anni, und neben ihr? Zuerst dachte ich, es wäre eine Freundin, aber dazu hätte ihr Gefieder braun sein müssen, was es nicht war. Da saß eine schwarze Amsel, ein Männchen. Was tat er dort? Das kann ich mir schon denken. Ich flog sofort weg. Jetzt sitze ich hier. Ich denke über die Scheidung nach.

Das wahrscheinlich auf Futter wartende Amselmännchen im Europapark am Morgen des 24. Mai 2023

Das wahrscheinlich auf Futter wartende Amselmännchen im Europapark am Morgen des 24. Mai 2023

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23134

Die weinende Krähe – Begegnung im November

Am Allerseelentag bog Sebastian – von der Heiligenstädter Brücke kommend – in die Anton-Bosch-Straße ein und ging, entlang der Gärten zwischen Karl-Marx-Hof und dem erhöhten Gleiskörper der U4, vorwärts zur Station Heiligenstadt. Es war ziemlich kalt und windig, der Frühnebel lichtete sich gerade. Da saß auf einem der Bäume eine Krähe und krächzte ziemlich laut und anhaltend. Sebastian hielt an, denn irgendetwas an diesem ohrenkratzenden Geschrei war anders, er konnte nur nicht sagen was. Krähen krächzen oft genug, es ist ein unangenehmes Geräusch. Warum aber so durchdringend?

Er sah hinauf: Der Vogel saß auf einem unteren Ast und schrie ununterbrochen. Irgendwie tat er ihm leid, also öffnete er seine Tasche, riss ein Bröckerl seines Jausenbrotes ab und warf es ihm hin. Aber die Krähe reagierte überhaupt nicht darauf. Und dann sah er – am Rasen neben dem Baumstamm – eine zweite Krähe liegen. Offenbar noch nicht lange, der Vogel war noch glänzend sauber und ganz. Also das war’s. Er erinnerte sich, gehört oder gelesen zu haben, dass die Rabenvögel in lebenslanger Einehe leben. Jetzt trauerte der Überlebende um den Gefährten. Sebastian vermeinte nun in der rauhen Stimme den Schmerz, das Weinen des Verlassenen herauszuhören, seine Totenklage.

Es fiel Sebastian ein, dass die Raben als Totenvögel galten, ja verrufen waren. Und dass sich seinerzeit im britischen Tower wohl deshalb eine Kolonie von ihnen ansiedelte, weil bekanntlich in der Zeit der englischen „Weltherrschaft“ und der Intrigen am Königshof ein britischer Henker selten arbeitslos war und somit den Raben oft genug eine schmackhafte Leiche zur Verfügung stand bzw. hing. Vermutlich bedeutete die alte Weissagung, dass es mit dem Reich zu Ende gehen würde, wenn es dort keine Raben mehr gäbe (d.h. wenn dessen imperiale Interessen nicht mehr mit allen Mitteln, auch durch brutale Beseitigung der Feinde = „Rabenbraten“, verfolgt würden), genau das.

Aber die Rabenvögel (zoologische Familie) waren auch – neben der Eule – die Vögel der Weisheit und Botenvögel. Der germanische Gott Odin umgab sich mit ihnen, in vielen Sagen und Märchen kommen sie vor. Und wer wollte so einem Tier, das auch als klug und gelehrig gilt, das ein ausgeprägtes Sozialleben hat und immer in der Gruppe lebt, Gefühle absprechen? Dass die „Rabeneltern“ ihre Jungen im Stich lassen, ist ein dummes Märchen – richtig ist, dass ein Rabe seine Jungen auch unter eigener Lebensgefahr schützt.

Sebastian jedenfalls tat der Vogel leid, er fuhr in richtiger Allerseelen-Stimmung zum Friedhof. Und jedesmal, wenn er Krähen sieht, denkt er an dieses Erlebnis.

Robert Müller

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23135

Katze

Ich: Was willst du; Katze?

Die Katze Lady Strange:  Ich will etwas jagen.

