Blaue Mitzi

Wer hat die „Blaue Mitzi“ vergiftet?
Obwohl der Theologe Gerhard Lohfink sagt, dass man einen Krimistoff „ganz sicher nicht“ in Gedichtform schreiben kann.

Es war beim letzten Pfarrcafé – beliebt bei den Senioren
Da hat Maria Wanzenböck – ihr Lebenslicht verloren
Der „Blauen Mitzi“, wie sie hieß – weil sie stets Blau getragen
Hat nach viel Bäckereigenuss – sich umgekehrt der Magen
Ihr scharfes Auge trübte sich – in ihrer letzten Stunde
Die Zunge, die gefürchtet war – hing bleich aus ihrem Munde

Der alte Doktor hat sofort – die Brauen hoch geliftet:
„Das war kein Tod durch Herzinfarkt – die Mitzi ist vergiftet!“
Man holt sie ab und montags ward – die Mitzi obduzieret
Der Pathologe hat sofort – ein Pflanzengift erspüret
Es brodelte im ganzen Dorf – an jenem Montagmorgen:
„Wer war der Blauen Mitzi feind? – Wer wollte sie entsorgen?“

Wer hatte die Gelegenheit? – Und Gift aus welcher Pflanze?
Wer war zur Zeit am rechten Ort? – Und wie geschah das Ganze?“
Der Täter musste kundig sein – die Zeit war knapp bemessen
Es ist in einer Stunde tot – wer von dem Gift gegessen
Und wie, um Himmels Willen, kam – es dann in Mitzis Magen?
Den Gästen von dem Pfarrcafé – stellte man viele Fragen

Die Todesdroge fand man bald – in Mitzis Blumengarten
Je schöner hier der Blütenflor – je giftiger die Arten
Vom Seidelbast zum Fingerhut – der Eisenhut und Eibe
Sie pflegte mit viel Sachverstand – was man sonst besser meide
Daneben pries man weit und breit – Marias Mehlspeisküche
Es schwamm das Dorf zur Festeszeit – in süßen Wohlgerüchen

So buk sie auch zum Pfarrcafé – die guten Anisbögen
Ein zartes Biskuit-Gebäck – das viele Leute mögen
Die Mitzi hatt’ beim Pfarrkaffee – noch etliche gekostet
Und gut gelaunt der Gästeschar – mit Süßwein zugeprostet
Wie ist nun diese Tat gescheh’n – wer ist der böse Mörder?
Die Sache muss ans Tageslicht – und lange eing’sperrt g’hört er

Vom Fingerhut den Samen hat – vorm Aufbruch Mitzis Gatte
Mit Honig auf das Stück geklebt – das sie gekostet hatte
„Jetzt steh net rum und hilf mir trag’n – es is schon halber viere!“
So herrschte sie den Gatten an – und schloss sogleich die Türe
Das Maß war voll, seit vierzig Jahr – trug er der Ehe Bürde
Nun kauft er einen Jaguar – und ist ein Mann mit Würde

Doch hat des Schicksals hohe Macht – die Untat nicht vergessen:
Er hat sich mit sein’ Jaguar – drei Wochen drauf derstessn!

Robert Müller

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