Ich: Das ist nicht Neues bei dir.

Die Katze Lady Strange:  Ja, jagen ist meine Lieblingsbeschäftigung.

Ich: Du beobachtest dafür auch viel, nicht?

Die Katze Lady Strange:  Klar, wenn dieses Amselmännchen landet und nach zwei Sekunden fünfzehn Zentimeter nach rechts hüpft, werde ich dort sein.

Ich:  Als Mensch hättest du wahrscheinlich zehn Gewehre, fünf Pistolen, zwei Armbrüste, drei Handgranaten, Pfeil und Bogen, und einen Bumerang.

Die Katze Lady Strange:  Vergiss nicht Steine zum Werfen!

Ich: In Ordnung. Du wärst nicht lange in Freiheit, liebe Katze.

Die Katze Lady Strange und der von ihr getötete Maulwurf am 25. Juni 2022

Die Katze Lady Strange und der von ihr getötete Maulwurf am 25. Juni 2022

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24014

Vogel

Ich bin in einen Vogel geschlüpft.
Mittlerweile habe ich vergessen, wer ich war.
Aber vielleicht irre ich mich auch, und ich war immer schon ein Vogel,
der nur geträumt hatte, ein Mensch gewesen zu sein.

Das dreidimensionale Kreuz auf der Kirche Klagenfurt-St. Josef-Siebenhügel mit dem Amselmännchen im Mai 2023

Das dreidimensionale Kreuz auf der Kirche Klagenfurt-St. Josef-Siebenhügel mit dem Amselmännchen im Mai 2023

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 24016

Fred, der Papagei

                                                                       Mit Dank für die Ideen meines Sohns Michael

Die Trainerin legt drei Steine auf den Boden. „Wie viele Steine siehst du, Fred?“, fragt sie. „Drei!“, krächzt Fred. Er ist ein Papagei. „Sehr gut, Fred“, sagt die Trainerin. Sie gibt die drei Steine weg und legt zwei auf den Boden. „Wie viele Steine sind das jetzt, Fred?“, fragt sie. „Zwei!“, krächzt Fred. „Sehr gut, Fred“, sagt die Trainerin. „Und wie viel sind alle zusammen?“ Fred denkt zwei Sekunden nach. „Fünf!“, krächzt er dann. „Sehr gut, Fred!“, sagt die Trainerin. „Du bist ein intelligenter Bursche. Hier hast du etwas.“ Sie gibt ihm eine Paranuss. Fred verschlingt sie. Wegen der Paranüsse macht er bei diesem Experiment mit.

Seine Kollegen in freier Wildbahn können vielleicht auch addieren und die Summen auf irgendeine Art ausdrücken, aber sie sehen keinen Vorteil darin. Deshalb praktizieren sie es nicht. Mit Paranüssen als Belohnung sieht das ganz anders aus, findet Fred. Zuvor zählte er schon sechs und drei sowie vier und eins zusammen. Er macht gern weiter. Man kann nie genügend Paranüsse essen.

Jetzt kommen Farben dran. Die Trainerin legt einen blauen Würfel auf den Boden. „Na, Sportsfreund, welche Farbe ist das?“, fragt sie. „Blau!“, krächzt Fred. „Sehr gut, Fred“, sagt die Trainerin. Sie legt einen roten Würfel auf den Boden. „Welche Farbe ist das?“, fragt sie. „Rot!“, krächzt Fred. „Richtig, Fred“, sagt sie. Nun legt sie einen grünen Würfel auf den Boden. „Welche Farbe siehst du, Fred?“, fragt sie. „Grün!“, sagt Fred. „Ganz toll, Fred“, sagt die Trainerin. Sie legt einen orangen Würfel auf den Boden. „Jetzt geht’s ums Ganze“, sagt sie. „Welche Farbe ist das jetzt?“ „Gelb!“, krächzt Fred. Es gibt keine Paranuss. „Warum nicht?“, fragt sich Fred. „Oje, oje, Gelb ist falsch, Fred“, sagt die Trainerin, „Orange ist die richtige Antwort.“ Fred ist beleidigt. Die ganze Mühe vergebens. Für heute wird er weitere Experimente verweigern.

Dabei war Fred im Recht. Er sieht vier Grundfarben, wie manche Goldfische und, selten, rothaarige Frauen. Der orange Würfel stellte sich für ihn gelb dar. Seine Trainerin weiß das nicht. Müsste sie wohl, tut es aber nicht.

Fred, den Papagei, kann man sicherlich als intelligent bezeichnen. Als Forscher würde man vielleicht inselintelligent dazu sagen, vergleichbar mit einem Schachspieler.

Man kann in Tiere nicht hineinsehen, deshalb ändert sich immer wieder die Meinung, ob und wie geistesbegabt sie seien. Früher hielt man Delfine für besonders scharfsinnig, heutzutage traut man ihnen weniger zu. Dafür nimmt man nun an, dass Oktopoden besonders intelligent sind.

Rüdiger, der Oktopus, schwimmt im Meer. Er heißt nicht wirklich Rüdiger, aber wir müssen ihm einen Namen geben. Wir könnten ihn auch als R. bezeichnen, um Zeichen zu sparen, doch davon wollen wir absehen. Wir nennen ihn also Rüdiger

Seine Höhle ist in der Nähe. Wittert er Gefahr, will er sich ausrasten oder seine Schlafperiode beginnen, zieht er sich dorthin zurück. Rüdiger fühlt sich wohl in seiner Höhle. Findet er am Meeresgrund oder an seiner Oberfläche etwas, das ihm gefällt, verschönert er seine Höhle damit. Für einen Menschen können seine Augen aussehen, als wäre er gelangweilt. Das täuscht aber, er ist ein aufmerksamer und schneller Jäger.

Womit Rüdiger und seine Artgenossen allerdings nicht ausgestattet sind, ist ein freundliches Sozialverhalten. Oktopoden leben ausschließlich allein. Ein Oktopus erkennt einen anderen nicht als ebenfalls einen Oktopus. Daher bekämpfen sie einander immer. Sie könnten theoretisch keine Zivilisation errichten, denn der Schlüssel dazu ist Zusammenarbeit. Kein Mensch kann alles alleine, ein Oktopus auch nicht.

Jedes Wesen ist genauso gebaut, dass es ihm den größtmöglichen Erfolg verspricht. Ich erinnere mich, wie ich meinem Sohn Michael ein Foto eines kahlköpfigen Geiers zeigte und ihn fragte, ob er ihn nicht hässlich finde. Worauf er sagte, er finde ihn perfekt. Mit diesem Aussehen bekomme er genau das zu fressen, was für ihn am besten sei, und er könne optimal fliegen.

Menschen sind halt sehr weit entwickelte Tiere. Sie sind nicht mehr so stark von Instinkten getrieben. Menschen denken nach. Wenn ich eine Entscheidung treffen muss, überlege ich möglichst alles durch, was wichtig sein kann. Und dann mache ich das genaue Gegenteil davon. In den allermeisten Fällen war es das Richtige.

Mir fällt oft auf, dass, wenn jemand an seinem Haus arbeiten lässt, bald ein Nachbar nachzieht und wieder kurz später ein weiterer – nach dem Motto: „Was du kannst, kann ich auch.“

In einem Fall hat eine Bekannte ein Nebenhaus abreißen lassen, was lange gedauert hat, und dann ein neues Nebenhaus errichten lassen, ein Minihaus, was schier ewig dauerte. Wenige Quadratmeter Wohnfläche für viel Geld. Komplett unsinnig! Die Frau arbeitet als Sekretärin. Sie muss eine Erbschaft gemacht haben, und die hat sie in Betongold investiert.

Die zwei falschen turtelnden Papageien im Schnee

Die zwei falschen turtelnden Papageien im Schnee

Johannes Tosin
(Text und Foto)

www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 23122